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Aktuelle Rechtsprechung zu freiwilligen Abfertigungen

Keine Bildung von Abfertigungsrückstellungen für Vorstände im System der Abfertigung neu und Dienstgeberwechsel im Konzern: Begünstige Besteuerung - Klare Abgrenzung zwischen Vertragsänderung und -beendigung

Überblick

Zwei aktuelle Entscheidungen von VwGH und BFG bringen mehr Klarheit in steuerliche Fragestellungen rund um den Dienstgeberwechsel im Konzern sowie iZm Rückstellungen für freiwillige Abfertigungen bei Vorstandsverträgen. Die Urteile liefern wichtige Hinweise zur steuerlichen Behandlung und Gestaltung von Dienstverhältnissen in der Praxis.

1. VwGH-Entscheidung vom 29.1.2025 (Ra 2023/13/0014): Dienstgeberwechsel im Konzern

Der Verwaltungsgerichtshof (VwGH) hat bestätigt, dass ein Dienstgeberwechsel innerhalb eines Konzerns steuerlich als tatsächliche Beendigung und Neubeginn eines Dienstverhältnisses gelten kann, auch wenn im Rahmen des neuen Dienstverhältnisses gesetzliche Abfertigungsverpflichtungen und offene Urlaubsansprüche übernommen werden. Auf die Auszahlung einer freiwilligen Abfertigung anlässlich dieses Wechsels ist in diesen Fällen die Begünstigung des § 67 Abs 6 EStG anwendbar.

Zentrale Aussagen, die bei der Ausgestaltung des Wechsels zu beachten sind:

  • Eine tatsächliche Beendigung und ein Neubeginn liegen vor, wenn z. B. neue Dienstverträge abgeschlossen und Sozialversicherungsan- und abmeldungen vorgenommen werden.
  • Reine Änderungen der Dienstverträge allein genügen dementsprechend nicht. Es ist eine klare Trennung zwischen altem und neuem Dienstverhältnis erforderlich.
  • Abstellen auf den wirtschaftlichen Gehalt: Nicht vergleichbare Tätigkeiten oder neue Positionen (z. B. von Mitarbeiter:in zur Geschäftsführer:in) unter neuen Vertragsbedingungen (ua auch zur Mitarbeiterbindung) sind Indizien für das Vorliegen eines neuen Dienstverhältnisses.
  • Unterschiede in Bezug auf Gehalt, Weisungsgebundenheit, Arbeitszeiten und Konkurrenzverbot sind Beispiele für eine fehlende Vergleichbarkeit von altem und neuem Dienstverhältnis.
  • Dreiparteieneinigungen (zwischen alter, neuer Arbeitgeber:in und der Arbeitnehmer:in) können die begünstige Besteuerung freiwilliger Abfertigungen gefährden, wenn keine klare Trennung vorliegt.
  • Außersteuerliche Gründe wie Haftungsvermeidung oder Mitarbeiterbindung unterstreichen das Vorliegen neuer Dienstverhältnisse.

Fazit

Der VwGH hat die Beurteilung des BFG bestätigt und geht im gegenständlichen Sachverhalt von einer Vertragsbeendigung mit Neuabschlüssen und nicht von einer Vertragsübernahme aus. Als wesentliches Kriterium hat der VwGH auch den Umstand hervorgehoben, dass die Übernahme des bisherigen Dienstverhältnisses für die bisherige Arbeitgeber:in nicht bindend war und das bisherige Dienstverhältnis nur betreffend Vordienstzeiten übernommen wurde. Vor diesem Hintergrund war die Übernahme von bestehenden Urlaubsansprüchen nicht relevant. Es empfiehlt sich, die Beendigung und den Neubeginn eines Dienstverhältnisses entsprechend dieser Judikatur zu dokumentieren, sodass die begünstigte Besteuerung von freiwilligen Abfertigungen oder der Wegfall der Haftung für Lohnsteuer greifen.

2. BFG-Entscheidung 10.12.2024 (RV/5101309/2018): Keine Rückstellungen für freiwillige Abfertigungen von Vorständen im System „Abfertigung neu“

Das Bundesfinanzgericht (BFG) hat sich mit der Frage beschäftigt, ob für die der gesetzlichen „Abfertigung alt“ nachgebildeten freiwilligen Abfertigungszusagen an Vorstandsmitglieder Rückstellungen dotiert werden dürfen, wenn diese bereits unter das System der „Abfertigung neu“ (BMSVG) fallen und hat auf Basis der folgenden Erwägungen entschieden:

  • Ertragsteuerlich sind Rückstellungen nur für gesetzliche, kollektivvertragliche oder vergleichbare schriftlich zugesagte Abfertigungen zulässig. Die Vergleichbarkeit muss dem Grunde und der Höhe nach gegeben sein.
  • Zusätzliche neben einer bestehenden gesetzlichen oder kollektivvertraglichen Abfertigung vereinbarte, einzelvertragliche Abfertigungszusagen unterliegen einem ertragsteuerlichem Abzugsverbot.
  • Dementsprechend sind einzelvertraglich zugesagte freiwillige Abfertigungen bei Vorstandsverträgen, die seit 2008 unter das Abfertigung neu-System fallen, nicht rückstellungsfähig.
  • Zudem gelten diese freiwilligen Abfertigungen als sonstige Bezüge (§ 67 Abs 6 EStG), sodass der Betriebsausgabenabzug auch im Hinblick auf § 12 Abs 1 Z 8 KStG überprüft werden muss.

Fazit

Einzelvertraglich zugesagte freiwillige Abfertigungen im System „Abfertigung neu“ sind nicht rückstellungsfähig. Zusätzliche Einschränkungen des Betriebsausgabenabzuges können sich im Zeitpunkt der Zahlung ergeben. Die Revision vor dem VwGH wurde zugelassen, jedoch nicht erhoben. Die Entscheidung ist daher rechtskräftig.

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