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Interview mit Cornelia Gut-Villa

Geschäftsführerin Stiftung Startfeld

Innovationen in Start-ups und KMUs

Dr. Cornelia Gut-Villa

Geschäftsführerin Stiftung Startfeld
Dr. Cornelia Gut-Villa hat an der Universität Zürich studiert und verfügt über 20 Jahre Erfahrung im Banking, Strategieberatung und Start-up Coaching. Sie ist u.a. Geschäftsführerin der Stiftung Startfeld, welche Jungunternehmer in der Seed-Phase finanziert.

Weiter ist sie im Board des Swiss ICT Investor Club (SICTIC), welcher mit über 300 Investoren der grösste und aktivste Investorenclub der Schweiz ist. SICTIC gilt als erste Anlaufstelle für early-stage Technologie-Startups, die in der Schweiz domiziliert sind und eine Anschubfinanzierung durch «smart money» suchen. Weiter ist sie auch in verschiedenen Verwaltungsräten (u.a. SIHAG Swiss Industrial Holding AG, MyDent AG) und sie ist im Vorstand von swissVR.

swissVR Monitor: Was unterscheidet den Innovationsprozess in Start-ups und KMUs im Vergleich zu grösseren Unternehmen?

Cornelia Gut-Villa: Die Start-ups sind aufgrund ihrer Grösse viel agiler und können auf sich verändernde Rahmenbedingungen viel rascher reagieren. Es bestehen keine starren Strukturen und Bewilligungsprozesse, damit neue Ideen überhaupt diskutiert werden können. Die Gründer von Startups sowie auch die Mitarbeitenden haben häufig einen anderen Spirit. Sie wollen etwas bewegen und existierende Probleme möglichst effizient lösen.

swissVR Monitor: Welche Formen der Innovationstätigkeit – wie zum Beispiel Innovation Labs – sind in Start-ups und KMUs besonders erfolgsversprechend?

Cornelia Gut-Villa: Als Voraussetzung für Innovation ist eine Kultur notwendig, die es allen Mitarbeitenden erlaubt, Ideen für bestehende oder auch neue Produkte oder Dienstleistungen im Berufsalltag einzubringen. Alle Mitarbeitenden sollten sich als Teil des Unternehmens verstehen und den Mut haben, auch bestehende Prozesse, Produkte und Dienstleistungen zu hinterfragen, ansonsten wird dies nur ein neuer Anbieter machen. Es sollte genügend Vertrauen in die Mitarbeitenden vorhanden sein, dass neue Ideen – welche vielleicht zu Beginn absurd scheinen – trotzdem mal weiterverfolgt werden können. Auch KMUs können entsprechende Gefässe schaffen. So zum Beispiel interne Ideen Pitch Wettbewerbe und jene Ideen mit dem grössten Potential bekommen dann eine gewisse Zeitgutschrift bzw. auch einen finanziellen Beitrag, an ihrer Idee weiterzuarbeiten. Die Mitarbeitenden von KMUs können dann in gewissen Zeitfenstern an ihren Ideen in internen oder auch externen Innovation Labs arbeiten und werden z. T. vom Alltagsgeschäft für eine gewisse Zeitdauer freigestellt. Dabei muss darauf geachtet werden, dass das Umfeld die Kreativität fördert und der Austausch mit potenziellen Kunden möglich ist.

swissVR Monitor: Welche sind die ausschlaggebenden Faktoren, die es braucht, damit Innovationen in Start-ups und KMUs zustande kommen?

Cornelia Gut-Villa: Eine Innovation muss vom Markt und den Kunden wertgeschätzt werden und einen Nutzen bringen. Dieses Produkt / Markt Fit muss von Beginn an immer wieder getestet werden und potentielle Kunden müssen von Anfang an miteinbezogen werden. Es muss ein Bewusstsein vorhanden sein, dass bestehende Produkte / Dienstleistungen in der Zukunft nicht mehr gefragt sein könnten. Gleichzeitig muss es aber gelingen, dass nicht eine zwei Klassenkultur entsteht bei KMUs, sodass es die «innovativen» Mitarbeitenden gibt, welche für die Zukunft des Unternehmens arbeiten, und der Rest der Firma sich um die traditionellen klassischen Produkte kümmert. Ein Unternehmen ist ein lernendes System und sollte sich stetig den neuen Rahmenbedingungen anpassen, wenn es auch nur die kleinsten Prozessveränderungen sind. Nur so bleibt es zukunftsfähig und wird nicht «disrupted».

swissVR Monitor: Was können grosse Unternehmen von kleineren Betrieben und Start-ups beim Thema Innovation lernen?

Cornelia Gut-Villa: Lernen können sie von der Begeisterung von Start-up Gründern, wenn sie über ihre Produktidee sprechen, und vom Funkeln in ihren Augen. Die Gründer sind neugierig und sind «Macher», sie sehen die Chancen und gewichten die Risiken weniger. Das kann dazu führen, dass sie auch Fehler machen, aber aus den Fehlern lernen sie sehr schnell.

swissVR Monitor: Welche Rolle spielt der Verwaltungsrat bei Innovationstätigkeiten?

Cornelia Gut-Villa: Der VR prägt die Kultur und muss somit die Voraussetzungen schaffen, damit die Mitarbeitenden verstehen, wofür das Unternehmen steht. Alle Mitarbeitenden sollen Wertschätzung erhalten und die Möglichkeiten sollen vorhanden sein, dass Ideen von der Basis auch weiter oben «Gehör» finden.

swissVR Monitor: Wo sind die Grenzen/Limitationen des Verwaltungsrats, wenn es um Innovationen in Unternehmen geht?

Cornelia Gut-Villa: Das Unternehmen hat auch nur beschränkte finanzielle Mittel zur Verfügung und es können nicht alle Ideen weiterverfolgt werden. Die strategische Stossrichtung muss vom VR vorgegeben werden und in diesen strategischen Bereichen braucht es stetige Innovationen. Unternehmen können dazu auch eine institutionalisierte Stelle schaffen, welche sich intensiv mit Innovationen am Markt auseinandersetzt und periodisch auch dem VR rapportiert. Um keine Innovationen zu verpassen, können Unternehmen auch in Start-up Netzwerken (u.a. Sictic www.sictic.ch) aktiv tätig sein.

swissVR Monitor: Wo können sich Unternehmen Hilfe holen oder unterstützen lassen, wenn Sie Ihre Innovationsfähigkeit verbessern wollen?

Cornelia Gut-Villa: Etablierte Unternehmen können sich auch von Startups inspirieren lassen. Dazu kann der Austausch in einem Innovationsnetzwerk wie zum Beispiel dem Innovationsnetzwerk Startfeld (www.startfeld.ch) in der Ostschweiz dienen. KMUs können im Startfeld Impulse zu Ihren Geschäftsmodellen, Produkten oder Dienstleistungen in einem inspirierenden Umfeld erhalten, wo die Kreativität und das Denken «out of the box» angeregt wird.