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Rechtstipp: Fixkostenzuschuss: Nachteil für Pächter:innen ist laut VfGH verfassungskonform

Die Rückforderung von COVID-Hilfen beschäftigt nach wie vor die Gerichte. Und dabei kommt auch ein Thema wieder zur Sprache, das während der Pandemie für viele Rechtsstreitigkeiten gesorgt hat: der Entfall bzw. die Minderung des Bestandzinses, wenn ein Unternehmen seinen Geschäftsbetrieb vorübergehend einstellen oder einschränken musste.

Ein Unternehmenspächter, der Beherbergungsbetriebe betreibt, die auf Grundlage von Unternehmenspachtverträgen geführt werden, die jeweils für die Dauer von über einem Jahr abgeschlossen wurden, wurde von der COFAG auf Rückzahlung von Zuschüssen geklagt – obwohl er während des Betretungsverbots den vollen Pachtzins zahlen musste.

Der Unternehmenspächter wendete im zivilgerichtlichen Verfahren ein, dass das Bestandobjekt auch während aufrechter behördlicher Betretungsverbote durchgehend zum vertraglich bedungenen Zweck nutzbar gewesen sei und ihm daher kein Bestandzinsminderungsrecht gemäß §1104 ABGB gegenüber dem Verpächterzugestanden sei. Darüber hinaus bestehe hinsichtlich eines allfälligen Bestandzinsminderungsrechts eine unterschiedliche Rechtslage hinsichtlich Miet- und Pachtverträgen. Im Rahmen eines Mietverhältnisses habe der Mieter bei einer teilweisen Einschränkung der Nutzungsmöglichkeit des Bestandobjekts Anspruch auf Zinsminderung; dem Pächter von länger als einem Jahr in Bestand gegebenen Objekten komme nach der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes ein solches Minderungsrecht nicht zu. Punkt 4.1.3 Fixkostenzuschuss-VO berücksichtige diese unterschiedliche Rechtslage nicht. Die Gleichbehandlung von Miete und Pacht im Hinblick darauf, dass für die Gewährung eines Fixkostenzuschusses eine sachgerechte Bestandzinsminderung vorgewiesen werden müsse, sei unsachgemäß und verfassungswidrig, weil dem Pächter eines länger als einem Jahr in Bestand gegebenen Objektes gerade kein Rechtsanspruch bzw. Gestaltungsrecht zukomme, auf eine sachgerechte Bestandzinsminderung (gegenüber dem Verpächter) hinzuwirken.

Das Handelsgericht Wien brachte die Sache vor den VfGH. Dieser entschied nun: Die zugrunde liegende Regelung sei nicht gleichheitswidrig.

Der Verfassungsgerichtshof hat im Zusammenhang mit der Gewährung finanzieller Maßnahmen durch die COVID-19 Finanzierungsagentur des Bundes GmbH wiederholt zum Ausdruck gebracht, dass dem Gesetzgeber bei staatlichen Beihilfen sowie bei der Beurteilung sozialer Bedarfslagen und daran anknüpfender, vom Staat gewährter Maßnahmen von Verfassungs wegen ein weiter Gestaltungsspielraum eröffnet ist. Die Gewährung finanzieller Maßnahmen, im Zuge der COVID 19-Pandemie, verfolgte ausweislich §2 Abs2 Z7 ABBAG-Gesetz, das Ziel durch Erhaltung der Zahlungsfähigkeit, Vermeidung einer insolvenzrechtlichen Überschuldung und Überbrückung von Liquiditätsschwierigkeiten die durch die COVID-19-Pandemie verursachten wirtschaftlichen Auswirkungen für Unternehmen abzufedern. Der Gesetzgeber ist an den Gleichheitsgrundsatz gebunden, wonach Förderungen an Unternehmen unter Beachtung des Gleichbehandlungsgebotes und nach sachlichen Kriterien zu gewähren sind.

