Werner Doralt sieht einen offenkundigen Widerspruch in der Besteuerung von Sachbezügen im Vergleich zu Barbezügen („Das Sachbezüge Paradoxon“). Der Barlohn und der Sachbezug würden ungleichmäßig besteuert. Eine Verletzung des Gleichheitsgrundsatzes und des Leistungsfähigkeitsprinzipes lägen vor. Die sich seit der Nachkriegszeit erhaltene heutige (Verwaltungs-) Praxis wäre gesetzwidrig. [1]
Doralt sieht den Widerspruch darin, dass der Sachbezug einen Nettolohn darstellen würde. Muss der Dienstnehmer für den Sachbezug (beispielsweise die Wohnung) in Höhe von € 1.000,00 selbst aufkommen, dann benötige er in einer Progressionsstufe von 50 % einen Bruttobezug von € 2.000,00, damit er sich den Sachwert von € 1.000,00 leisten könne. Um zum richtigen Ergebnis zu kommen, müsste man beim Sachbezug die Lohnsteuer genauso ermitteln, wie bei einer Nettolohnvereinbarung („hinaufrechnen“; Doralt verweist auf LStR Rz 1200)[2]
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Der vermeintliche Widerspruch lässt sich einfach auflösen. Ein Sachbezug wird in der Praxis tatsächlich genauso besteuert wie ein Barlohn. Denn in den allermeisten Fällen hat der Dienstnehmer tatsächlich auch die Lohnsteuer, die auf den Sachbezug entfällt, zu übernehmen und zu tragen. Diese wird ihm von seinen übrigen Barbezügen abgezogen.
Die Auflösung des vermeintlichen Widerspruches liegt in der Frage der Hinaufrechnung (Hochrechnung) des Sachbezuges im Falle der Übernahme der Lohnsteuer für den Sachbezug durch den Dienstgeber. Tatsächlich kommt es vor, dass dem Dienstnehmer ein Sachbezug zugewendet wird, wobei der Dienstgeber auch die darauf entfallende Lohnsteuer übernimmt. Beispielsweise ist es in der Praxis durchaus üblich, dass der Dienstgeber auch die Lohnsteuer für Sachgeschenke übernimmt. In diesen Fällen erfolgt auch in der Praxis eine Hochrechnung des Sachbezuges, damit der übrige Nettobezug des Dienstnehmers nicht durch eine Lohnsteuer für den Sachbezug belastet wird. Der Dienstgeber übernimmt in diesen Fällen die Lohnsteuer, die auf das Sachgeschenk entfällt (nach dem Motto: „der Dienstnehmer hätte mit dem Geschenk keine Freude, wenn er dafür auch Lohnsteuer zahlen würde“). Die Übernahme dieser Lohnsteuer stellt natürlich eine Erhöhung des Sachbezuges dar, die selbstverständlich auch den übrigen Lohnnebenkosten unterliegt.
Zusammenfassend lässt sich daher festhalten, dass die Besteuerung von Sachbezügen in der Praxis in keiner Weise gesetzwidrig erfolgt. Das vermeintliche Paradoxon liegt im Missverständnis darüber, dass in der Praxis der Dienstnehmer die auf die Sachbezüge entfallende Lohnsteuer selbst trägt (zu Lasten des übrigen Barbezuges einbehalten) und dass der von der Finanzverwaltung veröffentlichte Sachbezug keinen Nettolohn darstellt. Selbstverständlich wird in den Fällen einer Nettolohn‑Sachbezugszuwendung (Sachgeschenke) eine höhere Lohnsteuer durch Hochrechnung berechnet und abgeführt, wenn die Lohnsteuer vom Dienstgeber übernommen wird. Die Welt der Personalverrechnung ist somit völlig in Ordnung.
[1] vgl. Doralt in RdW 11/2014, S. 668f; Wirtschaftsblatt 13.11.2014, Recht & Steuern, S. 23
[2] vgl. Doralt in RdW 11/2014, S. 668