Die Frage nach der lohnabgabenrechtlichen Behandlung von Trinkgeldern in der Hotel- und Gastronomiebranche erweist sich regelmäßig als durchaus komplex. Unter bestimmten Bedingungen sind Trinkgelder zwar von der Einkommensteuer befreit, unterliegen jedoch als „Entgelt von Dritter Seite“ zwingend der Sozialversicherung. Abhängig davon, ob in den einzelnen Bundesländern für die jeweilige Branche Pauschalwerte festgelegt wurden, treffen Dienstgeber:innen unterschiedliche (Aufzeichnungs-)Pflichten. Der vorliegende Beitrag soll eine Einordnung der rechtlichen Rahmenbedingungen in der Hotel- und Gastronomiebranche bieten, um die Zersplitterung der Rechtslage verständlich abzubilden.
Damit Trinkgelder von der Einkommensteuer befreit sind, müssen sie grundsätzlich in orts- und branchenüblicher Höhe freiwillig (dh ohne Rechtsanspruch der Dienstnehmer) und zusätzlich zum eigentlichen Entgelt gewährt werden. Sind all diese Bedingungen erfüllt, entfallen für diese Trinkgelder sowohl die Lohnsteuer als auch die Lohnnebenkosten (DB, DZ und Kommunalsteuer).[1] Dies gilt aufgrund der verfassungsrechtlichen Kompetenzlage im Bereich der Einkommensteuer ohne Unterschiede in allen Bundesländern.
Unabhängig von einer etwaigen Einkommensteuerbefreiung unterliegen Trinkgelder, die ein:e Arbeitnehmer:in aufgrund seines: ihres Dienstverhältnisses von Dritten erhält, jedoch jedenfalls der Sozialversicherung. Grundsätzlich gilt, dass die Trinkgelder dabei in voller Höhe sozialversicherungspflichtig sind und entsprechende Aufzeichnungen zu führen sind.
Um eine praxisfreundlichere Umsetzung der Bestimmung sicherzustellten, werden jedoch davon abweichend für bestimmte Gewerbe – so auch für das Hotel- und Gastronomiegewerbe – von den Sozialversicherungsträgern für die jeweiligen Bundesländer Trinkgeldpauschalen festgesetzt. Hierdurch erübrigt sich für den:die Dienstgeber:in die aufwändige Führung von Trinkgeldaufzeichnungen und gleichzeitig begünstigt dies regelmäßig auch die Arbeitnehmer:innen aufgrund der niedrigeren Pauschalwerte.
Die festgesetzten Pauschalwerte sollen dabei die durchschnittliche Höhe der in den jeweiligen Erwerbszweigen erfahrungsgemäß zufließenden Trinkgelder, den Betriebsstandort und die Art der Tätigkeit berücksichtigen. Folglich gibt es je nach Bundesland unterschiedlich hohe Trinkgeldpauschalen. Für Wien wurde die letzte Festsetzung eines Trinkgeldpauschales für das Hotel- und Gastgewerbe beispielsweise im Dezember 2005 verlautbart und seitdem nicht valorisiert.
So wird beispielsweise für eine:n Oberkellner:in mit mindestens fünf Servierkräften, deren Beschäftigungsverhältnis für mindestens eine Woche vereinbart wurde, in Wien nach wie vor ein Betrag von EUR 58,86 pro Kalendermonat als Pauschale angenommen. Aus diesen Werten ergibt sich eine augenscheinliche Diskrepanz zu Gunsten der Dienstnehmer:innen zwischen der Höhe der tatsächlich erhaltenen Trinkgelder und des festgesetzten Pauschales. Dies führt regelmäßig zu einer reduzierten Abgabenlast und einem geringeren administrativen Aufwand, wobei darauf hinzuweisen ist, dass (leider) nicht für alle Branchen und Bundesländern solche Pauschalwerte festgesetzt wurden. Im Ergebnis bedarf es daher jedenfalls auch weiterhin einer Einzelfallprüfung des Sachverhalts.
Je nach Branche und Bundesland treffen den:die Arbeitgeberin im Zusammenhang mit Trinkgeldern unterschiedliche Aufzeichnungs- und Dokumentationspflichten. Zu prüfen gilt daher im Einzelfall jedenfalls, ob und in welcher Höhe (sozialversicherungsrechtliche) Pauschalwerte festgesetzt wurden. In einem weiteren Schritt sind die Kriterien der Lohnsteuerbefreiung im konkreten Einzelfall zu prüfen, um im Falle einer GPLB das Risiko möglichst zu minimieren
[1] Es sei in diesem Zusammenhang jedoch darauf hingewiesen, dass selbst unter Erfüllung aller genannten Voraussetzungen die Einkommensteuerfreiheit von Trinkgeldern nicht gegeben ist, wenn gesetzliche oder kollektivvertragliche Bestimmungen die direkte Annahme von Trinkgeldern durch Arbeitnehmer:innen untersagen.