Der International Accounting Standard Board (IASB) hat am 24. Juli 2014 die endgültige Fassung des Standards IFRS 9 'Finanzinstrumente' veröffentlicht. Dieser enthält neue Vorschriften für die Klassifizierung und Bewertung von Finanzinstrumenten (Classification & Measurement), die Erfassung von Wertminderungen (Impairment) sowie die Bilanzierung von Sicherungsbeziehungen (General Hedge Accounting).
Damit ist – bis auf den Themenkomplex Macro Hedging – das Projekt zur Neuregelung der Bilanzierung von Finanzinstrumenten und zur vollständigen Ersetzung des IAS 39 'Finanzinstrumente: Ansatz und Bewertung' nach sechs Jahren abgeschlossen.
Während die neuen Vorschriften hinsichtlich Classification & Measurement sowie Impairment insbesondere für Banken eine hohe Relevanz aufweisen, bieten die Änderungen hinsichtlich General Hedge Accounting insbesondere für Industrie- und Handelsunternehmen eine Vielzahl an neuen Möglichkeiten.
Dabei ist insbesondere eine verbesserte Abbildbarkeit von ökonomischen Sicherungsbeziehungen zu erwarten. Um dies optimal nutzen zu können und eine strategische Entscheidung zum Umsetzungszeitpunkt treffen zu können, ist die Analyse bestehender sowie jetzt neuer möglicher Sicherungsstrategien zu empfehlen.
Im Rahmen der operativen Implementierung sind eine Vielzahl von Interdependenzen im Unternehmen zu beachten – allen voran die systemseitige Abbildung der Sicherungsbeziehungen sowie die Dokumentation der (veränderten) Strategien und Prozesse.
Insgesamt sind die neuen Regelungen weniger restriktiv im Vergleich zu IAS 39, wodurch sich die Flexibilität der bilanziellen Abbildung ökonomischer Hedges erhöht.
Durch bspw. die Erweiterung des Kreises von zulässigen Grundgeschäften und Sicherungsinstrumenten (insb. im Bereich der Commodities), die Änderungen zur Abspaltung von Sicherungskosten (bspw. CCY-Basis-Spreads), den Wegfall des retrospektiven Effektivitätstests sowie die Neueinführung der „Rekalibrierung“, ergibt sich die Möglichkeit die Volatilität der Gewinn- und Verlustrechnung zu verringern.
Die verbesserten Hedging Möglichkeiten schlagen sich allerdings auch in erhöhten Dokumentations- und Offenlegungsanforderungen nieder.
Im Rahmen von ‚Classification & Measurement‘ sieht IFRS 9 insbesondere ein neues Modell zur Klassifizierung von finanziellen Vermögenswerten vor. Die Folgebewertung hängt dabei vom Geschäftsmodell und den vertraglichen Zahlungsströmen ab. Unterschieden wird darauf basierend zwischen drei Kategorien, für die sowohl unterschiedliche Wertmaßstäbe als auch eine unterschiedliche Erfassung von Wertänderungen gelten.
Für finanzielle Verbindlichkeiten hingegen wurden Regelungen aus IAS 39 weitestgehend übernommen. Die einzige wesentliche Neuerung betrifft finanzielle Verbindlichkeiten in der Fair Value-Option bei Wertschwankungen aufgrund von Veränderungen des eigenen Ausfallrisikos.
IFRS 9 ‚Impairment‘ sieht künftig, statt der bisher vornehmlichen Betrachtung eingetretener Verluste, ein ‚expected loss‘-Modell vor, welches somit bereits die erwarteten Verluste berücksichtigt. Damit erfolgt tendenziell eine frühere Risikovorsorge als unter IAS 39. Zu diesem Zweck sind künftig drei Wertminderungs-Stufen vorgesehen, welche die Höhe der zu erfassenden Verluste und die Zinsvereinnahmung bestimmen.
Unter der Voraussetzung des noch ausstehenden Endorsements durch die EU ist IFRS 9 grundsätzlich für Geschäftsjahre, die am oder nach dem 01. Januar 2018 beginnen, verpflichtend anzuwenden. Eine vorzeitige Anwendung ist nach dem EU Endorsement ebenfalls möglich.
Aufgrund der noch ausstehenden Regelungen zum Macro Hedge Accounting besteht außerdem das einmalige Wahlrecht zum Zeitpunkt der Umstellung auf IFRS 9, bezüglich Hedge Accounting weiterhin die Regelungen nach IAS 39 anzuwenden bis der Standard zum Macro Hedging in Kraft tritt.