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Gestärkt aus der COVID-19-Krise in die Zukunft gehen

Setzt die Schweiz ihren Wohlstand und ihre globale Position aufs Spiel? Das könnte passieren, wenn wir es zulassen, dass wir uns so sehr im Krisenmanagement verlieren, dass wir die langfristigen Herausforderungen aus den Augen verlieren. Jetzt ist es an der Zeit, dass Unternehmen und die Regierung die Weichen für eine nachhaltige Zukunft der Schweiz stellen.

Von Reto Savoia, CEO, und Nico Kleyn, Leiter Kunden & Branchen

Erfahren Sie, wie Sie die Schweiz stärken können


Innovative Unternehmen, Universitäten von Weltrang, politische Stabilität und sozialer Zusammenhalt - in vielen dieser Bereiche ist die Schweiz hervorragend. Trotz eines kleinen Binnenmarktes und fehlender natürlicher Ressourcen gehört die Schweiz zu den 20 grössten Volkswirtschaften der Welt mit einem der höchsten Pro-Kopf-Einkommen. Die Schweiz ist eine führende Nation in der Welt - aber wie lange noch?

Die Corona-Krise hat deutlich gemacht, dass Unternehmen ihre operative Widerstandsfähigkeit erhöhen müssen.

Reto Savoia

Verschiedene internationale Vergleiche wie der Global Competitiveness Report des Weltwirtschaftsforums (WEF) oder der Ease-of-Doing-Business Index der Weltbank haben kürzlich gezeigt, dass die Schweiz ihren internationalen Wettbewerbsvorteil verliert. Wirtschaftswissenschaftler warnen schon seit Jahren vor den negativen Folgen eines schwachen Produktivitätswachstums. Die Korona-Krise hat gezeigt, dass der Staat und die Wirtschaft weniger innovativ sind, als viele glaubten. Die Verwendung von Faxgeräten zur Übermittlung von Koronafallnummern oder die weitgehend nicht vorhandene Infrastruktur, die es den Mitarbeitern ermöglicht, von zu Hause aus zu arbeiten, sind nur zwei Beispiele.

Demografische Herausforderungen und internationaler Druck
 

Als ob die Überwindung der drohenden, tiefen wirtschaftlichen Rezession, die durch die Corona-Krise verursacht wurde, nicht schon genug wäre, steht die Schweiz vor bedeutenden langfristigen Herausforderungen, für die das Land dringend Lösungen finden muss.

Mit unserem derzeitigen Modell haben wir Schwierigkeiten, unsere Altersversorgung weiter zu finanzieren, und uns gehen langsam die Fachkräfte aus. Die Digitalisierung setzt Unternehmen und Arbeitnehmer unter ständigen Veränderungsdruck und setzt sie auch Cyber-Risiken aus. Der für die Schweiz so wichtige internationale Handel wird immer mehr zu einem Hindernislauf, und die von der OECD vorangetriebenen Steuerreformen werden unsere Standortvorteile untergraben. Wenn wir diese Herausforderungen nicht rechtzeitig angehen, könnte unser Land schon in wenigen Jahren seine internationale Spitzenposition verlieren.

Es ist daher höchste Zeit, etwas gegen diesen schleichenden Abwärtstrend zu unternehmen. Einerseits müssen Politiker und die Regierung den neuen regulatorischen Rahmen festlegen, um die Wettbewerbsfähigkeit der Schweiz positiv zu beeinflussen. Andererseits müssen auch die Unternehmen ihren Teil dazu beitragen, denn die Qualität ihrer Produkte und Dienstleistungen spiegelt die Innovationskraft der Schweizer Wirtschaft wider.

Innovation, Unternehmertum und Nachhaltigkeit

 

Aber wo sollten wir anfangen und was muss getan werden? Auf der Grundlage einer Umfrage unter mehr als 400 Führungskräften haben wir bei Deloitte acht Handlungsfelder identifiziert, in denen die Regierung und die Unternehmen wirklich etwas bewirken können. Diese Bereiche konzentrieren sich auf Themen wie Innovation, Unternehmertum, internationaler Handel oder Nachhaltigkeit. Für jeden Bereich schlagen wir zahlreiche Massnahmen zur Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit der Schweizer Wirtschaft und der hier ansässigen Unternehmen vor - ganz nach dem Motto Power Up Switzerland. Sehen Sie sich unser kurzes Video mit historischen Aufnahmen und einem Experten aus einem Schweizer Think Tank an.

