Wertpapierinstitute unterlagen in der Vergangenheit ausnahmslos in verschiedenen Ausprägungen den Vorschriften des bestehenden Aufsichtsregimes für Kreditinstitute, insbesondere der Verordnung (EU) Nr. 575/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Juni 2013 (im Folgenden „CRR“) und der Richtlinie 2013/36/EU des Europäischen Parlaments und des Rats vom 26. Juni 2013 (im Folgendem „CRD“) bzw. dem Gesetz über das Kreditwesen (im Folgenden „KWG“). Mit der am 26. Juni 2021 in Kraft getretenen Richtlinie (EU) 2019/2034 des Europäischen Parlaments und des Rats vom 27. November 2019 (im Folgenden „IFD“ bzw. „Investment Firm Directive“), welche am 12. Mai 2021 in Form des Gesetzes zur Beaufsichtigung von Wertpapierinstituten – Wertpapierinstitutsgesetz (im Folgenden „WpIG“) in nationales Recht umgesetzt wurde, sowie der Verordnung (EU) 2019/2033 des Europäischen Parlaments und des Rats vom 27. November 2019 (im Folgenden „IFR“ bzw. „Investment Firm Regulation“) ändert sich das regulatorische Rahmenwerk für Wertpapierinstitute. Durch die neuen Regularien wird die Aufsicht für Wertpapierinstitute insgesamt aus dem KWG herausgelöst mit dem Ziel, risikoadäquate und passgenaue aufsichtsrechtliche Anforderungen für Wertpapierinstitute zu schaffen, die dem Geschäftsmodell und den betriebenen Aktivitäten des jeweiligen Instituts gerecht werden.
Die geänderten regulatorischen Anforderungen für Wertpapierinstitute haben wir bereits in dem Artikel „Das neue Aufsichtsregime für Wertpapierinstitute“ dargestellt. In diesem Artikel soll es insbesondere um die Offenlegungsanforderungen der IFR gehen. Diese sind grundsätzlich nicht neu, da sie bereits in anderer Ausprägung in der CRR enthalten waren. Jedoch ist der Anwendungsbereich nun breiter. Neu hinzu gekommen sind die Offenlegungsanforderungen hinsichtlich der ESG-Risiken (welche zum Stichtag 31. Dezember 2022 erstmals offenzulegen sind) und der K-Faktoren. Darüber hinaus veröffentlichte die European Banking Authority (im Folgenden „EBA“) einheitliche Formate und Definitionen für die Offenlegungsanforderungen.
Der Anwendungsbereich und die allgemeinen Anforderungen an die Offenlegung richten sich seit der in Kraft getretenen IFR an die Größe und Komplexität der beaufsichtigten Unternehmen. Die Wertpapierinstitute werden absteigend nach Größe und Komplexität in Klasse 1, Klasse 2 und Klasse 3 eingeteilt. Die Klassifizierung leitet sich aus der IFR und dem WpIG ab, welche in unserem Artikel „Das neue Aufsichtsregime für Wertpapierinstitute“ dargestellt wurden.
Mit der Einteilung der Wertpapierinstitute in eine der drei Klassen sollen die Anforderungen an die Berichterstattung und Offenlegung jeweils auf das beaufsichtigte Unternehmen zugeschnitten werden. Während die IFR die Offenlegungsanforderungen für Wertpapierinstitute der Klasse 2 und 3 definiert und der Klasse 3 weitere Erleichterungen ermöglicht, unterliegen die Wertpapierinstitute der Klasse 1 weiterhin den Vorschriften der CRR bzw. der Aktualisierung in Form der Richtlinie (EU) 2019/876 des Europäischen Parlaments und des Rats vom 20. Mai 2019 (im Folgenden „CRR II“), da sie aufgrund ihrer Größe und Verflochtenheit mit anderen Marktteilnehmern als bedeutende Akteure für die Finanzmarktstabilität, vergleichbar mit Kreditinstituten, einzustufen sind. Der Fokus dieses Artikels liegt auf den Neuerungen durch die IFR und dem WpIG. Somit werden die Anforderungen an die Offenlegung nach CRR II für Wertpapierinstitute der Klasse 1 im Weiteren nicht beschrieben.
