Wie in unseren Tax & Legal News vom 03.01.2024 berichtet, ist mit 31.12.2023 das neue Mindestbesteuerungsgesetz (MinBestG) in Kraft getreten. Damit wurde die auf den OECD-Mustervorschriften basierende EU-Richtlinie fristgerecht in nationales Recht umgesetzt. Das umfangreiche internationale Regelungswerk zu Pillar Two geht dabei in dessen Umsetzung bei den betroffenen Unternehmensgruppen und Geschäftseinheiten mit einem enormen Compliance-Aufwand einher.
Um diesen neuen Herausforderungen gewachsen zu sein, sollten sich betroffene Unternehmensgruppen zeitnah mit der Thematik auseinandersetzen und insbesondere die Anwendbarkeit der Safe-Harbour-Regelungen prüfen. Nachfolgend findet sich ein Überblick über die wesentlichsten praktischen Implikationen.
Fällt eine Unternehmensgruppe in den Anwendungsbereich des MinBestG, sind zunächst jene Geschäftseinheiten der Unternehmensgruppe zu identifizieren, welche auch tatsächlich für Pillar Two-Zwecke relevant sind. Dabei kann insbesondere die Behandlung nicht konsolidierter Geschäftseinheiten sowie von Joint Ventures eine Herausforderung darstellen, insbesondere da für diese Einheiten in der Praxis die erforderlichen Daten für die Berechnung oftmals nicht im geforderten Umfang vorliegen bzw zusätzliche Reportings erforderlich werden.
Ausgangsbasis für die Ermittlung des effektiven Steuersatzes und damit der angepassten erfassten Steuern und des Mindeststeuer-Gewinnes ist der Einzelabschluss der jeweiligen Geschäftseinheit nach dem Konzernrechnungslegungsstandard der obersten Muttergesellschaft. Das ist idR das Ergebnis aus der Handelsbilanz II, welche jedoch bislang ein reines Konsolidierungsinstrument darstellt. In der Praxis werden damit häufig bestehende Reporting Packages anzupassen sein, wenn diese Handelsbilanz II in der geforderten Form nicht existiert. In anderen Fällen wird die Handelsbilanz II zB noch, um Effekte aus der Kaufpreisallokation für Unternehmenserwerbe oder Zwischenergebniseliminierungen anzupassen sein.
Die Ermittlung der angepassten erfassten Steuern und des Mindeststeuer-Gewinnes setzt eine umfangreiche und vielfältige Datengrundlage voraus.
Die Ermittlung der angepassten erfassten Steuern und des Mindeststeuer-Gewinnes setzt eine umfangreiche und vielfältige Datengrundlage voraus. Eine Herausforderung dabei kann bspw gegeben sein, wenn die erforderlichen Daten nicht aus der Rechnungslegung entnommen werden können und auch nicht in vorhandene IT-Systeme eingepflegt sind, sodass diese manuell erhoben werden müssen. Insbesondere die exakte Zusammensetzung und Entwicklung der latenten Steuerpositionen erfordert dabei zum Teil eine detaillierte Analyse. Angesichts der Anzahl der erforderlichen Datenpunkte und des Detaillierungsgrades der notwendigen Informationen werden daher bestehende Reporting- und IT-Systeme sowie das Steuerkontrollsystem an die neuen Anforderungen anzupassen sein.
Eine weitere praktische Herausforderung trifft Konzerne hinsichtlich der Überwachung der Gesetzgebungsprozesse in den für sie relevanten Steuerjurisdiktionen, allen voran hinsichtlich der lokalen Besonderheiten mit den verschiedenen Umsetzungswahlrechten. So räumen sowohl die OECD- als auch die EU-Regelungen den jeweiligen Steuerjurisdiktionen die Möglichkeit ein, eine allfällige Ergänzungssteuer im Rahmen einer nationalen Ergänzungssteuer selbst zu erheben bzw besteht ein gewisser Gestaltungsspielraum hinsichtlich der Umsetzung dieser nationalen Ergänzungssteuern. Betroffene Konzerne sollten daher einen zeitgerechten Austausch der relevanten Informationen in Hinblick auf die laufenden Gesetzgebungsprozesse bzw ggf abweichende Berechnungen sicherstellen, um insbesondere auch etwaige lokale Meldeverpflichtungen einzuhalten.
Durch die Einführung nationaler Ergänzungssteuern können sowohl die oberste Muttergesellschaft (oder eine zwischengeschaltete oder im Teileigentum stehende Muttergesellschaft) als auch lokale Geschäftseinheiten Abgabenschuldnerin einer Ergänzungssteuer sein, wodurch sich sowohl auf Konzern- als auch lokaler Ebene entsprechende Meldeverpflichtungen ergeben können. Konzerne sollten sich daher überlegen, ob ihre Pillar Two-Prozesse intern zentral oder dezentral organisiert werden und dementsprechend die Zuständigkeiten und Verantwortlichkeiten für jede Geschäftseinheit festlegen. Ein Austausch relevanter Daten wird allerdings in jedem Fall und in beide Richtungen unerlässlich sein.
Je nach Größe und Komplexität der betroffenen Konzerne erfordern die neuen Regelungen zur Globalen Mindestbesteuerung eine entsprechende Umsetzung in den IT-Systemen sowie getestete und qualitätsgesicherte Pillar Two-Berechnungs- und -Meldeprozesse. Dies führt nicht nur zu einem hohen administrativen Aufwand, sondern auch zu Belastungen bei personellen Kapazitäten in den Steuer- und (Konzern-)Rechnungslegungsabteilungen der Unternehmensgruppen. Betroffene Konzerne sollten sich dabei bereits jetzt mit der Implementierung eines detaillierten Prozesses zur Datenerhebung und Berechnung der Mindeststeuer auseinandersetzen, da bereits vorab die Berechnung einer eventuellen Mindeststeuer für externe Reporting-Verpflichtungen bzw für eine etwaige Rückstellungsbildung erforderlich ist.
Erfahrungsgemäß ist es empfehlenswert sich bereits jetzt und zeitnahe mit den Fragestellungen zu den einzelnen Regelungen und der Umsetzung im Detail auseinander zu setzen.