Deloitte: R&D wurde im Deloitte-Bericht "Power Up Switzerland" als entscheidendes Element für die Sicherung der Wettbewerbsfähigkeit und des Wohlstands der Schweiz identifiziert. Was sind Ihrer Meinung nach die optimalen Förderbedingungen und Rahmenbedingungen, um die Forschung&D in der Schweiz anzukurbeln?
André Muff: R&Die F&E-Rahmenbedingungen in der Schweiz werden durch die Bildungseinrichtungen des Landes gut unterstützt, die über eine gute globale Reichweite und ein gutes Netzwerk verfügen. Schweizer Universitäten, wie die ETH/EPFL, und Fachhochschulen sind sowohl lokal als auch weltweit bekannt und arbeiten eng mit der Industrie und den Unternehmen zusammen. Zum Beispiel ist Siemens Smart Infrastructure Building Products, kurz SI BP, in Zug ein wichtiger Forschungspartner der HSLU, der Hochschule Luzern. Als Head of R&D von SI BP bin ich Mitglied des Governing Council der HSLU und aktiv an der Festlegung der strategischen Ausrichtung und der Gestaltung des Lehrplans der Institution beteiligt.
Die liberale Politik des Landes spielt ebenfalls eine Rolle bei der Anwerbung ausländischer Fachkräfte für Forschung und Entwicklung&, was angesichts des begrenzten Pools an Forschungs- und Entwicklungstalenten in der Schweiz besonders wichtig ist&. Bestimmte Kantone wie Zug - mit seinem multinationalen Umfeld, seinem Innovationsfokus, seiner Geschäfts- und Kundenorientierung und seinen schnellen und unbürokratischen Prozessen - sind sehr offen für die Anwerbung ausländischer Talente.
Diese Offenheit hat es SI BP ermöglicht, durch eine ideale Mischung aus internationalen Onshore- und Offshore-Forschungsteams grossartige lokale und globale F&D-Kompetenzen aufzubauen.&D-Teams. Sie ermöglicht es uns auch, neue Entwicklungen aus der Schweiz heraus voranzutreiben, um sie an Offshore-Forschungsstandorten auf der ganzen Welt zu implementieren und zu lokalisieren&. Starke Verbindungen zu lokalen Verwaltungen und Bildungseinrichtungen helfen beim Aufbau hervorragender F&D-Netzwerke.
Deloitte: Zu einem attraktiven Rahmen für F&D gehört die Teilnahme an internationalen Forschungsinitiativen. Welche Folgen hat die Unterbrechung der Teilnahme an Horizon Europe (der grössten internationalen Forschungsinitiative der Welt) für den F&D-Standort Schweiz?
André Muff: Da die Siemens AG ihren Hauptsitz in Deutschland hat und weltweit präsent ist, sind wir von der gestörten Beteiligung der Schweiz an Horizon Europe nicht wirklich direkt betroffen. Obwohl die Geschäftseinheit SI BP ihren Sitz in Zug hat, wird in der Schweiz nur angewandte Forschung betrieben, während die wissenschaftliche Grundlagenforschung von unserer Technologieeinheit in München, Deutschland, und weltweit betrieben wird. Wir arbeiten jedoch mit Innosuisse, der Schweizer Innovationsagentur in der Schweiz, an mehreren Forschungsprojekten zusammen.
Horizon Europe ist besonders wichtig für die Schweizer Universitäten und Fachhochschulen, die von der Unterbrechung der Teilnahme negativ betroffen sind - vor allem, was die Gewinnung von Talenten und den erhöhten Verwaltungsaufwand für die Zusammenarbeit betrifft. Dies wiederum kann sich auch auf Industrien und Unternehmen auswirken.
Deloitte: Es ist von entscheidender Bedeutung, die richtigen Talente für die Forschung zu gewinnen und zu entwickeln. Wie beurteilen Sie den derzeitigen Talentpool für Forschung und Entwicklung in der Schweiz&?
André Muff: Generell hat der Mangel an Talenten in der Schweiz in den letzten Jahren zugenommen. Es ist eine echte Herausforderung, Fachleute mit den richtigen technischen Kenntnissen zu finden. Die Finanzierung von MINT-Fächern - Wissenschaft, Technologie, Ingenieurwesen und Mathematik - ist nach wie vor ein Problem. Es muss mehr in die Schulen und in die Berufsausbildung investiert werden. Es ist wichtig, Lehrer in MINT-Themen auszubilden, und zwar bereits auf der Ebene der Grundschulen. Bei den Investitionen in die Bildung muss berücksichtigt werden, dass diese digitalen Fähigkeiten in Zukunft von entscheidender Bedeutung sein werden, da sich die gesamte Welt zunehmend in Richtung Digitalisierung bewegt.