In Teil 6 der IFR (Artikel 46 bis 53) werden die Offenlegungsanforderungen für Wertpapierinstitute dargestellt. Der Umfang der Offenlegung von Wertpapierinstituten wird anhand der Größenklassifizierung unterschieden. Demnach gelten die vollen Offenlegungsanforderungen der IFR grundsätzlich nur für Wertpapierinstitute der Klasse 2. Wertpapierinstitute der Klasse 3 unterliegen weitestgehend nur der Offenlegungspflicht, wenn sie Instrumente des zusätzlichen Kernkapitals emittieren. Sofern sie der Offenlegungspflicht unterliegen, bestehen Erleichterungen hinsichtlich der offenzulegenden Informationen. Sowohl Klasse-2- als auch Klasse-3-Institute müssen die geforderten Informationen mit der Veröffentlichung des Jahresabschlusses offenlegen. Bezüglich des zu verwendenden Mediums macht die IFR keine konkreten Vorschriften. Die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht („BaFin“) wird jedoch durch § 54 WpIG ermächtigt, nähere Konkretisierungen bezüglich des Turnus, des Mediums sowie der Fristen der Offenlegung vorzunehmen.
Die nachfolgende Übersicht gibt einen ersten Überblick zu den allgemeinen Offenlegungsanforderungen für die Klasse-2- und Klasse-3-Institute:
Sofern ein Wertpapierinstitut der Klasse 3 die Schwellenwerte nach Art. 12 Abs. 1 IFR überschreitet und somit zu einem Wertpapierinstitut der Klasse 2 wird, gelten die Offenlegungsanforderungen in vollem Umfang ab dem Folgejahr des Jahres, in dem die Schwellenwertüberschreitung stattfand.
In Tabelle 1 ist erkennbar, dass sich zwar der Umfang der offenzulegenden Informationen von Klasse 2 zu Klasse 3 unterscheidet, die geforderten Inhalte der einzelnen Artikel jedoch dieselben sind. Diese umfassen für Wertpapierinstitute beider Klassen sowohl qualitative als auch quantitative Informationen. Tabelle 2 fasst die geforderten Informationen je Bereich zusammen:
Zusätzlich zu der IFR wurden von der EBA weitere Konkretisierungen zu den Inhalten und dem Format der offenzulegenden Informationen veröffentlicht. Dieses betrifft unter anderem die Angaben in dem Bereich der Eigenmittel sowie der Anlagestrategie.
Mit der Veröffentlichung des finalen Reports „Draft Implementing Technical Standards on reporting requirements for investment firms under Article 54(3) and on disclosures requirements under Article 49(2) of Regulation (EU) 2019/2033“ vom 5. März 2021 (EBA/ITS/2021/02 im Folgenden „ITS“) gibt die EBA eine fixe Vorgabe hinsichtlich der Form der offenzulegenden Informationen im Bereich der Eigenmittel (Annex VI und VII der ITS). Das erste Template „IF EU CC1“ untergliedert sich in mehrere Teile, um dem Grundsatz der Proportionalität Rechnung zu tragen und eine bessere Differenzierung der Offenlegungsanforderungen zwischen Wertpapierinstituten der Klasse 2 und Klasse 3 zu ermöglichen (mit einer einfacheren Vorlage für Klasse-3- Wertpapierinstitute). Insgesamt werden von der EBA in diesem Bereich drei verschiedene Templates hinsichtlich der offenzulegenden Informationen vorgegeben. In dem zweiten Template „IF EU CC2“ ist eine vollständige Abstimmung der Posten des harten Kernkapitals, der Posten des zusätzlichen Kernkapitals und der Posten des Ergänzungskapitals sowie der anwendbaren Abzüge, die auf die Eigenmittel des Wertpapierinstituts und die Bilanz in ihren geprüften Abschlüssen angewandt werden, durchzuführen. Dieses Template basiert auf den Offenlegungsvorlagen, die bereits im Rahmen der CRR existieren. Das dritte und letzte Template in diesem Bereich spiegelt die Anforderung an die Wertpapierinstitute wider, eine Beschreibung der Hauptmerkmale der Instrumente des harten Kernkapitals und des zusätzlichen Kernkapitals sowie der Instrumente des Ergänzungskapitals, die von dem Wertpapierinstitut begeben werden, offenzulegen. Dieses Template basiert ebenfalls auf einer CRR-Vorlage und gilt sowohl für Wertpapierinstitute der Klasse 2 als auch für solche der Klasse 3, die AT1-Instrumente emittieren.
