Martin Stefik ist der Chief Financial Officer (CFO) von Microsoft Schweiz. Er übernahm die Position im Juni 2025. Zuvor war Stefik als Commercial Finance Director für die Region Zentraleuropa, Osteuropa, Naher Osten und Afrika bei Microsoft tätig. Seit seinem Eintritt bei Microsoft im Jahr 2010 in der Slowakei hatte er mehrere leitende Finanzpositionen in Europa inne, darunter Führungsrollen in München und Prag. Stefik besitzt einen Masterabschluss in Finanzwesen, Banken und Investment von der Matej-Bel-Universität in Banská Bystrica, Slowakei.
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Deloitte: Rückblick auf die letzten 10 Jahre: Wie hat sich die Finanzfunktion entwickelt? Gab es Überraschungen oder Veränderungen, die schneller oder langsamer als erwartet eintraten?
Martin Stefik: In den letzten zehn Jahren hat die Finanzfunktion eine tiefgreifende Transformation durchlaufen – von einer transaktions- und compliance-orientierten Rolle hin zu einem strategischen Ermöglicher von Unternehmenswert. Bei Microsoft war diese Entwicklung geprägt von einer Verschiebung hin zu einheitlichen Datenplattformen, Cloud-Migration sowie der Einführung von prädiktiver Analytik und Automatisierung. Wir sind von statischen Berichten zu dynamischer Prognose übergegangen und von isolierten Systemen zu integrierten, intelligenten Plattformen.
Am meisten überrascht hat mich das Tempo, mit dem KI und maschinelles Lernen in zentrale Finanzprozesse integriert wurden. Während wir Automatisierung in Bereichen wie Abstimmungen und Berichterstattung erwartet hatten, beschleunigte die schnelle Reife generativer KI – insbesondere bei Prognosen, Risikomanagement und Entscheidungsunterstützung – unsere Transformation weit über die Erwartungen hinaus.
Gleichzeitig dauerte der kulturelle Wandel länger. Der Aufbau einer Wachstumsmentalität in den Finanzteams und die Anpassung an den raschen technologischen Fortschritt erfordern anhaltende Anstrengungen.
Deloitte: Wie wird sich die Finanzfunktion in den nächsten drei Jahren verändern?
Martin Stefik: Die nächsten drei Jahre werden durch den Aufstieg von agentischer KI geprägt sein – autonome Agenten, die nicht nur assistieren, sondern eigenständig Finanzabläufe optimieren. Diese Agenten werden Abstimmungen, Prognosen, Forderungsmanagement und sogar die Vorbereitung von Prüfungen mit minimaler menschlicher Intervention übernehmen.
Die Finanzfunktion wird proaktiver und erkenntnisorientierter, wobei KI Anomalien aufdeckt, strategische Handlungsempfehlungen gibt und eine Echtzeit-Szenarienplanung ermöglicht, und der Mensch auch künftig die Steuerung behält.
Wir werden auch eine tiefere Integration zwischen Finanzsystemen und Kollaborationstools. Diese Konvergenz wird das Wechseln zwischen Anwendungen reduzieren und Finanzteams befähigen, im Arbeitsfluss zu agieren.
Deloitte: Was müssen CFOs bei der erstmaligen Einführung von KI-Tools berücksichtigen? Und was sind die Schlüsselfaktoren für eine erfolgreiche Innovation und Skalierung von KI in der Finanzfunktion?
Martin Stefik: Die Einführung von KI in die Finanzfunktion erfordert eine mehrdimensionale Strategie:
Datenbereitschaft: Saubere, einheitliche Daten sind grundlegend. CFOs müssen eine robuste Governance und die Abstimmung von finanziellen und nicht-finanziellen Kennzahlen sicherstellen.
Sicherheit und Compliance: Die KI-Einführung muss durch strenge Kontrollen, Audit-Trails und Einhaltung regulatorischer Standards abgesichert sein.
Kultur und Change Management: Der Aufbau einer Wachstumsmentalität, die Förderung von Innovation und die Unterstützung der Weiterbildung der Mitarbeitenden sind entscheidend für die Skalierung der Akzeptanz.
Klare Vision und schnelle Erfolge: Klein anfangen, messbare Ergebnisse liefern und basierend auf den Erkenntnissen skalieren. Erfolg hängt davon ab, KI-Initiativen mit den Geschäftsprioritäten abzustimmen und früh konkrete Resultate zu zeigen.
Wichtige Erfolgsfaktoren sind die Einbettung von KI in Alltagswerkzeuge (z. B. Copilot in Excel), die Nutzung vorgefertigter Agenten für Aufgaben wie Abweichungsanalysen und Forderungsmanagement sowie die Förderung der Zusammenarbeit zwischen Finanzen, IT und Geschäftsbereichen.