Jedes Quartal rückt Reto Savoia, CEO Deloitte Schweiz, aktuelle Themen in den Vordergrund. Er spricht über die Schweizer Wirtschaft und erläutert, wo er innerhalb des Unternehmens den nächsten Schwerpunkt setzt. Reto Savoia schaut zurück auf Ereignisse, die ihn beeindruckt haben, und wir bitten ihn, sich zwischen zwei Dingen zu entscheiden, ohne viele Worte zu verlieren. Jedes Quartal aufs Neue!
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Welche aktuelle Herausforderung für die Schweizer Wirtschaft steht für dich in den kommenden drei Monaten im Vordergrund?
Derzeit überragt ein Thema alle anderen: die weit um sich greifende Unsicherheit, nicht zuletzt auch die Rechts- und Investitionsunsicherheit.
Auf internationaler Ebene wird sie genährt durch einen schwer überschaubaren Mix aus angekündigten, eingeführten und sich ändernden Zöllen, Steuern, Sanktionen und Regulierungen, etwa zur künstlichen Intelligenz und Nachhaltigkeit, befeuert durch die aktuelle geopolitische Lage.
In der Schweiz wird sie getrieben durch die Schwierigkeit, nachhaltige Reformen in den finanziell bedeutendsten Politikbereichen durchzusetzen, wie bei der Altersvorsorge und im Gesundheitswesen. Und auch mit strategisch wichtigen Neuausrichtungen haben wir Mühe, in der Energie-, Klima- und Verkehrspolitik genauso wie in der Europa-, Neutralitäts- und Sicherheitspolitik.
All dies hat zur Folge, dass Unternehmen verunsichert sind, sich fragen, ob eine Investition Sinn macht oder ob sie nicht noch etwas verzögert oder verkleinert werden kann oder auch an einem anderen Standort getätigt werden sollte.
Die verhaltenen Wachstumszahlen des Seco von 1.3% fürs laufende Jahr und 0.9% für 2026 sprechen diesbezüglich eine deutliche Sprache.
Welche Priorität steht für Deloitte Schweiz in den kommenden Monaten im Vordergrund?
Wir arbeiten derzeit intensiv intern und mit Kunden an einer vernünftigen und verantwortungsvollen Nutzung der Künstlichen Intelligenz. Dazu haben wir unter anderem intern eine Plattform namens «Solaria» entwickelt, die unseren Mitarbeitenden eine wachsende Zahl von KI-Anwendungen in einer sicheren und gesetzeskonformen Umgebung bietet. Solaria hilft uns beispielsweise dabei, die besten KI-Tools zu den individuellen Kundenanfragen zu identifizieren. Das spart uns Zeit und ermöglicht Innovationen mit Unterstützung von KI-Agenten.
Bei unseren Kunden führen unsere Teams KI-Lösungen ein, die helfen, Wildwuchs und vermehrte Sicherheitsrisiken zu vermeiden. Für Life-Sciences-Kunden implementieren wir unter anderem spezifische Lösungen, um ihnen zu helfen, die jüngsten Markttrends und Regulierungen effizient zu erfassen und bearbeiten. Im Finanzdienstleistungsbereich setzen wir KI momentan vor allem zur Verbesserung des Kundenservice von Banken, Versicherungen und Vermögensverwaltern und zur Reduzierung von Routinearbeit ein.
Das Ziel besteht nicht einfach darin, Aufgaben zu automatisieren, sondern vielmehr, Menschen bei ihrer Arbeit zu unterstützen. Die letzte Verantwortung liegt immer noch beim Menschen.
Welches jüngste Ereignis hat dich persönlich besonders beschäftigt oder beeindruckt?
Die letzte Abstimmung hier in der Schweiz hat mir einmal mehr bewusst gemacht, dass insbesondere in der heutigen Zeit Demokratie nicht selbstverständlich ist und wir mit unserem direktdemokratischen System eine einmalige demokratische Teilhabe ausüben können. Dazu gehören Konsensfähigkeit und das Akzeptieren anderer Meinungen, wobei nach klaren Debatten das Resultat zu akzeptieren ist und ohne schlechte Gefühle vorwärts geschaut wird.
Zurich Film Festival oder Olma?
Ich habe viele "Good Memories" an meine Studienzeit an der HSG in St. Gallen. Daher: Olma, gerne auch mit einer saftigen Olma-Bratwurst.