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Interview mit Martin Lorenz, CFO und CEO Competec-Gruppe

Martin Lorenz, CFO und CEO Competec-Gruppe

Nach verschiedenen Tätigkeiten im Bank- und Treuhandbereich und der Weiterbildung zum Betriebsökonom HWV war Martin Lorenz acht Jahre als Group Controller der COS-Gruppe tätig.

Nach dem Abschluss als Master in Corporate Finance hat er im November 2008 die Leitung der Finanzabteilung der Competec-Gruppe übernommen. Im Dezember 2015 kam die Leitung des Unternehmensbereichs Operations hinzu. Seit April 2018 leitet Martin Lorenz die Competec-Gruppe als CEO und CFO in Personalunion. Zur Competec-Gruppe gehören der Online-Fachhändler BRACK.CH, die Grosshandelsunternehmen Alltron und Jamei, der Logistikdienstleister Competec Logistik AG sowie die Competec Service AG, in der die zentralen Dienstleistungen untergebracht sind. Die Gruppe umfasst über 820 Mitarbeitende (Stand Mitte 2020) und setzte 2019 über 811 Millionen Franken um.

Deloitte: Wie hat Ihr Unternehmen die Corona-Krise gemeistert?

Martin Lorenz: Wir sind aufgrund der Entwicklung natürlich noch mitten drin. Als E-Commerce-Player gehören wir zu jener Branche, die wohl am meisten umsatzseitig profitiert hat. Wir erleben dies aber nicht als Überlegenheit eines Geschäftsmodells gegenüber eines anderen, sondern vor allem mit einer grossen Portion Dankbarkeit. Dankbarkeit gegenüber unseren Mitarbeitenden, die schlicht tolle Arbeit leisten und gegenüber unseren Kunden, dass sie trotz Verzögerungen in der Lieferkette im Frühling zu uns gehalten haben. Wir haben in den letzten Wochen viele neue Stellen freigegeben, damit wir mit noch mehr Leistungskapazitäten in das Weihnachtsgeschäft starten können. Aber die aktuell limitierten Logistikmöglichkeiten aufgrund des durch eine Einsprache lange blockierten Logistikausbaus schmerzen uns natürlich. Wir hätten gerne dieses Jahr bereits den Erweiterungsbau in Betrieb genommen. Dieser war ursprünglich für 2019 geplant und wird uns nun ab Sommer 2021 deutlich mehr Kapazitäten bieten.

Deloitte: Seit Ausbruch der Corona-Krise hat sich das Einkaufsverhalten der Kunden verändert. Insbesondere hat der Lockdown im Frühjahr viele Kunden zum verstärkten oder erstmaligen Online-Shopping animiert, wie beispielsweise in Ihrem Online-Shop BRACK.CH. Welche dieser Änderungen glauben Sie, sind langfristiger Natur?

Martin Lorenz: Wir sind überzeugt, dass die Entwicklung im Grundsatz nachhaltig ist. Es hat eine bestehende Entwicklung der letzten Jahre hin zum Online-Shopping einfach nochmals beschleunigt. Selbstverständlich gibt es Einmaleffekte wie der Verkauf von Desinfektionsmitteln oder Schutzmasken, die es hoffentlich in Zukunft in ruhigeren Zeiten nicht mehr in gleicher Form gibt. Aber es wird keine Trendumkehr geben. Dafür sind viele Vorteile des Online-Kanals einfach zu offensichtlich und wir konnten sicher auch neue Kunden davon überzeugen.

Deloitte: Wie konnten Sie die stark gestiegene Nachfrage im Online-Handel stemmen und wie haben Sie in Ihrer Rolle als CFO die Kostenentwicklung dabei im im Griff behalten?

Martin Lorenz: Die gestiegene Nachfrage konnten wir nur durch zusätzliches Personal und die Leistung aller Mitarbeitenden – auch an Wochenenden – bewältigen. Die Kostenfrage stellte sich auf dem Höhepunkt der Nachfrage schlicht nicht. Es war der Anspruch, unser Lieferversprechen und die Leistung zu unseren Kunden so gut es ging aufrecht zu erhalten. Die Frage der Kostenentwicklung stellte sich im Nachgang und auch heute noch. Wir haben umsatzseitig mindestens ein Jahr übersprungen. Darauf war die gesamte Organisation nicht vorbereitet und stellt uns – obwohl wir jedes Jahr auch personell wachsen dürfen – Tag für Tag vor neue Herausforderungen.

Deloitte: Sortimentserweiterungen und -differenzierungen sind ein wichtiges Element beim Onlinehandel. Sie haben inzwischen auch Lebensmittel im Sortiment. Warum konkurrieren Sie mit den grossen Detaillisten und Discountern?

Martin Lorenz: Wir sehen es nicht als Konkurrenz. Wir sind überzeugt, dass im Lebensmittelhandel online das Wachstum erst noch vor uns liegt. Das zeigen Onlinequoten in anderen Ländern. Ich erlebe es ja auch bei mir selbst: Einen grossen Teil des täglichen Bedarfs decken wir mit gleichen oder sehr ähnlichen Produkten – abgesehen von Frischeprodukten. Warum soll ich mir diese nicht bequem nach Hause liefern lassen? Mit unserer auf E-Commerce ausgerichteten Logistik versenden wir haltbare Lebensmittel oft auch mit Produkten aus anderen Sortimentsbereichen. Da wir alle Produkte am eigenen Lager haben, erhält der Kunde alle Produkte zusammen in einem Paket. Im Falle der Aufnahme des Supermarktsortiments war es aber auch ein Ziel, die Kontakthäufigkeit mit dem Kunden zu erhöhen.

Deloitte: Sie sind bei der Competec-Gruppe als CEO und CFO tätig. In welcher Rolle waren Sie dieses Jahr mehr gefordert?

Martin Lorenz: Das ist nicht einfach zu trennen. Am Schluss haben beide Rollen eine hohe Verantwortung für das Unternehmen als Ganzes. Aber in ausserordentlichen Situationen und in der Vielfältigkeit des Aufgabenspektrums ist die Rolle des CEOs wahrscheinlich mehr gefordert. Aber am Schluss des Tages ist es eine Teamleistung über alle 820 Mitarbeitenden. Da bin ich auch nur ein Zahnrädchen wie alle anderen und ich bin stolz, dass wir gemeinsam die Competec-Gruppe so weiterentwickeln durften und weiterhin dürfen.

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