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EuGH Högkullen AB – Schlussanträge im Spannungsfeld zwischen Umsatzsteuer und Verrechnungspreisen

Im März 2025 wurden die Schlussanträge zu Högkullen AB (C-808/23) veröffentlicht.

Generalanwältin Kokott befasste sich mit einem Vorabentscheidungsersuchen des Obersten Verwaltungsgerichts in Schweden zu Leistungsbeziehungen einer beherrschenden Holding an ihre Tochtergesellschaften. Insbesondere geht es um die Frage, wie die umsatzsteuerliche Bemessungsgrundlage für Ausgangsleistungen der Holding an ihre Töchter zu bestimmen ist. Kommt eine Mindestbemessungsgrundlage nach Art. 80 Abs. 1 lit a MwStSystRL für Transaktionen zwischen verbundenen Unternehmen zur Anwendung oder ist ein umsatzsteuerlicher Normalwert anhand von Vergleichspreisen für bestimmte Leistungen nach Art. 72 MwStSystRL zu bestimmen?

Sachverhalt

Högkullen AB, Muttergesellschaft eines schwedischen Immobilienkonzerns, erbrachte Leistungen an ihre Tochtergesellschaften, die selbst nicht voll vorsteuerabzugsberechtigt waren. Die Tätigkeit der Högkullen AB Holding beschränkt sich im Wesentlichen darauf, konzerninterne Verwaltungsleistungen an ihre Tochtergesellschaften zu erbringen. Insbesondere wurden Leistungen im Bereich der Unternehmensführung, Finanzierung sowie Immobilien-, IT- und Personalverwaltung erbracht.

Das Entgelt für die erbrachten Leistungen wurde nach der Cost-Plus-Methode, einer ertragsteuerlich grundsätzlich anerkannten Verrechnungspreismethode, ermittelt. Teil der Bemessungsgrundlage waren alle iZm der Leistungserbringung entstandenen Kosten, die den Ausgangsleistungen zugeordnet werden konnten. Nicht enthalten waren jedoch Kosten für sogenannte „Shareholder Activities“ sowie „eigene“ Kosten für die eigene Buchführung, die Revision, die Hauptversammlung, die Kapitalbeschaffung, eine geplante Ausgabe neuer Aktien und die Börsenzulassung, nachfolgend als „eigene Kosten“ bezeichnet.

Im Streitjahr überstiegen die Aufwendungen der Holdinggesellschaft die Einnahmen aus den an die Tochtergesellschaften verrechneten Verwaltungsleistungen. Die Högkullen AB Holding machte auf sämtliche von ihr bezogenen steuerpflichtigen Eingangsleistungen den vollen Vorsteuerabzug geltend, somit auch für Eingangsleistungen, die nicht bei der Ermittlung des Entgelts für die Verwaltungsleistungen an die Tochtergesellschaften berücksichtigt wurden.

Nach Auffassung des schwedischen Finanzamtes lag aufgrund der Nicht-Einbeziehung der „eigenen Kosten“ in die Verrechnung an die Tochtergesellschaften eine „zu günstige“ Leistungserbringung vor. Nicht das von den Tochtergesellschaften gezahlte Entgelt sondern der Normalwert sei daher als Bemessungsgrundlage für die Umsatzsteuer heranzuziehen. Da die Holding sämtliche bei ihr angefallenen Vorsteuerbeträge von der Umsatzsteuerschuld abgezogen hat, sah das Finanzamt alle Aufwendungen der Holding als Bemessungsgrundlage für die Ausgangsumsätze an.

Vorlagefragen

Fraglich war somit die Höhe der Bemessungsgrundlage der Leistungen der Holding an ihre Tochtergesellschaften. Im Wesentlichen wurden folgende Fragen gestellt:

Sind die Verwaltungsleistungen einer Holding an ihre Tochtergesellschaften als einzigartige Leistungen iSd Art 72 MwStRL zu betrachten, sodass sich der Normalwert mangels eines Vergleichspreises am freien Markt nach den Aufwendungen des Steuerpflichtigen richtet?

Falls der Normalwert iSd Art 80 iVm Art 72 MwStRL tatsächlich nach den angefallenen Ausgaben zu berechnen ist: Sind sämtliche Aufwendungen der Holding zu berücksichtigen, wenn die einzige wirtschaftliche Tätigkeit der Muttergesellschaft die Verwaltung der Tochtergesellschaften ist und die Muttergesellschaft auf alle von ihr bezogenen Eingangsleistungen den vollen Vorsteuerabzug geltend gemacht hat?

Rechtliche Würdigung der Generalanwältin

Generalanwältin Kokott vertritt die Meinung, dass Verwaltungsleistungen kein untrennbares Leistungsbündel und somit keine einzigartige einheitliche komplexe Leistung darstellen. Der Normalwert sei daher grundsätzlich für jede einzelne Leistung der Muttergesellschaft (Unternehmensführung, Finanzierung, Immobilien-, IT- und Personalverwaltung) anhand der Vergleichspreise auf dem freien Markt zu bestimmen. Wenn keine Vergleichspreise ermittelt werden können, seien die Ausgaben der Holding für die Erbringung der Dienstleistung maßgeblich.

Typische Shareholder Costs wie zB Kosten iZm dem zukünftigen Erwerb einer Beteiligung oder dem Börsengang der Muttergesellschaft, sowie allgemeine Aktionärskosten und Kapitalbeschaffungskosten haben nichts mit den Verwaltungsleistungen an die derzeitigen Tochtergesellschaften zu tun und seien daher nicht zu berücksichtigen.

Investitionskosten, die (über einen längeren Zeitraum) für die Ausgangsleistungen verwendet werden, seien in die Bemessungsgrundlage einzubeziehen, allerdings sachgerecht zu verteilen. Hierfür könne analog auf den Vorsteuerberichtigungszeitraum zurückgegriffen werden.

Laut Generalanwältin seien auch im Sinne der Vorschrift Art 80 MwStSystRL nur vorsteuerbelastete Aufwendungen zu berücksichtigen, da nur insofern eine Gefährdung des Steueraufkommens vorliegen könne.

Anmerkungen aus österreichischer Sicht & Ausblick

Weder in der MwStRL noch im österreichischen UStG finden sich klare Regelungen, wie umsatzsteuerlich mit einem durch die Ertragsteuern (dh Verrechnungspreisvorgaben) definierten Preis umzugehen ist. Die österreichische Finanzverwaltung vertritt in den Verrechnungspreisrichtlinien 2021 (Rz 521) die Auffassung, dass davon ausgegangen werden kann, dass der Normalwert gem. § 4 Abs. 9 UStG dem körperschaftsteuerlichen Verrechnungspreis entspricht (vgl UStR 2000 Rz 682). Aus österreichischer Sicht wäre daher wohl ein ertragsteuerlich angemessen ermittelter Verrechnungspreis auch für Zwecke der Umsatzsteuer grundsätzlich anzuerkennen. Die Absage der Generalanwältin an eine Umsatzbesteuerung von Verwaltungsleistungen in Höhe sämtlicher Kosten der Holding ist aus Neutralitätsgesichtspunkten zu begrüßen. 

Es bleibt aber abzuwarten, wie sich der EuGH dazu äußern wird.

 

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