Die Politiker sollten zum Beispiel die Öffnung der Wirtschaft für den internationalen Handel fördern und den regulatorischen Aufwand für Unternehmen verringern. Sie sollten auch die Digitalisierung der öffentlichen Dienste beschleunigen, sich dafür einsetzen, dass in den Schulen mehr Unternehmertum gelehrt wird und das Arbeitsrecht an das digitale Zeitalter angepasst wird. Wir müssen uns zusammentun, um eine Vision der Schweiz als Drehscheibe für Wirtschaft, Innovation und Nachhaltigkeit zu entwickeln.

Unserer Ansicht nach muss aber vor allem der private Sektor seine Anstrengungen verstärken. Die Unternehmen müssen ihre Widerstandsfähigkeit erhöhen und schnell vom Krisenmanagementmodus auf nachhaltiges Wachstum umschalten.

Die Corona-Krise hat gezeigt, dass der Staat und die Wirtschaft weniger innovativ sind, als viele glaubten.

Nico Kleyn

Die Corona-Krise hat deutlich gemacht, dass Unternehmen ihre operative Widerstandsfähigkeit erhöhen müssen: Hochsensible, zeitkritische Lieferketten wurden leicht unterbrochen - eine rein kostenorientierte Standortstrategie kann leicht nach hinten losgehen. Die Mehrheit der Unternehmen ist sich auch bewusst, dass sie digitale Technologien stärker nutzen müssen. Mit mobilen digitalen Lösungen können Unternehmen zum Beispiel ihre Kundenkontakte weiter verbessern. Die systematische Nutzung mobiler Technologien für die Abwicklung von Aufträgen und Projekten in Verbindung mit der Datenspeicherung in der Cloud bietet ein exponentielles Potenzial.

Weiche Faktoren sind entscheidend

 

Darüber hinaus sollten sich die Schweizer Unternehmen auf "weiche Faktoren" konzentrieren. Viele Mitarbeiter mussten in diesen Zeiten improvisieren, und viele haben persönliche Initiative gezeigt, was ihnen geholfen hat, als Individuen zu wachsen. Dies sind ideale Voraussetzungen, um eine umfassende Kultur der Innovation und ein grösseres gegenseitiges Vertrauen zu fördern. Das bedeutet auch, dass die Führungskräfte eine positive Kultur gegenüber dem Scheitern entwickeln und zeigen müssen, dass Scheitern nicht automatisch zu einem Karriereknick führt.

Ein Kulturwandel sollte den Mitarbeitern mehr Mobilität, Flexibilität und Verantwortungsbewusstsein geben, die Vielfalt fördern und dazu beitragen, das ungenutzte Arbeitspotenzial von Frauen oder der Altersgruppe 50+ besser auszuschöpfen.

Starke Marken mit einem authentischen Unternehmenszweck bieten Stabilität und Orientierung in Krisenzeiten. Um den Ruf des Unternehmens zu stärken und Vertrauen im Hinblick auf neue Gesetze und Forderungen von Interessengruppen aufzubauen, ist eine integrierte Nachhaltigkeitsstrategie mit messbaren Zielen und transparenter Berichterstattung erforderlich. Diese sollte sich nicht auf den jährlichen Geschäftsbericht eines Unternehmens beschränken, sondern die gesamten und laufenden Auswirkungen des Unternehmens auf die Umwelt und die Gesellschaft durchdringen.

Fortschritt statt Stillstand

 

Die Schweiz hat eine einzigartige Erfolgsgeschichte. In den letzten zwei Jahrhunderten hat sich unser Land zu einer der erfolgreichsten und innovativsten Volkswirtschaften entwickelt und vielen Generationen Wohlstand und Sicherheit gebracht. Doch langsam aber sicher nähern wir uns einem kritischen Punkt. Wir laufen Gefahr, unsere hervorragende Position und unsere erfolgreiche Vergangenheit zu verspielen.

Es ist daher von entscheidender Bedeutung, dass nach dem Corona-Schock ein zweiter Ruck die Wirtschaft ankurbelt. Die aussergewöhnlichen Umstände und die Verfügbarkeit staatlicher Mittel haben ein historisch einmaliges Fenster der Gelegenheit geöffnet, das wir nicht verpassen sollten. Fortschritt statt Untätigkeit muss die Devise sein, nicht nur für die Regierung, sondern vor allem für die in diesem Land tätigen Unternehmen. Ich bin zuversichtlich, dass die Schweiz dies schaffen wird!

 

Dieser Text wurde zuerst in der Handelszeitung und in Le Temps veröffentlicht.

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