Uhren, Kühlschränke, Strommesser: Immer mehr Dinge werden heutzutage „smart“. Und jetzt auch noch unsere Städte? Natürlich. Denn gerade das Zusammenspiel der vielen vernetzten, digitalen IoT-Geräte hebt ihren Nutzen auf eine neue Stufe. Ungleich mehr Daten werden heute von den Stadtbewohnern und ihrer Infrastruktur erzeugt. Ungleich aussagekräftiger sind damit auch die Schlussfolgerungen, die in Zukunft aus diesen Daten gezogen werden können. Die Smart City ist also viel mehr als nur ein glänzender Gerätepark von Hightech-Gadgets. Sie bringt eine neue Dimension ins urbane Zusammenleben, indem sie die „Schwarmintelligenz“ der Bewohner freisetzt. Das ermöglicht dann jedem Einzelnen „smarte“, weil relevant informierte Entscheidungen. Damit werden unsere Städte lebenswerter: Ressourcen wie Wasser und Energie werden nachhaltig eingesetzt, Mobilität wird verbessert. Ob Bürger oder Unternehmen – alle profitieren.
Was macht diese Vision heute möglich? Es sind dieselben Trends, die auch in vielen anderen Bereichen unser Leben umkrempeln. Dank Smartphones, Connected Cars und Wearables fallen immer mehr Daten an – über unser Verhalten, unsere Präferenzen, unser Wissen. Das ermöglicht nicht nur zielgenauere Steuerung der Ressourcenverwendung etwa durch Analytics, sondern auch eine rationellere Gestaltung der Rahmenbedingungen für Entscheidungen („architecture of choice“). Im Ergebnis kann die „massenhafte“ Zusammenarbeit vieler einzelner Menschen viele Probleme besser lösen als „Top-Down“-Entscheidungen durch abgehobene Stadtplaner. Ein oft zitiertes Beispiel dafür stammt von der bekannten US-Urbanistin Jane Jacobs: In einem Park sollen neue Wege angelegt werden. Aber wo? Nach welchen Kriterien? Simpel-geniale Lösung: die Beobachtung, wo die Kinder im Winter den zugeschneiten Park mit Vorliebe durchqueren und einen ausgetretenen Pfad von Spuren im Schnee hinterlassen. „Weisheit der Menge“ in Reinform, „Discovery“ statt „Design“. Überträgt man das Beispiel in unsere digitale Epoche, wird schnell klar, welches überragende Potenzial dieser Ansatz in Smart Cities haben kann.
Die Smart City – eine digitale Plattform für die bessere Gestaltung unseres Zusammenlebens. Schon heute werden damit messbare Erfolge erzielt. Ein Beispiel ist die App Waze, mit der basiert auf User-generierten Informationen effiziente Verkehrsverbindungen durch Städte in aller Welt vorgeschlagen werden. Eine Pionierleistung in Sachen Crowd-Sourcing. Im administrativen Kontext könnte man heute schon von einer „Predictive Polis“ sprechen. In New York konnte im Zusammenhang mit der Kontrolle von Wohnungsbelegungen der Rückgriff auf das Wissen der Inspektoren die Erfolgsquote von Inspektionen um 70% erhöhen. Ergebnis: eine massive Verringerung von Todesfällen bei Wohnungsbränden. In Boston wurden durch die Kooperation mit einem Bewertungsportal die Gäste in die Steuerung von Hygienekontrollen in Restaurants miteinbezogen. Die Trefferquote wuchs rapide an. Dahinter steckt ein überaus demokratischer Trend: Städte und Institutionen gehen dazu über, ihre Datenbanken öffentlich zugänglich zu machen. Interessierte Laien oder auch Firmen können diesen „Open Source Data Access“ in Smart Cities nutzen, zu Projekten beitragen, eigene gestalten – für eine lebenswertere Stadt.
Ob Schlagloch-Spotting in der Ostküsten-Metropole Boston, App-gesteuerte Straßenbeleuchtung und Parkplatzmanagement im spanischen Santander oder Beschwerdemanagement durch Social-Media-Analyse in Argentiniens Hauptstadt Buenos Aires: „Schwarmintelligenz“-basierte Smart City Technologien machen schon heute das urbane Leben überall auf der Welt besser. Doch hierzu gibt es derzeit auch verstärkt kritische Einwände. Klar ist, dass der Datenschutz gewährleistet werden muss. Außerdem kommt die Frage auf: Läuft das alles nicht auf einen Überwachungsstaat hinaus? Ist die Beeinflussung von Verhalten in Smart Cities durch eine „architecture of choice“ nicht „social engineering“? Verständliche Sorgen, die aber eigentlich nicht nötig sind. Denn umgesetzt wird dieser Ansatz ja von einer demokratisch legitimierten Verwaltung einer Stadt. Der resultierende Nutzen von solchem „people-centric design thinking“ ist dabei voll und ganz im Interesse des Einzelnen. Außerdem ist es selbst durch und durch demokratisch: Schließlich fließt ja gerade das Alltags- oder auch Expertenwissen des Einzelnen nun in die Entscheidungen mit ein. So gesehen ist die Smart City eigentlich nur eine neue Stufe dessen, was Städte immer schon waren: Zusammenschlüsse für ein besseres gemeinsames Leben. Jetzt eben allerdings auf einer ganz neuen, datengetriebenen und wissensbasierten Ausbaustufe, die viel effizientere Entscheidungen ermöglicht.