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Green Controlling im Energiesektor

Steuern von Nachhaltigkeitsmaßnahmen durch mehrdimensionale Transparenz

Viele Unternehmen der Energiebranche setzen bereits Nachhaltigkeitsmaßnahmen um – häufig auch aufgrund gestiegener Anforderungen externer Stakeholder. Die Verbindung von ökologischer und ökonomischer Transparenz ist jedoch noch nicht in allen Fällen gewährleistet. Green Controlling verfolgt daher das Ziel, Transparenz in der Planung und der Steuerung zu ermöglichen, um die Effektivität und Wirtschaftlichkeit der Maßnahmen sicherzustellen. Das Whitepaper und das Interview mit dem Energiewirtschafts-Experten Dr. Andreas Langer, Partner Energy, Resources, Industrials bei Deloitte, zeigen, worauf es dabei ankommt.

Für Unternehmen der Energiewirtschaft ist Nachhaltigkeit längst kein neues Thema mehr; die äußeren Einflüsse werden allerdings immer stärker. Auf diese Veränderungen sollten Unternehmen proaktiv eingehen, denn das Thema Nachhaltigkeit wird – jenseits der bestehenden, eigenen Unternehmensverantwortung – auch zum zentralen Wettbewerbsfaktor.

Ein wichtiges Element hierbei ist, das Unternehmen nach außen transparent darzustellen und über die Aktivitäten und die Performance in den Bereichen Umwelt, Soziales und Unternehmensführung (ESG) zu informieren. Ein weiteres wichtiges Instrument ist die interne Steuerung, die maßgeblich die Ergebnisse beeinflusst, die extern dargestellt werden. Ein solches Green Controlling stellt eine Erweiterung des klassischen Controllings um eine ökologische und soziale Dimension dar. So können beispielsweise Nachhaltigkeitsmaßnahmen ganzheitlich in allen relevanten Dimensionen analysiert und bewertet werden. Bei Unternehmen der Energiewirtschaft betrifft dies häufig im Speziellen CO2e-Aspekte, um das Ziel „Net Zero“ möglichst wirtschaftlich zu erreichen.

Wie wird ein Controlling zu einem Green Controlling?

Diese Entwicklung kann aus drei Blickwinkeln beantwortet werden: 

  • Aufgaben des Controllings: Der Controller nimmt eine zentrale Rolle als Business Partner ein. Dabei steht er der Geschäftsführung als Diskussionspartner und auch zur kritischen Überprüfung von Annahmen zu Realisierbarkeit und Wirtschaftlichkeit von Maßnahmen zur Seite. Darüber hinaus unterstützt er bei der Festlegung der jährlichen Ziele in ökonomischer sowie ökologischer Dimension. 
  • Prozesse: Die klassischen Prozesse der Budgetplanung, Kosten- und Leistungsrechnung sowie des Reportings bleiben auch im Green Controlling weiterhin bestehen; es gilt allerdings, weitere Prozessschritte speziell zur Erhebung und Verarbeitung von ökologischen und sozialen Daten zur ermöglichen. 
  • Instrumente: Neben den Planungsinstrumenten spielt das Reporting eine zentrale Rolle. Die bestehenden Instrumente werden hier nach Möglichkeit um die entsprechenden Dimensionen ergänzt. Des Weiteren sollte ein Instrument zur Erfassung und Verarbeitung von bspw. CO2e-Emissionsquellen auf- oder ausgebaut werden.

Wie kann ein Green Controlling implementiert werden?

Hierbei empfiehlt sich ein Vorgehen in vier Schritten. Dieses ist am Beispiel der CO2e-Analyse dargestellt: 

  1. Formulierung einer Nachhaltigkeits- bzw. Dekarbonisierungsstrategie
  2. Erfassung der CO2e-Quellen und Entwicklung der Datengrundlage
  3. Ableitung von Maßnahmen zur Dekarbonisierung 
  4. Fortlaufendes Reporting und Steuerung

Eine nachhaltige Unternehmensführung wird über die Wettbewerbsfähigkeit eines Unternehmens mitbestimmen. Das Green Controlling gewinnt für Unternehmen der Energiewirtschaft, deren Geschäftstätigkeit unmittelbaren Einfluss auf die Klimaentwicklung hat, massiv an Bedeutung und sollte auch eine zentrale Rolle in der internen Steuerung einnehmen. Dies gilt insbesondere für die Umsetzung und Erfolgskontrolle von geplanten Maßnahmen. Das Controlling muss in diesem Zusammenhang zum Business Partner werden, der in „grünen“ aber gleichzeitig auch in wirtschaftlichen Dimensionen denkt und den nachhaltigen Erfolg des Unternehmens stets im Auge behält.

Laden Sie hier das Whitepaper „Green Controlling im Energiesektor“ herunter und erfahren Sie mehr Details. 

