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BFH: Unionsrechtswidrigkeit der Besteuerung ausländischer Fonds in Deutschland

Der Bundesfinanzhof (BFH) entschied, dass ausländische Investmentfonds, welche mit Kapitalertragsteuer belastete Dividenden deutscher Aktiengesellschaften bezogen haben, Anspruch auf Erstattung der eingehobenen Kapitalertragsteuer zusteht.

Überblick 

 

Der BFH entschied mit Urteil vom 13.03.2024 (I R 1/20, veröffentlicht am 20.8.2024), dass ausländische Investmentfonds, die unter der Geltung des deutschen Investmentsteuergesetzes (InvStG) 2004 mit Kapitalertragsteuer belastete Dividenden deutscher Aktiengesellschaften bezogen haben, einen unionsrechtlichen Anspruch auf Erstattung dieser Steuer inkl. Zinsen haben. Schätzungen des Bundesrechnungshofs zufolge sollen sich die Rückforderungen auf eine Gesamtsumme im Milliardenbereich belaufen. Auch österreichische (Spezial-)fonds könnten von dieser Entscheidung profitieren.  

In its ruling of 13 March 2024 (I R 1/20), the Federal Fiscal Court (Bundesfinanzhof, BFH) decided that foreign investment funds that received dividends from German stock corporations that were subject to capital yields tax under the German Investment Tax Act (InvStG) 2004 are entitled under EU law to a refund of this tax including interest. According to estimates by the Federal Court of Auditors, the total sum of the claims for repayment is expected  to be in the billions. Austrian investment funds could also benefit from this decision.  

Hintergrund 

 

Ausländische Investmentfonds sahen sich in Deutschland mehrere Jahre lang mit erheblichen Hindernissen konfrontiert, wenn es darum ging, Rückerstattungen von deutscher Kapitalertragsteuer zu erhalten, die auf deutsche Dividendenerträge abgeführt wurde, da ihre Ansprüche von den deutschen Steuerbehörden immer wieder blockiert wurden. Sie mussten über Jahre Kapitalertragsteuern auf Dividenden deutscher Unternehmen zahlen. Im Gegensatz dazu waren deutsche Investmentfonds von dieser Steuerlast befreit. 

Klage als Folge der Ungleichbehandlung 

 

Ein französischer Investmentfonds war der Meinung, dass diese Praxis gegen EU-Recht verstoßen würde und beantragte daher die Erstattung dieser Steuern. Als Begründung dafür wurde angeführt, dass ein in Frankreich ansässiger Fonds mit einer vom Kapitalertragsteuerabzug befreiten inländischen Investmentaktiengesellschaft typengleich sei. Die im deutschen Investmentsteuerrecht angelegte Ungleichbehandlung von in- und ausländischen Fonds sei nicht zu rechtfertigen und deshalb nach dem allgemeinen Gleichbehandlungsgrundsatz der Erstattungsanspruch gegeben. Darüber hinaus konnte die deutsche Kapitalertragsteuer wegen fehlender Besteuerung des Fonds in Frankreich nicht entsprechend den Vorschriften des DBA auf eine französische Steuer angerechnet werden. Das zunächst angerufene Finanzgericht folgte dieser Argumentation nicht und wies die Klage ab. 

Entscheidung des BFH 

 

Der BFH sah die Sache anders. Der BFH berief sich dabei auf die bereits ergangene Rechtsprechung zu Spezialimmobilienfonds (vgl. BFH-Urteil vom 11.10.2023 (I R 23/23 (I R 33/17)) und die einschlägig Rechtsprechung des EuGH (Urteil vom 27.04.2023, Az. C-537/20), wonach auch einem ausländischen Fonds Steuervergünstigungen zugestanden werden müssen. Die steuerliche Benachteiligung ausländischer Fonds verstoße nämlich gegen den Grundsatz des freien Kapitalverkehrs nach Artikel 63 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV). Die bei der Ausschüttung an den Kläger angefallene Kapitalertragsteuer muss daher an diesen zurückerstattet werden. Darüber hinaus hat der BFH entschieden, dass der Kläger einen (unionsrechtlichen) Anspruch auf Verzinsung des Erstattungsbetrages hat. 

Information zur derzeitigen deutschen Rechtslage 

 

Das o.g. Urteil erging noch zur Rechtslage des InvStG 2004. Mit Einführung des neuen InvStG 2018 zum 01.01.2018 unterliegen sowohl inländische als auch ausländische Fonds gemäß § 6 InvStG 2018 grundsätzlich gleichermaßen der Körperschaftsteuerpflicht. 

Ein aktueller Handlungsbedarf kann sich jedoch noch für anhängige Rückerstattungsverfahren für Zeiträume bis 2018 ergeben, weil der Antrag bis dato vom deutschen Bundeszentralamt für Steuern  noch nicht bearbeitet wurde oder aufgrund des o.g. Verfahrens ruhend gestellt wurde. In diesen Fällen empfehlt sich unter Umständen im Einzelfall, die vom BFH geforderte Vergleichbarkeit des ausländisches Zweckvermögens für einen österreichischen Investmentfonds in einem anhängigen Rückerstattungsverfahren nachzuweisen.  

Fazit 

 

Die Entscheidung des BFH ist von beträchtlicher finanzieller Tragweite, da zahlreiche ausländische Fonds vergleichbare Erstattungsanträge gestellt haben. Die Steuerrückzahlungen, zu entrichten an diverse im Ausland ansässige Investmentfonds, werden sich schätzungsweise auf eine Gesamtsumme im Milliardenbereich belaufen. Für österreichische Investmentfonds bestehen gute Gründe die vom BFG geforderte Vergleichbarkeit mit einem deutschen Investmentfonds darzulegen und somit in noch anhängigen Rückerstattungsverfahren die Rückforderungsansprüche inklusive Zinsen geltend zu machen.  

 

 

 

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