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Interview mit Alexandra Post

Vorsitzende des Verwaltungsrats von Schenk, Mitglied des Verwaltungsrats von HUG und Reitzel sowie Präsidentin der Akademie für Verwaltungsratsmitglieder (ACAD)

Wichtige Resilienzfaktoren im Verwaltungsrat

Alexandra Post

Alexandra Post ist seit 2013 unabhängige Verwaltungsrätin und ist derzeit Vorsitzende des Verwaltungsrats der Schenk Holding und Mitglied des Verwaltungsrats von HUG und Reitzel. Sie ist des Weiteren Mitglied des Stiftungsrats von Plateforme10 und war in der Vergangenheit in den Verwaltungsräten der SBB und von Emmi tätig. Nach einer internationalen Laufbahn als Managerin in der Konsumgüterbranche ist Alexandra Post momentan Vorsitzende und Co-Direktorin der Akademie für Verwaltungsratsmitglieder (ACAD), die Schulungen im Bereich Unternehmensführung anbietet. Nach einem Master in Betriebswirtschaftslehre an der Universität Lausanne vertiefte sie ihre Kenntnisse in den Bereichen Leadership und Unternehmensführung an den Wirtschaftshochschulen IMD und INSEAD.

swissVR Monitor: Das Unternehmen Schenk ist in einer Branche tätig, die sich angesichts der Internationalisierung, des Preisdrucks und der Änderungen hinsichtlich der Verbrauchergewohnheiten im Umbruch befindet. Welche Faktoren erklären Ihrer Meinung nach die Resilienz von Schenk?

Alexandra Post: Zum einen handelt es sich bei der Gruppe um ein Familienunternehmen in der vierten und fünften Generation, weshalb die Unternehmenskultur auf lange Sicht ausgerichtet ist. Diesem langfristigen Ansatz verdankt sie ein Fundament aus gemeinsamen Werten – selbst in Anbetracht eines tiefgreifenden Wandels in der Branche. Zum anderen entschied sich die Gruppe bereits ab der zweiten Generation für eine Strategie der Risikobegrenzung und setzte deshalb auf Weinberge und Weinherstellung in mehreren Ländern (Spanien, Italien, Frankreich und Schweiz) und einen Vertrieb in über 70 Länder. Eine solche Diversifizierung verringert die Anfälligkeit gegenüber klimatischen, wirtschaftlichen und regulatorischen Gegebenheiten. Des Weiteren profitieren wir von einem starken Einklang zwischen dem Verwaltungsrat und der Geschäftsführung in Bezug auf unsere Strategie und deren Umsetzung. Und natürlich stellen wir uns auch selbst infrage und sind uns bewusst, dass wir unser Angebot und unseren Vertrieb weiterhin ausbauen müssen, um uns noch besser an die neuen Gewohnheiten der Verbraucher anzupassen. Dieser Aufgabe haben wir uns verschrieben!

swissVR Monitor: Inwiefern kann der Verwaltungsrat mit seiner strategischen Funktion die organisationale Resilienz positiv beeinflussen?

Alexandra Post: Der Verwaltungsrat kann eine wichtige Rolle spielen, indem er die Transparenz hinsichtlich des marktbezogenen Kontextes und der Situation des Unternehmens fördert und somit für ein gemeinsames Verständnis der Herausforderungen sorgt. Es ist auch von zentraler Bedeutung, dass er die Geschäftsleitung in schwierigen Zeiten unterstützt: So muss er in der Lage sein, Zweifel zu äussern und die Ausrichtung vor der Entscheidungsfindung zu hinterfragen. Nachdem die Entscheidung getroffen wurde, sollte er dann eine unerschütterliche Unterstützung bieten. Dies stärkt das gegenseitige Vertrauen. Schliesslich tragen eine klare Kommunikation, bei der man sagt, was man macht, und macht, was man sagt, sowie abgesprochene und verständliche Entscheidungen dazu bei, die Unsicherheit zu verringern und die kollektive Resilienz zu stärken.

swissVR Monitor: Laut unserer Befragung unter Verwaltungsratsmitgliedern besteht eines der grössten Hindernisse für Unternehmen in der Knappheit an Personal, das auf Resilienz ausgerichtet ist. Was bedeutet dies für den Verwaltungsrat? Ist ein Spezialist für Resilienz vonnöten?

Alexandra Post: Es ist nicht unbedingt notwendig, einen eigens zuständigen Spezialisten für die Resilienz- und Unternehmenskulturbelange zu ernennen. In erster Linie kommt es darauf an, dass der Verwaltungsrat glaubwürdig und vertrauenerweckend ist. Er muss erfahrene Personen mit sich ergänzenden Kompetenzen zusammenbringen, die in der Lage sind, einen kühlen Kopf zu bewahren und in einem komplexen Marktumfeld den nötigen Abstand zu gewinnen. Dabei muss er das manchmal schwierige Gleichgewicht zwischen Anspruch und Einfühlungsvermögen finden. Ich schätze Verwaltungsräte, die rationale Profile, die einen gewissen Abstand bewahren, mit Mitgliedern kombinieren, die eher auf die menschlichen Auswirkungen von Entscheidungen achten: Das ist oft eine äusserst erfolgreiche Kombination.

swissVR Monitor: Gemäss unserer Studie berichten nur wenige Geschäftsleitungen dem Vorstand regelmässig in Bezug auf die ökologische Resilienz (Stichwort: Nachhaltigkeit). Ist dieses Thema für Sie optional oder unerlässlich?

Alexandra Post: Für uns ist es von zentraler Bedeutung. Die Aktionärsfamilie hat starke Überzeugungen in puncto Umweltbewusstsein. Jedes Jahr überprüfen wir die Nachhaltigkeitsstrategie im Verwaltungsrat und ziehen Bilanz, was die Fortschritte bei der Erreichung unserer Ziele angeht. Bislang waren die Reduktion der CO2-Bilanz und ein ökologischer Anbau unsere wichtigsten Prioritäten. Dieses Jahr weiten wir unseren Ansatz auf weitere ESG-Kriterien wie Biodiversität und Wassermanagement aus. Die in unserer Branche erzielten Fortschritte sind wertvolle Vergleichs- und Benchmarkingpunkte, die es uns ermöglichen, uns zu positionieren und weitere Verbesserungsmöglichkeiten zu identifizieren.

swissVR Monitor: Mit welchen Aspekten sollte sich ein Bericht über ökologische Resilienz in erster Linie beschäftigen, wenn ein Unternehmen einen solchen Bericht realisieren möchte?

Alexandra Post: Das hängt natürlich stark vom Tätigkeitsbereich ab. In unserem Fall sollte sich der Bericht hauptsächlich mit der CO2-Bilanz, dem ökologischen Anbau der Weinstöcke und im weiteren Sinne auch mit den Schlüsselindikatoren befassen, die das ökologische und soziale Engagement des Unternehmens widerspiegeln.