Der Punkt 4.1.3 Fixkostenzuschuss-VO schränkt in der Folge diese Regelung ein. Bestandzinszahlungen, die für Zeiträume geltend gemacht werden, in denen das antragstellende Unternehmen direkt von einem behördlichen Betretungsverbot betroffen war, sind bei der Berechnung des Fixkostenzuschusses nur insoweit zu berücksichtigen, als das jeweilige Bestandobjekt in den relevanten Zeiträumen tatsächlich für die vertraglich bedungenen betrieblichen Zwecke nutzbar war. Das Ausmaß der tatsächlichen Nutzbarkeit hat das antragstellende Unternehmen anhand geeigneter Aufzeichnungen nachzuweisen. Als Nachweis können -so Punkt 4.1.3 Fixkostenzuschuss-VO- zwischen Bestandgeber:innen und Bestandnehmer:innen rechtswirksam abgeschlossene Vereinbarungen herangezogen werden, die den Grundsätzen des Fremdvergleichs entsprechen und eine endgültige Einigung auf eine auf Grund der eingeschränkten tatsächlichen Nutzbarkeit sachgerechte (ex ante Betrachtung) Bestandzinsminderung beinhalten. Liegt keine dieser Voraussetzungen erfüllenden Vereinbarungen vor, kann die tatsächliche Nutzbarkeit vereinfachend, anhand des dem Bestandobjekt zuzurechnenden Umsatzausfalls, ermittelt werden; dabei ist der für die Beantragung des Fixkostenzuschusses nach Punkt 4.2 Fixkostenzuschuss-VO ermittelte Prozentsatz des Umsatzausfalls als Ausgangspunkt der Berechnung heranzuziehen. Soweit der Umsatzausfall dem Bestandobjekt zuzurechnen ist, entspricht der sich daraus ergebende Prozentsatz dem prozentuellen Anteil der im Bestandvertrag vereinbarten Bestandzinsen, der auf Grund der eingeschränkten tatsächlichen Nutzbarkeit des Bestandobjektes nicht als Fixkosten geltend gemacht werden kann. Wurde von der COFAG für Zeiträume, in denen das antragstellende Unternehmen direkt von einem behördlichen Betretungsverbot betroffen war, ein (anteiliger) Fixkostenzuschuss  für Geschäftsraummieten und Pacht gewährt und unterschreitet der gemäß Punkt 4.1.3 Fixkostenzuschuss-VO zu berücksichtigende Betrag den von der COFAG für diese Fixkosten im Rahmen der Berechnung des gewährten Fixkostenzuschusses herangezogenen Betrag, hat eine anteilige Rückforderung des Fixkostenzuschusses in dem Ausmaß, in dem für den Differenzbetrag ein Fixkostenzuschuss gewährt wurde, zu erfolgen.

Das Handelsgericht Wien legte seine Bedenken gegen die Punkte 4.1.3 und 8.4 Fixkostenzuschuss-VO, die es zur Antragstellung an den Verfassungsgerichtshof bewogen haben, zusammengefasst wie folgt dar: Es verstoße gegen den Gleichheitsgrundsatz und gegen das Recht auf Unversehrtheit des Eigentums, dass die Fixkostenzuschuss-VO hinsichtlich der Gewährung und Rückforderung von Fixkostenzuschüssen nicht zwischen Miet- und Pachtverträgen unterscheide. Der von Punkt 4.1.3 geforderte Nachweis einer Vereinbarung, die eine sachgerechte Bestandzinsminderung enthalte, führe dazu, dass für Pächter:innen von über einem Jahr in Bestand gegebenen Objekten immer die vereinfachende Berechnungsmethode herangezogen werde, die in der Regel eine (unter Umständen sehr hohe) Rückforderung des Fixkostenzuschusses nach sichziehe. Sollte mit der angefochtenen Regelung das im öffentlichen Interesse liegende Ziel verfolgt werden, durch die Rückholung von Steuergeld den öffentlichen Haushalt zu entlasten, sei diese Regelung zwar zur Erreichung dieses Ziels geeignet, allerdings nicht erhältnismäßig. Das im öffentlichen Interesse liegende Ziel der Entlastung des öffentlichen Haushalts wiege nicht höher als der mit der Rückzahlung des Zuschusses verbundene, teilweise existenzbedrohende Eingriff in das Eigentum von Pächter:innen. Es sei nich erkennbar, weshalb nur die betroffene Personengruppe zur Rückzahlung verpflichtet würde, wenn dieser Gruppe gerade kein Rechtsanspruch auf Bestandzinsminderung zukomme.

Nach Auffassung des Verfassungsgerichtshofes liegt die behauptete Gesetz- bzw. Verfassungswidrigkeit nicht vor:

  • keine Bedenken gegen die Gleichbehandlung von Miet- und Pachtverhältnissen in Bezug auf den (teilweisen) Ersatz von Bestandszinszahlungen sowie das einheitliche Abstellen auf die tatsächliche Nutzbarkeit der Miet- und Pachtobjekte;
  • kein Verstoß gegen den Gleichheitsgrundsatz sowie das Recht auf Unversehrtheit des Eigentumsdurch die - im rechtspolitischen Gestaltungsspielraum des Gesetz-und Verordnungsgebers gelegene -Besserstellung des Pächters eines nur teilweise nutzbaren Pachtobjekts mit einer mehr als einjährigen Pachtdauer durch die Fixkostenzuschuss-VO gegenüber den zivilrechtlichen Gefahrtragungsregelungen, nach denen kein Recht auf Pachtzinsminderung besteht;
  • kein Verstoß gegen den Grundsatzdes Vertrauensschutzes wegen Absehbarkeit der Pflicht zur Entrichtung des gesamten Pachtzinses sowie der Möglichkeit des Nichtbestehens eines Anspruchs bereits im Zeitpunkt der Gewährung des Fixkostenzuschusses.

Wir stehen Ihnen sehr gerne für die Durchsetzung von Ansprüchen im Zusammenhang mit COVID-19 Förderungen zur Verfügung!

 

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