Zum Hauptinhalt springen

Interview mit Dr. Reto Suter - CFO Siegfried Holding AG

«CFO of the Year» in der Kategorie Swiss Performance Index® (SPI®) ohne SMI Expanded® des CFO Forum Schweiz

Dr. Reto Suter

Reto Suter trat am 1. Mai 2017 als Chief Financial Officer in die Siegfried Gruppe ein. Vor seinem Eintritt bei Siegfried hatte er verschiedene verantwortungsvolle Positionen in der Industrie sowie im komplexen Anlagegeschäft inne, in London und der Schweiz. Er ist ausserdem Mitglied des Verwaltungsrats der Inficon Holding AG. Reto Suter studierte Finanzwissenschaften an der Universität Zürich und schloss sein Studium mit der Promotion ab.

Deloitte:Wenn Sie auf die letzten 10 Jahre zurückblicken, wie hat sich die Finanzfunktion entwickelt? Gab es Überraschungen oder Veränderungen, die schneller oder langsamer als erwartet eingetreten sind?

Dr. Reto Suter: In den vergangenen zehn Jahren war unsere Finanzfunktion stark gefordert: Einerseits war diese Zeit von erheblichem Unternehmenswachstum geprägt, auch durch Akquisitionen, andererseits mussten wir uns in einem ausserordentlich dynamischen Umfeld behaupten – etwa mit den Auswirkungen von Covid-19, rasant steigender Inflation, volatilen Rohstoffpreisen oder etwa einer Cyber Attacke.

Gerade vor diesem Hintergrund hat sich die Rolle der Finanzfunktion fundamental verändert: von einer überwiegend rückwärtsgerichteten Reporting- und Kontrollinstanz hin zu einem proaktiven und zukunftsorientierten Steuerungs- und Sparringspartner auf allen Stufen.
Dank Standardisierung und Automatisierung sind wir heute in der Lage, verlässliche, vorwärts gerichtete Kennzahlen schnell zur Verfügung zu stellen. Damit leisten wir einen wesentlichen Beitrag zur strategischen und taktischen Steuerung des Unternehmens.

Überrascht hat mich die Geschwindigkeit, mit der neue technologische Lösungen verfügbar wurden. Immer langsamer als erwartet hingegen verlief der notwendige kulturelle Wandel: Change Management braucht Zeit.

Besonders stolz bin ich auf die Entwicklung des Finance Teams: Wir haben in dieser herausfordernden Dekade ein starkes, diverses und widerstandsfähiges Finanzteam aufgebaut, das nicht nur die Transformation mitgetragen, sondern auch im herausfordernden Zeiten seine Professionalität, Belastbarkeit und seinen Zusammenhalt eindrucksvoll unter Beweis gestellt hat.

Deloitte: Wie kann die Finanzfunktion dazu beitragen, die Herausforderungen dieses Jahres im Zusammenhang mit dem globalen Umfeld zu bewältigen, einschliesslich Zölle, Handels- und Währungsvolatilität sowie erhöhter Unsicherheit?

Dr. Reto Suter: In einem Umfeld mit Zöllen, Handels- und Währungsvolatilität sowie geopolitischer Unsicherheit ist die Finanzfunktion ein Frühwarnsystem und Stabilitätsanker zugleich. Wir können Mehrwert schaffen, indem wir Risiken quantifizieren, Absicherungsstrategien entwickeln und gleichzeitig Szenarien durchspielen, um handlungsfähig zu bleiben.

Transparenz und Glaubwürdigkeit der Zahlen, flexible Finanzierungsstrukturen und ein glaubwürdiges Risikomanagement sind entscheidend. Darüber hinaus kann die Finanzfunktion Brücken schlagen – zwischen Märkten, Funktionen und Stakeholdern – um trotz Unsicherheit Chancen zu nutzen.

Deloitte: Die Schweiz befindet sich wieder in einem Nullzinsumfeld. Welche Auswirkungen hat das Ihrer Meinung nach?

Dr. Reto Suter: Nullzinsen sind kurzfristig verlockend für Finanzierungskosten, bergen aber langfristig Risiken – etwa durch eine verzerrte Kapitalallokation oder erhöhte Asset- Preise. Für uns als Unternehmen bedeutet es, dass wir Investitionsentscheidungen unverändert sorgfältig auf Kapitalrendite und strategischen Fit prüfen müssen. Gleichzeitig erhöht es den Druck, Liquidität produktiv einzusetzen und Cash- Reserven professionell zu steuern.

Deloitte: Wie sehen Sie die langfristige Entwicklung der internationalen Rolle des US-Dollars?

Dr. Reto Suter: Der US-Dollar wird mittelfristig seine dominante Rolle im Welthandel behalten, vor allem aufgrund der Tiefe der US-Kapitalmärkte und der Netzwerkeffekte.

Langfristig sehe ich jedoch eine graduelle Erosion dieser Dominanz – nicht durch eine einzelne Währung, sondern durch eine multipolare Weltordnung mit stärkeren regionalen Handels- und Währungsblöcken, unterstützt auch durch technologische Innovationen wie digitale (Zentralbank)währungen. Für die Finanzfunktion heisst das: Mehr Währungsdiversifikation und Agilität in Planung und Absicherung wird zur Norm.