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Wichtige Änderungen im GmbH-Gesetz: Neue Regeln betreffend Stammkapital und Geschäftsführung

Die zuletzt erfolgten Änderungen des GmbH-Gesetzes (GmbHG), die insbesondere mit dem Gesellschaftsrechts-Änderungsgesetz (GesRÄG) 2023 und dem Gesellschaftsrechtlichen Digitalisierungsgesetz (GesDigG) 2023 in Kraft getreten sind, haben die Gesellschaftsform der österreichischen GmbH modernisiert und im europäischen Vergleich wieder wettbewerbsfähiger gemacht. Die Neuerungen des GmbHG sind zeitgleich mit der Einführung der Flexiblen Kapitalgesellschaft (FlexCo) in Kraft getreten, wodurch sie etwas in den Hintergrund geraten sind. Dennoch bieten sie sowohl für Neugründungen als auch für bestehende Gesellschaften erhebliche Chancen und stellen gleichzeitig neue Herausforderungen dar, die es zu beachten gilt.

Dieser Artikel gibt einen praxisorientierten Überblick über die wichtigsten Änderungen, insbesondere in Bezug auf das herabgesetzte Mindeststammkapital und die strenger gefassten Regeln für die Bestellung von Geschäftsführer:innen und welche Implikationen diese haben.
 

Absenkung des Mindeststammkapitals von EUR 35.000 auf EUR 10.000

Eine der weitreichendsten Änderungen des GesRÄG 2023 für die GmbH ist die Absenkung des gesetzlichen Mindeststammkapitals von bisher EUR 35.000 auf nunmehr EUR 10.000. Die Möglichkeit der "Gründungsprivilegierung", die eine Gründung mit einem geringeren Stammkapital über einen bestimmten Zeitraum ermöglichte, ist damit obsolet geworden. Diese Neuerung erleichtert die Gründung von GmbHs deutlich und bedeutet eine Senkung der (anfänglichen) Kapitalbindung für Gründer:innen. Die Absenkung des GmbH-Mindeststammkapitals auf EUR 10.000 sorgt dafür, dass sich die Kapitalanforderungen der österreichischen GmbH im Vergleich zu ähnlichen europäischen Kapitalgesellschaften nunmehr im mittleren Bereich befinden.

Praxistipps für Neugründungen:

Mit der Herabsetzung des Mindeststammkapitals reduzieren sich die Mindesteinlagen, was die – vor allem in der frühen Unternehmensphase wichtige – Liquidität schont. Statt der Mindesteinzahlung von EUR 17.500 sind nun lediglich EUR 5.000 in bar zu leisten.

Auch wenn das gesetzliche Mindeststammkapital nunmehr bei EUR 10.000 liegt, sollte das tatsächlich gewählte Stammkapital jedoch nicht leichtfertig festgelegt werden. Die Höhe sollte zur Branche, den geplanten Investitionen und dem Geschäftsrisiko passen. Ein höheres Stammkapital kann das Vertrauen von Banken und Geschäftspartner:innen stärken, während ein zu geringes Kapital das Risiko einer Überschuldung erhöht. Im Falle einer qualifizierten Unterkapitalisierung der Gesellschaft kann es sogar zu einem Haftungsdurchgriff auf den bzw. die Gesellschafter:in kommen. Eine solche qualifizierte Unterkapitalisierung liegt vor, wenn die Eigenkapitalausstattung durch die Gesellschafter:innen im Verhältnis zum Geschäftsumfang von vornherein eindeutig unzureichend ist, sodass eine besondere Gefährdung der Gläubiger:innen gegeben ist.

Praxistipps für bestehende GmbHs:

Die Absenkung des Mindeststammkapitals bringt nicht nur bei der Neugründung Vorteile mit sich, sondern auch für bereits bestehende GmbHs. Für GmbHs, die mit einem Stammkapital von EUR 35.000 oder mehr gegründet wurden, eröffnet die Gesetzesänderung die Möglichkeit einer Kapitalherabsetzung. Dies ist vor allem dann interessant, wenn das hohe gebundene Kapital nicht (mehr) benötigt wird und an die Gesellschafter:innen zurückgezahlt werden soll. Eine ordentliche Kapitalherabsetzung ist eine wirksame Maßnahme zur Veränderung des Eigenkapitals. Sie unterliegt zwar einem strengen Verfahren zum Schutz der Gläubiger:innen, kann jedoch im Vergleich zu einer Gewinnausschüttung steuerliche Vorteile bieten.

