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Interview mit Paula Indermühle - CFO Vitra

Paula Indermühle, CFO Vitra

«CFO of the Year» in der Kategorie CFO Forum Schweiz – CFOs

Paula Indermühle ist seit 2019 CFO und Mitglied der Geschäftsleitung von Vitra, einem schweizerischen Designmöbelhersteller in Familienbesitz. Zuvor arbeitete sie 12 Jahre in der Pharmadivision von Roche in verschiedenen Finanzpositionen im In- und Ausland. Paula hat an der Universität Bern (Master in Science) studiert und bei Ernst & Young Schweiz als Auditorin ihre berufliche Karriere gestartet sowie die Ausbildung zur Wirtschaftsprüferin absolviert.

Deloitte: Was möchten Sie als CFO in den nächsten 12 Monaten besonders vorantreiben?

Paula Indermühle: Wir sehen bei Vitra unsere Verantwortung für die Umwelt ganzheitlich, weshalb sie auch Teil der Mission des Unternehmens ist. Für die kommenden Jahre haben wir drei Ziele definiert: Erstens wollen wir den ökologischen Fussabdruck verringern, zweitens wollen wir jedes Produkt über dessen gesamte Lebensdauer verfolgen, um einerseits eine möglichst lange Nutzung sicherzustellen und anderseits Recycling und Entsorgung zu erleichtern. Und drittens wollen wir sicherstellen, dass Kundinnen und Kunden ihre Kaufentscheidung basierend auf genauen Informationen treffen können, wo und wie ein Produkt von wem hergestellt worden ist. Die Verantwortung, diese Ziele zu erreichen, liegt bei allen Mitarbeitenden von Vitra – also auch bei mir: ich werde mich in den nächsten 12 Monaten weiter stark in unser nachhaltiges Denken und Engagement investieren.
 

Deloitte: Im Oktober waren ja Eidgenössische Wahlen. Wenn Sie einen Wunsch an das neu gewählte Parlament frei hätten, was würden Sie sich wünschen?

Paula Indermühle: Mein Wunsch wäre eine noch stärkere Förderung und Öffnung der Schweiz als Innovations- und Forschungsstandort – als Beitrag zu Fortschritt und Wachstum in der Schweiz und zu Lösungen von dringenden globalen Herausforderungen.
 

Deloitte: Wie schätzen Sie das Potenzial von generativer künstlicher Intelligenz für die Finanzfunktion ein, nicht zuletzt auch im Hinblick auf den Arbeitskräftemangel?

Paula Indermühle: Generative künstliche Intelligenz hat erhebliches Potenzial, die Finanzfunktion zu transformieren und effizienter sowie effektiver zu gestalten. Viele Prozessoptimierungspotentiale lassen sich bereits durch eine integrierte Systemunterstützung (z.B. über unser SAP-System) sowie durch Automatisierungswerkzeuge wie «Robotic Process Automation» heben. Die künstliche Intelligenz liefert darauf aufbauend weiteren Nutzen. Aktuell führen wir z.B. eine Lösung zur automatisierten Verarbeitung von Lieferantenrechnungen ein. Dabei werden mittels KI-Funktionalitäten unstrukturierte Informationen aus den Rechnungsdokumenten ausgelesen, validiert und automatisch in unser SAP-System sowie in Freigabeworkflows übergeben. Grosses Potential für KI-Anwendungen sehen wir auch in den Bereichen Risk Management und Fraud Detection, wo grosse Mengen an Finanzdaten analysiert werden, um Trends und Risiken vorherzusagen und Abnormitäten zu identifizieren. Der Arbeitskräftemangel ist eine grosse Herausforderung für unsere Wirtschaft und wird Unternehmen weiter anspornen, das Potential von KI auszuloten, um Routineaufgaben zu automatisieren und damit abwechslungsreichere und damit attraktivere Positionen zu schaffen – und auch, um Engpässe im Unternehmen zu überbrücken.

 

Deloitte: Wie wird sich aus Ihrer Sicht die Rolle des CFO in den nächsten Jahren verändern?

Paula Indermühle: Die CFO-Rolle ist in den letzten Jahren dynamischer, vielfältiger und strategischer geworden. Die traditionellen Finanzaufgaben sind weiterhin wichtig, CFOs treiben heute aber auch Innovation, Effizienz und Wachstum. Ich bin stark in die Gestaltung und Umsetzung der Unternehmensstrategie eingebunden. Das erfordert ein profundes Verständnis des Geschäfts, von Marktdynamik und Technologien. Zudem erstreckt sich mein Verantwortungsbereich über Finance hinaus in die Bereiche IT, Legal & Compliance, Center of Excellence, Strategic Planning, Product Operations Management u.a. Die CFO-Rolle wird sich noch weiter als tragendes und gestaltendes Element in der Geschäftsführung entwickeln und ist und bleibt durch die Kombination von strategischer Ausrichtung, analytischer Denkweise und Einfluss auf das Unternehmen äusserst spannend.
 

Deloitte: Wie schätzen Sie die Zinsentwicklung in den nächsten 12 Monaten und damit die Finanzierungsbedingungen für Unternehmen ein?

Paula Indermühle: Die Zinsen lagen über Jahre hinweg sehr tief und das steigende Zinsniveau rechtfertigt sich, um den Wert des Geldes wiederherzustellen. Diese Normalisierung der Zinsen dürfte mit der letzten Leitzinserhöhung der Schweizerischen Nationalbank abgeschlossen sein. Das Fremdfinanzierungsangebot und damit auch die Fremdfinanzierungsbedingungen in der Schweiz bleiben trotz gestiegener Zinsen attraktiv. Das neue Zinsniveau und die gestiegenen Fremdfinanzierungskosten veranlassen Unternehmen, ihr Liquiditäts- und Cash-Management weiter zu optimieren und die Finanzierungsstrategie zu überprüfen. Dies jeweils in Abhängigkeit zur individuellen Situation, Branche, Grösse und finanziellen Stärke. Damit werden wir auch auf der Nachfrageseite der Fremdfinanzierung einen Wandel sehen.

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