Der Wettbewerb um Talente mit digitalen und Software-Fähigkeiten ist hart, und Unternehmen wie Siemens stellen fest, dass viele junge Talente sich zu Beginn ihrer Karriere für große Tech-Unternehmen entscheiden.&Wir sind jedoch zunehmend in der Lage, Fachleute aus dem Bereich Forschung und Entwicklung für uns zu gewinnen, selbst von grossen Technologieunternehmen, indem wir interessante und abwechslungsreiche&F&E-Möglichkeiten anbieten.
Deloitte: Die Etablierung einer Innovationskultur ist einer der wichtigsten Erfolgsfaktoren, um Spitzenleistungen in der Forschung&D zu erzielen. Wie fördern Sie ein günstiges Umfeld für Innovation und Forschung&D?
André Muff: Es gibt mehrere Elemente, um Exzellenz in Forschung und Entwicklung zu schaffen&und sich zu differenzieren. Bei den meisten geht es darum, die bestehende Innovationszusammenarbeit innerhalb neuer Netzwerke und Ökosysteme zu verstärken.
Zum Beispiel: mehr Co-Creation mit Kunden, die Schaffung von speziellen Räumen für Innovation innerhalb des Unternehmens, wie z.B. Ideen-Booster, Team-Challenges und so weiter, oder die Organisation von R&D-Challenges und Wettbewerben mit Universitäten. Die richtige Zusammensetzung der R&D-Teams ist ebenfalls wichtig, um Innovationsexzellenz zu erreichen, z.B. durch eine perfekte Mischung aus lokalen und globalen Teammitgliedern.
Darüber hinaus ist es bei F&E-Prozessen wichtig, nicht nur den Raum, sondern auch die Zeit zu haben, um neue Ideen zu entwickeln. Zu einer solchen Innovationskultur sollte auch Raum für "Fehlschläge" gehören. Wenn einem R&D-Team ein Fehler unterläuft, ist es von Vorteil, diesen innerhalb der Organisation breit zu diskutieren, damit andere Teams daraus lernen und sich weiterentwickeln können. Es sollte nicht nur darum gehen, die R&D-Erfolge zu feiern - Sie können sogar noch mehr aus den Fehlern lernen.
Deloitte: Die Forschung und Entwicklung&profitiert immens von der Bildung von Clustern, der Zusammenarbeit mit externen Partnern und der Tätigkeit als Teil eines Ökosystems. Wie arbeiten Sie mit Ihren externen Partnern zusammen, um Ihre F&E-Bemühungen zu fördern?
André Muff: SI BP arbeitet in grossem Umfang mit Universitäten und Fachhochschulen zusammen. Wir sponsern zum Beispiel Professuren, Masterprogramme usw., um sowohl Talente als auch Ideen zu fördern. An der HSLU sind wir nicht nur Teil des Governing Council, sondern teilen uns auch Labore mit der Universität und arbeiten eng mit deren Softwareabteilung zusammen. Wir haben ähnliche Kooperationen mit anderen Universitäten in der Schweiz, wie der ETH und der EPFL.
Customer Co-Creation ist ein sehr wichtiger Prozess für unser Unternehmen. Wir laden Interessengruppen, in der Regel Kunden oder Lieferanten, zur Teilnahme an einem Design- oder Problemlösungsprozess ein, um ein für beide Seiten vorteilhaftes Ergebnis zu erzielen. Zu diesen Ergebnissen können neue Produktideen, Möglichkeiten zur Überwindung aktueller Designbeschränkungen oder sogar technische Lösungen für komplexe Fertigungsfragen gehören.
Wir führen auch Open-Source-Entwicklungen sowie Kooperationsprojekte innerhalb unserer Organisation durch, insbesondere im Softwarebereich. Schweizer Unternehmen sind jedoch eher konservativ, wenn es um Open Source in der Industrie geht. Mehr Schulungen und Ausbildung an Universitäten und Institutionen würden ebenfalls dazu beitragen, mehr Bereitschaft und Kapazitäten in diesem Bereich aufzubauen.