Praxistipps für bestehende gründungsprivilegierte GmbHs:

Für bereits bestehende gründungsprivilegierte Gesellschaften hat der Gesetzgeber eine Übergangsregelung geschaffen. Sie dürfen ihre Gründungsprivilegierung vorerst behalten. Im Gegensatz zur bisherigen Rechtslage entfällt die automatische Beendigung der Gründungsprivilegierung nach zehn Jahren.

Das bedeutet: Gesellschafter:innen einer gründungsprivilegierten GmbH müssen aktuell nichts unternehmen. Es sind weder zusätzliche Einzahlungen auf die Stammeinlagen erforderlich, noch muss das Stammkapital auf den neuen Mindestbetrag angepasst werden.

Zu beachten gilt jedoch, dass Änderungen des Gesellschaftsvertrags seit dem 1.1.2025 nur noch dann eingetragen werden, wenn gleichzeitig auch die Gründungsprivilegierung beendet wird. Jede Vertragsänderung ab diesem Datum muss also zusätzlich die Gründungsprivilegierung aufheben.

Neue Regeln bei der Bestellung von Geschäftsführer:innen: § 15 Abs. 1a und 1b GmbHG

Das GesDigG 2023 hat neue Hürden für die Bestellung von Geschäftsführer:innen eingeführt. Die §§ 15 Abs. 1a und 1b GmbHG sehen nun eine sogenannte "Disqualifikation" vor, die Personen von der Funktion als Geschäftsführer:in ausschließt, wenn bestimmte strafgerichtliche Verurteilungen gegen sie vorliegen.

Die neuen Disqualifikationsgründe:

Die Novelle setzt eine europäische Digitalisierungsrichtlinie um und zielt darauf ab, die Integrität der Unternehmensführung zu stärken. Eine Person ist disqualifiziert, wenn sie in den letzten drei Jahren rechtskräftig wegen bestimmter Delikte verurteilt wurde, wie etwa: (i) Betrug (§ 146 StGB), (ii) Untreue (§ 153 StGB), (iii) Betrügerische Krida (§ 157 StGB), (iv) grob fahrlässige Beeinträchtigung von Gläubigerinteressen (§ 159 StGB), (v) diverse Delikte der betrügerischen Krida und anderer Insolvenzdelikte, sowie Geldwäsche (§ 165 StGB).

Die Disqualifikation gilt für drei Jahre nach Rechtskraft der Verurteilung und ist nicht nur auf inländische, sondern auch auf vergleichbare ausländische Verurteilungen anwendbar (§ 15 Abs. 1b GmbHG). Maßgeblich sind Verurteilungen, deren Rechtskraft nach dem 31.12.2023 eintritt.

Praxistipps für die Bestellung:

Vor der Bestellung eines Geschäftsführers sollten die Gesellschafter:innen eine sorgfältige Überprüfung vornehmen, um sicherzustellen, dass der bzw. die beabsichtigte Geschäftsführer:in keinen Disqualifikationsgrund gesetzt hat. Die neuen Regelungen verpflichten das Firmenbuchgericht, im Rahmen der Eintragung eine automatisierte Abfrage im Strafregister durchzuführen. Wird eine Person als Geschäftsführer:in bestellt, die disqualifiziert ist, so hat das Gericht die Eintragung abzulehnen. Es ist jedoch ratsam, dies im Vorfeld selbst zu prüfen, um die Bestellung nicht zu gefährden.

Bestehende Geschäftsführer:innen, die im Laufe ihrer Amtszeit disqualifiziert werden, müssen unverzüglich ihren Rücktritt erklären. Dieser wird nach 14 Tagen wirksam. Daraus folgt jedoch nicht, dass die Bestellung einer disqualifizierten Person automatisch unwirksam wäre. Im Gegenteil: Handlungen eines disqualifizierten Geschäftsführers gelten grundsätzlich als wirksam. Außerdem muss die Gesellschaft eine falsche oder nicht mehr zutreffende Eintragung im Firmenbuch gegen sich gelten lassen.

Fazit

Die jüngsten Änderungen im GmbHG bringen eine Reihe von Chancen aber auch Herausforderungen für die Praxis mit sich. Die Herabsetzung des Mindeststammkapitals auf EUR 10.000 erleichtert die Gründung und gibt bestehenden Unternehmen neue Möglichkeiten für Kapitalmaßnahmen. Gleichzeitig stellen die neuen Disqualifikationsgründe für Geschäftsführer:innen höhere Anforderungen an die Sorgfaltspflicht der Gesellschafter:innen bei der Bestellung.

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