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Normenprüfungsverfahren zur Stabilitätsabgabe

Verletzung des Gleichheitssatzes und der Eigentumsfreiheit?

Überblick

Der jüngst vom Bundesfinanzgericht (BFG) thematisierte Sachverhalt wirft bedeutsame verfassungsrechtliche Fragen auf, welche die Struktur der Stabilitätsabgabe und die Gleichbehandlung von Kreditinstituten betreffen: § 2 Abs 2 Z 3a StabAbgG sieht unter bestimmten Voraussetzungen die Abzugsfähigkeit von geleisteten Liquiditätsreserven im Bankenverbund von der Bemessungsgrundlage der Stabilitätsabgabe vor. Nach der Ansicht des VwGH sind diese nur im dreistufigen Bankenverbund abzugsfähig, nie aber im zweistufigen. Das BFG hat im Anlassfall nun einen Normenprüfungsantrag an den VfGH gestellt.

Sachverhalt

Die Beschwerdeführerin, ein Kreditinstitut gemäß § 1 BWG, ist Teil eines zweistufigen Bankenverbunds und verpflichtet, eine Liquiditätsreserve zu halten. Der Verwaltungsgerichtshof (VwGH) entschied (VwGH 20. 11. 2024, Ro 2024/13/001), dass die Abzugsfähigkeit der Liquiditätsreserve nur in einem dreistufigen Bankenverbund zulässig ist, was das BFG (BFG 14. 4. 2025, RN/3100001/2025) als Verletzung des Gleichheitssatzes und der Eigentumsfreiheit interpretiert.

Normenprüfungsantrag des BFG und rechtliche Einordnung

Das BFG sieht vor allem verfassungsrechtliche Bedenken im Hinblick auf § 2 Abs 2 Z 3a StabAbgG, die es wie folgt begründet.

  • Verstoß gegen den Gleichheitssatz: Die Besteuerung der Liquiditätsreserve in einem zweistufigen Bankenverbund, während diese in einem dreistufigen System abgezogen werden kann, stellt laut BFG eine unsachgemäße Ungleichbehandlung dar.
  • Ungleichbehandlung von Liquiditätsreserven und gedeckten Einlagen: Das Gesetz sieht vor, dass gedeckte Einlagen von der Bemessungsgrundlage abgezogen werden können, um eine Doppelbesteuerung zu vermeiden. Das BFG argumentiert, dass auch Liquiditätsreserven abziehbar sein sollten, um eine konsistente steuerliche Behandlung zu gewährleisten.
  • Benachteiligung des zweistufigen gegenüber dem dreistufigen Bankenverbund: Die Möglichkeit der Abzugsfähigkeit der Liquiditätsreserve besteht im dreistufigen, nicht jedoch im zweistufigen Bankenverbund, was nach Ansicht des BFG eine gleichheitswidrige Ungleichbehandlung darstellt.
  • Verstoß gegen die Eigentumsfreiheit: Die Nicht-Abzugsfähigkeit der Liquiditätsreserve im zweistufigen Verbund führt laut BFG zu einer unverhältnismäßigen Belastung der Eigentumsfreiheit.

Der Gesetzgeber hat ein Ordnungssystem geschaffen, das den Abzug von risikoarmen Bilanzposten von der Bemessungsgrundlage der Stabilitätsabgabe vorsieht. Hierbei wird kritisiert, dass dieses System durch nicht abziehbare Liquiditätsreserven im zweistufigen Bankenverbund inkonsistent gestaltet ist. Während der VfGH dem Gesetzgeber grundsätzlich zugesteht, von einem selbst geschaffenen System abzuweichen, erfordert dies dennoch eine zwingende sachliche Rechtfertigung – eine solche liegt nach Ansicht des BFG im vorliegenden Fall nicht vor.

Die zentrale Frage ist daher, ob eine Unterscheidung zwischen der Abzugsfähigkeit in zwei- und dreistufigen Bankenverbünden tatsächlich sachlich gerechtfertigt ist.

Im dreistufigen Bankenverbund müssen zwei unterschiedliche Arten von Liquiditätsreserven gehalten werden: Die Liquiditätsreserve, die bei der Landesbank als Zentralinstitut des Primärinstituts gehalten wird, wird gem § 27a vorletzter Satz BWG nicht in die Bemessungsgrundlage der Liquiditätsreserve einbezogen, welche die Landesbank bei ihrem Zentralinstitut oder einem anderen Institut iSd § 27a BWG halten muss. Dennoch sieht die Rsp des VwGH die Möglichkeit vor, diese Liquiditätsreserve im dreistufigen Bankenverbund abzuziehen, was im zweistufigen Bankenverbund nicht vorgesehen ist. Darin liegt nach Ansicht des BFG eine gleichheitswidrige Ungleichbehandlung. Nach dem Wortlaut des § 2 Abs 2 Z 3a StabAbgG bestünde nicht die Möglichkeit, die Liquiditätsreserve bei dem leistenden Kreditinstitut im zweistufigen Bankenverbund abzuziehen, da bei diesem niemals Verpflichtungen „aus der Erfüllung des Liquiditätserfordernisses“ (§ 27a BWG) „entstehen“. Diese erlangen vielmehr einen Anspruch auf Liquiditätsunterstützung im Bedarfsfall. Zudem besteht die Abzugsfähigkeit nur dann, wenn Forderungen an das Zentralinstitut bestehen. Die Auslegung des VwGH führt also nur dazu, dass letztlich eine Dreifachbesteuerung der Liquiditätsreserve im dreistufigen Bankenverbund verhindert wird (beim Primärinstitut, bei der Landesbank und beim Zentralinstitut), indem die Landesbanken die Liquiditätsreserve, die sie bei ihrem Zentralinstitut halten, abziehen können. Dadurch wird die Liquiditätsreserve einmal beim Primärinstitut (durch die dortige Nichtabzugsfähigkeit) und einmal beim Zentralinstitut der Landesbank (durch die dortige Erhöhung der Bilanzsumme) zweifach besteuert, jedoch nicht dreifach.

Diese Problematik ist eng verknüpft mit der Fragestellung, ob in Bezug auf die Systematik der Abzugsposten die unterschiedliche Behandlung von Liquiditätsreserven und gedeckten Einlagen rechtfertigbar ist. Die steuerliche Abzugsfähigkeit von gedeckten Einlagen wurde eingeführt, um eine Doppelbesteuerung zu vermeiden. Vor diesem Hintergrund scheint die Frage berechtigt, ob dieses Argument auch iZm der Liquiditäsreserve zulässig ist.

Fazit

Die aktuelle Entwicklung und die Argumente des BFG werfen bedeutende rechtliche Fragen auf. Es bleibt abzuwarten, zu welchem Ergebnis das Normenprüfungsverfahren führt.

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