Experten-Interview: „Klimaneutralität wird für Energieversorger zum zentralen Wettbewerbsfaktor“

Im Interview haben wir den Energiewirtschafts-Experten Dr. Andreas Langer, Partner Energy, Resources, Industrials bei Deloitte, befragt, welche konkreten Veränderungszwänge sich für die energiewirtschaftlichen Unternehmen ergeben und welche Handlungsoptionen auf dem Tisch liegen. Im Gespräch beschreibt er seine Einschätzung und gibt einen perspektivischen Ausblick, wie die Unternehmen mithilfe von Green Controlling die Herausforderungen meistern können.

Welche gesellschaftlichen Erwartungen richten sich immer stärker an die Energieversorger?

Dr. Langer: Der Klimawandel – der nicht zuletzt aufgrund der Unwetterereignisse im Sommer 2021 unser Risikobewusstsein geschärft hat – macht uns allen unmissverständlich klar, dass Nachhaltigkeit zu einer zentralen Herausforderung unserer Gesellschaft geworden ist – und das gilt insbesondere auch für die Energiebranche. Nicht nur die Kunden, sondern der Markt als Ganzes erwartet von den Unternehmen eine grundlegende Verhaltensänderung, die sich aus Sicht der Energiebranche insbesondere in der Erzeugung, Beschaffung, Verteilung und Nutzung von Energie widerspiegelt. Die angestrebte Verhaltensänderung dürfte jedoch nur gelingen, wenn die Umweltaspekte integraler Bestandteil der Unternehmensstrategie werden. Diese müssen in den Zielen der einzelnen Unternehmensbereiche verankert werden. Die entsprechenden Steuerungsinstrumente im Unternehmen sind daher nötig, um diese Aspekte zu erweitern. Green Controlling ist hier das Stichwort.

Worum geht es beim Green Controlling?

Dr. Langer: Um Kunden, Investoren und weitere Stakeholder über die Aktivitäten und die Performance in den Bereichen Umwelt, Soziales und Unternehmensführung (ESG) zu informieren, wird es ab der Berichtsperiode 2023 für noch mehr Unternehmen in Deutschland zur Pflicht, einen Nachhaltigkeitsbericht im Lagebericht aufzunehmen. Auch externe Festlegungen wie die EU-Taxonomie setzen Investitionsanreize für eine nachhaltige Ausrichtung der Unternehmen. Doch der unternehmensinterne Transformationsprozess muss entsprechend orchestriert werden, und das stellt eine zentrale Aufgabenerweiterung für das Controlling dar. Green Controlling erweitert das klassische Controlling um nachhaltige Aspekte. Das bedeutet, dass neben den üblichen finanziellen Aspekten wie Kosten, Umsatz und Gewinn auch über Ziele und die Zielerreichung bspw. ökologischer Kennzahlen wie solche zum CO2-Ausstoß oder dem Wasserverbrauch zu berichten ist. Betriebswirtschaftliche Entscheidungen müssen in Zukunft ausgewogener vor dem Hintergrund aller relevanten Dimensionen getroffen werden. 

In welche Richtung entwickelt sich Green Controlling in der Energiewirtschaft?

Dr. Langer: Die Dekarbonisierung ist die Herausforderung schlechthin, vor der die Energiewirtschaft zurzeit steht. Im Rahmen der operativen Ausgestaltung der „Net Zero“-Roadmap dürfte das Controlling eine tragende Rolle einnehmen. Unternehmensführung und Controlling müssen eng zusammenarbeiten, um das Erreichen ökologischer und wirtschaftlicher Ziele gleichermaßen sicherzustellen. Dazu müssen bislang externalisierte Umweltkosten ebenso in die unternehmerischen Entscheidungen einbezogen werden wie technologische Entwicklungen und damit einhergehende potenzielle Kosteneinsparungen. Die Erfolgs- und Investitionsrechnungen müssen um diese Einflussfaktoren ergänzt werden, um zukünftige Entscheidungsoptionen auch aus der Perspektive der Nachhaltigkeit bewerten zu können. Das betrifft beispielsweise die Transformation der Erzeugungs-Assets und der Energienetze genauso wie auch den Energieeinkauf.

Unternehmensführungen werden in Zukunft von ihren Controlling-Einheiten erwarten dürfen, dass sich diese auch in ökologischer Hinsicht zum Business Partner für das gesamte Management weiterentwickeln. Diese Erweiterung in der Rollenauslegung stellt allerdings eine zusätzliche Kompetenzanforderung an das Controlling dar. Hierfür muss es die notwendige Grundexpertise in ökologischen Themenstellungen aufbauen und auch über technische Entwicklungen in Grundzügen informiert sein. Ein organisatorisch und instrumentell gut aufgestelltes Controlling hilft hier, der ökologischen Verantwortung nachzukommen und gleichzeitig die Wettbewerbs- und Zukunftsfähigkeit der Energieversorgung abzusichern.

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