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Mit dem Ziel der Treibhausgasneutralität in Deutschland bis zum Jahr 2045 rückt neben der Energie- auch die Wärmewende stärker in den Fokus. Energieversorgungsunternehmen (EVUs) u.a. mit einer eigenen Erdgasversorgung stehen vor einem fundamentalen Transformationsbedarf und müssen ihr bestehendes Asset-Portfolio grundlegend neu ausrichten. Während viele Bundesländer ihre Klimaschutzbemühungen am Jahr 2045 ausrichten, gibt es einige, welche dieses Ziel z.T. nochmals deutlich unterschreiten wollen.
Für die regionale bzw. lokale Umsetzung der Wärmewende werden Stadtwerke/Energieversorgungsunternehmen eine zentrale Rolle einnehmen.
Da insbesondere bei Stadtwerken die Anteilseigner zum Großteil (mit rund 80%) kommunal geprägt sind, werden die Klimaschutzziele auf Länder- bzw. kommunaler Ebene eine wesentliche Vorgabe darstellen, welche im Zuge der kommunalen Wärmeplanung zu berücksichtigen ist und weitereichende Auswirkungen auf den Wärmemarkt haben wird.
Der deutsche Wärmemarkt ist aktuell de facto ein Erdgasmarkt. Die Dringlichkeit einer stärkeren Diversifizierung des Asset-Portfolios – nicht nur aus geopolitischen Gründen –, der mittel- bis langfristige Ausstieg aus der Nutzung von Erdgas als Energieträger sowie die Identifikation von geeigneten klimaneutralen Alternativen zur Erreichung der Klimaziele sind die zentralen Herausforderungen, mit denen sich die Unternehmen der Energiewirtschaft konfrontiert sehen.
Laut der Studie geben zwei Drittel der Befragten an, der Transformationsdruck sei insbesondere in den beiden Geschäftsfeldern Erzeugung und Netze am höchsten. Mit Blick auf die Netzinfrastruktur ist allerdings der Weg noch ungewiss, da für die Umstellung auf eine klimaneutrale Wärmeversorgung konkrete Lösungen benötigt werden. Dies gilt insbesondere für die Kompensation der rückläufigen Erdgasmengen durch andere Netzsparten.
Bisher hat sich nur rund ein Drittel der Energieversorger systematisch mit diesen Fragen beschäftigt. Vor dem Hintergrund, dass die kommunale Wärmeplanung nur einen Baustein der Wärmewende darstellt, müssen sich Energieversorger grundsätzlich mit weiteren strategischen Maßnahmen zur Umsetzung auseinandersetzen.
Der Anteil von Wasserstoff (H2) im Asset-Portfolio wird von ca. 70 Prozent der Befragten skeptisch gesehen. Nur rund 30 Prozent gehen davon aus, dass Wasserstoff bis zum Jahr 2030 in entsprechenden Mengen verfügbar sein wird. Insbesondere die perspektivisch regional sehr unterschiedliche Verfügbarkeit von Wasserstoff – welche durch den aktuellen Stand der H2-Kernnetz-Planung bereits grob verortet werden kann, – führt dazu, dass eine flächendeckende Umrüstung der Gasnetze auf Wasserstoff („H2-ready“) unwahrscheinlich sein wird. Hinzu kommen die weiteren Risiken des Markthochlaufs, u.a. Preisniveau, Mengen und intensiver Wettbewerb durch andere klimaneutrale Energieträger.
Die unklaren regulatorischen Rahmenbedingungen – sei es bei der Entflechtung im Netzbereich oder der Verzinsung – hemmen die Investitionsbereitschaft der befragten Unternehmen zudem. Mit Blick auf das erhebliche Investitionsvolumen und die Kapitalbindung beziehungsweise die langfristige Nutzungsdauer der Assets ist dies aus wirtschaftlicher Sicht nachvollziehbar.
Viele Energieversorger stehen vor einer radikalen risikobehafteten Transformation ihres Geschäftsmodells und müssen sich Fragen stellen, die heute nur sehr eingeschränkt beantwortbarer sind, wie beispielsweise:
Die Bedeutung eines übergreifenden Ansatzes, welcher Marktentwicklungen v.a. in den Wertschöpfungsstufen Erzeugung und Netz berücksichtigt, wird über zukünftige Erfolge und Misserfolge mitentscheiden. Die zukünftigen Investitionsschwerpunkte sind daher an einer bereichsübergreifenden Asset-Strategie auszurichten, mit dem Ziel, die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit zu erhalten, um u.a. die wesentlichen Aufgaben der Daseinsvorsorge zu erfüllen.