Im Bereich „Anlagestrategie“ gibt die EBA ebenfalls Templates in Form des „Final Report: Draft Regulatory Technical Standards on disclosure of investment policy by investment firms under Article 52 of Regulation (EU) 2019/2033 on the prudential requirements of investment firms - EBA/RTS/2021/08” vom 19. Oktober 2021 (im Folgenden „RTS“) vor. Der RTS enthält einen Annex I (Bögen und Tabellen) sowie einen Annex II (detaillierte Ausfüllanweisungen). Die Vorschriften hinsichtlich der offenzulegenden Informationen im Bereich Anlage-strategie gelten lediglich für Wertpapierinstitute der Klasse 2 mit einem Gesamtvermögen von mehr als 100 Mio. EUR (Durchschnitt der letzten 4 Jahre) und nur in Bezug auf Unternehmen, an dem das Wertpapierinstitut direkt oder indirekt mit mindestens 5% der Stimmrechte beteiligt ist. Durch die vergleichbaren offenzulegenden Angaben soll es den Stakeholdern ermöglicht werden, den Einfluss der Wertpapierinstitute auf die Unternehmen, an denen sie Stimmrechte halten, und die Auswirkungen der Politik der Wertpapierinstitute auf Aspekte wie die Unternehmensführung oder das Management dieser Unternehmen besser zu verstehen.
Weitere verbindliche Vorgaben von Bögen oder Tabellen zur Offenlegung von Wertpapierinstituten der Klasse 2 und 3 in Form von EBA-Standards oder Ähnlichem wird es nach derzeitigem Stand nicht geben. Hinsichtlich der Offenlegung von Eigenmittelanforderungen (Art. 50 IFR) sollte jedoch die Überleitbarkeit auf Meldungen sichergestellt werden. Zudem sollten hinsichtlich der Offenlegung von Informationen in Bezug auf die Vergütungspolitik die Konkretisierungen gemäß § 14 WpI-VergV-E (derzeit noch in Konsultation) berücksichtigt werden.
Seit dem Inkrafttreten der IFR und dem WpIG mit Wirkung zum 26. Juni 2021 werden Wertpapierinstitute nunmehr in drei unterschiedliche Klassen je nach Größe und Komplexität eingeteilt. Von Klasse zu Klasse unterscheiden sich die aufsichtsrechtlichen Anforderungen und damit einhergehend auch der Umfang der Offenlegungsanforderungen an die Unternehmen. Während die Offenlegung der Klasse-1-Wertpapierinstitute weiterhin in der CRR II geregelt wird, finden sich die Vorschriften für Klasse-2- und 3-Wertpapierinstitute inzwischen in der IFR. Letztere genießen hierbei gegenüber den Klasse-2-Wertpapierinstituten erhebliche Erleichterungen hinsichtlich der Offenlegungsanforderungen. Insgesamt muss nun eine Reihe von neuen quantitativen Informationen, wie z.B. die Anforderungen an die K-Faktoren oder fixen Gemeinkosten, veröffentlicht werden. Neue qualitative Informationen, wie z.B. das Wahlverhalten auf Hauptversammlungen, sind ebenfalls in die zukünftigen Offenlegungsberichte aufzunehmen, sofern entsprechende Schwellenwerte überschritten werden.
Für die aufsichtsrechtliche Erfüllung der neuen Offenlegungsanforderungen ist es essenziell wichtig, die Prozesse in Ihrem Unternehmen frühzeitig so anzupassen, dass die offenzulegenden Informationen und Daten für Sie jederzeit zugänglich sind und in annehmbarer Zeit in Ihren Offenlegungsbericht, teilweise auch automatisiert, einfließen können. Diese Umstellungen können viele Unternehmen vor Herausforderungen stellen, hierbei unterstützen wir Sie gern als kompetenter Ansprechpartner. Zusammen mit Ihnen implementieren wir die neuen Prozesse, passen bestehende Prozesse an oder kümmern uns mit unserem technischen Know-how um die Datenaufbereitung und -verarbeitung, damit Ihre zukünftigen Offenlegungsberichte den neuen aufsichtsrechtlichen Anforderungen vollumfänglich entsprechen.
Sprechen Sie uns gerne an. Wir freuen uns auf den Austausch mit Ihnen.
Tatjana Heine
Senior Manager | Risk Advisory
Jessica Mundt
Manager | Risk Advisory