Manuela Suter ist seit 2018 CFO bei Bucher Industries. Sie hat einen Abschluss als lic. oec. publ. der Universität Zürich und ist eidg. dipl. Wirtschaftsprüferin. Zudem ist sie Mitglied des Verwaltungsrats der SFS Group AG und Mitglied des Vorstands von Swissholdings (Verband der Industrie- und Dienstleistungsunternehmen in der Schweiz).
Deloitte: Was möchten Sie als CFO in den nächsten 12 Monaten besonders vorantreiben?
Manuela Suter: Im Zuge der allgemeinen konjunkturellen Abschwächung müssen Kapazitäten in der Produktion zum richtigen Zeitpunkt und im richtigen Ausmass angepasst sowie Lagerbestände entsprechend reduziert werden. Um Massnahmen einzuleiten und umzusetzen, sind relevante, aussagekräftige Kennzahlen zur Messung des Erfolgs und der Effektivität unerlässlich. Neben den operativen Themen wird uns die nicht-finanzielle Berichterstattung stark beschäftigen, wo wir zunächst die neuen Regulierungen umsetzen. Mittel- und langfristig stehen die Massnahmen im Vordergrund. Denn die relevantesten weltweiten Trends – das globale Bevölkerungswachstum, die wachsende Mittelklasse, die Urbanisierung sowie der Klimawandel – stellen zugleich unternehmerische Risiken als auch Chancen dar. Auf begrenzten Agrarflächen müssen bedeutend mehr Lebensmittel bei gleichzeitig geringerem Verbrauch von Wasser, Dünge- und Pflanzenschutzmitteln nachhaltiger produziert werden. Bucher Industries kann hier einen wesentlichen Beitrag zur technischen Weiterentwicklung leisten.
Deloitte: Im Oktober waren ja eidgenössische Wahlen. Wenn Sie einen Wunsch an das neu gewählte Parlament frei hätten, was würden Sie sich wünschen?
Manuela Suter: Von unseren Parlamentarierinnen und Parlamentariern wünsche ich mir, dass sie die anstehenden Herausforderungen der Schweiz – zum Beispiel den starken demografischen Wandel mit seinen Auswirkungen – aus lösungsorientierter Sicht anpacken. So als ob sie ein Unternehmen führten, das wirtschaftlich funktionieren muss. Dies bedeutet, Probleme nicht zu verwalten, sondern aktiv anzugehen. Die Schweiz braucht langfristig tragbare Lösungen für die Auswirkungen der alternden Gesellschaft, des Fachkräftemangels und für das Rentensystem. Ich wünsche mir, dass gesunder Menschenverstand und eine tolerante Grundeinstellung unsere Parlamentarierinnen und Parlamentarier in ihren Entscheiden leiten mögen.
Deloitte: Wie schätzen Sie das Potenzial von generativer künstlicher Intelligenz für die Finanzfunktion ein, nicht zuletzt auch im Hinblick des Arbeitskräftemangels?
Manuela Suter: Die Wichtigkeit und Vielfältigkeit der Daten als auch ihre Menge haben zugenommen. Die Anspruchsgruppen haben ein wachsendes Informationsbedürfnis zum Beispiel für zusätzliche Berichterstattungen. Nur mit dem Einsatz von Digitalisierung und Automatisierung für repetitive Aufgaben in der Datenverarbeitung lässt sich diesem gerecht werden, ohne dass die Finanzabteilungen laufend personell aufgestockt werden müssen. Dies wäre wegen des Arbeitskräftemangels unmöglich und auch zu kostenintensiv. Bei Bucher Industries haben wir eine sehr schlanke Konzernstruktur. Die Konzentration auf das Wesentliche erachten wir als ein entscheidender Faktor, um auch in Zukunft effizient zu bleiben und trotzdem den wachsenden regulatorischen Anforderungen gerecht werden. Übrigens: Wichtig bleiben die Menschen, die sich überlegen, ob eine Kennzahl relevant und genügend aussagekräftig ist. Diese Entscheide überlassen wir zumindest vorläufig nicht der künstlichen Intelligenz.
Deloitte: Wie wird sich aus Ihrer Sicht die Rolle der CFO in den nächsten Jahren verändern?
Manuela Suter: Wir CFOs stehen vor deutlichen Veränderungen unserer Rolle, Herausforderungen als auch Chancen. Neben dem Sicherstellen der finanziellen Stabilität setzen wir uns mit digitalen Technologien auseinander. Die Integration von digitalen Tools und Datenanalysen spielen eine immer grössere Rolle und sind auch notwendig, um von Effizienzsteigerungen profitieren zu können. Gleichzeitig müssen wir laufend Massnahmen gegen die steigende Bedrohung durch Cyber-Attacken ergreifen. Auch der gesellschaftliche und kulturelle Wandel beeinflusst unsere Rolle. Verlangt sind flexiblere Arbeitszeitmodelle, Homeoffice und neue Arten von Mitarbeiterrekrutierung. Ebenso wird das Berichtswesen zu Nachhaltigkeitsthemen einen grösseren Platz bei den Aufgaben von CFOs einnehmen, insbesondere wenn die Ziele authentisch verfolgt werden. Grade hier braucht es nicht nur das Verständnis der betrieblichen Abläufe, sondern auch die abteilungsübergreifende Zusammenarbeit. Bei alledem haben wir den Einfluss von sich rasch ändernden wirtschaftlichen Rahmenbedingungen und Krisen zu antizipieren und erfolgreich zu adaptieren.
Deloitte: Wie schätzen Sie die Zinsentwicklung in den nächsten 12 Monaten und damit die Finanzierungsbedingungen für Unternehmen ein?
Manuela Suter: Wir nehmen an, dass in den Industrieländern in den nächsten zwölf Monaten weitere Zinserhöhungen ausbleiben werden. Die Inflation dürfte sich jedoch länger halten und die Zinsen somit auf hohem Niveau verbleiben. Aufgrund der soliden Finanzsituation und der guten Ratings von Bucher Industries erwarten wir für uns keine erschwerten Finanzierungsbedingungen. Wir spüren jedoch, dass zum Beispiel unsere Kunden, die den Kauf unserer Produkte teilweise durch Kredite finanzieren, von den höheren Zinsen betroffen sind. So kann es vorkommen, dass sie einen Investitionsentscheid vorläufig verschieben.