Der Paradigmenwechsel, den die Wärmewende mit sich bringt, überträgt sich auf die bestehenden Formen der Zusammenarbeit innerhalb der und zwischen den technischen, kaufmännischen und regulatorischen Fachbereichen. Eine intensive, bereichsübergreifende Kooperation wird zum entscheidenden Erfolgsfaktor für Wettbewerbsfähigkeit und Leistungsfähigkeit.
Insbesondere das (strategische) Asset-Management ist prädestiniert, diese Lücke zwischen den technischen (z.B. Strom, Gas, Fernwärme, Wasser) und den kaufmännischen Fachbereichen (Controlling, Regulierungsmanagement, aber auch Personal, Einkauf etc.) zu schließen und als koordinierendes Element zu agieren. Dies setzt allerdings voraus, dass neben den organisatorischen auch die prozessualen und instrumentellen Grundvoraussetzungen geschaffen werden.
Ein geeignetes Target Operating Model (TOM) bildet die Grundlage für die Weiterentwicklung der bestehenden organisatorischen Zusammenarbeit. Hierzu zählen die drei Bereiche
Weiterentwicklung der Verantwortlichkeiten und der Rollenverteilung, Neuausrichtung der Haupt- und Nebenaufgaben.
Weiterentwicklung der bestehenden strategischen Planungs- und Steuerungsprozesse sowie Optimierung der Schnittstellen zwischen den Bereichen.
Weiterentwicklung des bestehenden Methoden- und Tool-Sets sowie der benötigten IT-Landschaft als Grundlage für die steigenden informatorischen Anforderungen an die Entscheidungsfindung.
Aus der Einbindung verschiedener Fachabteilungen bzw. den Veränderungen von Aufgabenfeldern und Zuständigkeiten resultiert ein komplexes Spannungsfeld, welches durch eine frühzeitige Einbindung der verantwortlichen Entscheidungsträger adressiert werden sollte.
Mithilfe des Target Operating Model kann somit sichergestellt werden, dass z.B. die Ergebnisse der kommunalen Wärmeplanung bzw. des Wärmeplanungsgesetzes (und der Transformationspläne) im Zuge der integrierten Asset-Planung berücksichtigt werden.
Neben den inhaltlichen Komponenten der Transformationsstrategie und des Asset-Portfolios (Aus welchen Assets setzt sich die zukünftige Wärmeversorgung zusammen?) ist allerdings auch zu gewährleisten, dass die für die Transformation notwendigen finanziellen Mittel im Zuge einer Finanzplanung identifiziert werden. Der erhebliche Investitions- bzw. Kapitalbedarf, der aus dem Umbau der Asset-Strukturen resultiert, ist durch geeignete Instrumente der Innen- bzw. Außenfinanzierung zu konkretisieren. Zu den weiteren erfolgskritischen Ressourcen gehören – neben den finanziellen Mitteln – u.a. auch die Materialverfügbarkeit oder die Sicherung der notwendigen Dienstleister (Planungskompetenzen, Tiefbau, Anlagenbau etc.). Somit ist bereits heute absehbar, dass die bestehende Situation der Ressourcenknappheit sich zukünftig voraussichtlich (weiter) verschärfen wird.
Die Jahrhundertaufgabe „Wärmewende“ stellt für alle Unternehmen der Energiewirtschafteine fundamentale Herausforderung dar. Heute getroffene Entscheidungen haben langfristige Auswirkungen auf den Erfolg und den Fortbestand des Unternehmens – Chancen und Risiken inbegriffen. Den Verantwortlichen in den Unternehmen ist bewusst, dass die anstehenden gewaltigen Investitionen zielgenau platziert und das zukünftige Geschäftsmodell tragfähig sein müssen. Die nachhaltige und gleichzeitige wirtschaftliche Ausgestaltung eines klimaneutralen Asset-Portfolios stellt dabei den neuralgischen Punkt der Wärmewende bzw. der Transformation dar. Diese gelingt nur, wenn die dafür notwendigen Kompetenzen und Verantwortlichkeiten sowie die Zusammenarbeit im Unternehmen der Größe der Transformationsaufgaben gerecht werden.
Damit Energieversorgungsunternehmen auch weiterhin wirtschaftlich erfolgreich agieren können, lässt sich zusammenfassend konstatieren, dass die folgenden Aspekte entscheidend sind:
Die gesamte deutsche Klimapolitik spiegelt den notwendigen Paradigmenwechsel wider, welcher für die Erreichung der Klimaziele notwendig ist. Nun gilt es, mit den bestehenden Rahmenbedingungen die richtigen strategischen und operativen Entscheidungen zu treffen, damit diese gesellschaftliche Aufgabe erfolgreich bewältigt werden kann.
Laden Sie hier die aktuelle Studie „Wärmewende – Status quo der Transformation bei deutschen Energieversorgern“ sowie das Whitepaper „Wärmewende – die große Transformation“ für weitere detaillierte Informationen herunter.