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Neue Konsultationsvereinbarung mit Deutschland für Grenzgänger

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Am 21.8.2023 wurde ein Änderungsprotokoll zum Doppelbesteuerungsabkommen (im Folgenden: DBA) zwischen Österreich und Deutschland unterzeichnet. Im Rahmen des Änderungsprotokolls wurde ua die Grenzgängerregelung neu gefasst und an die jüngsten Entwicklungen der Arbeitswelt und den geänderten Arbeitsformen (vor allem der Arbeit im Homeoffice) angepasst. Der folgende Beitrag behandelt die Neufassung der Grenzgängerregelung im DBA Österreich und Deutschland.

 

Bisherige Grenzgängerregelung im DBA Österreich – Deutschland


Grundsätzlich teilt das DBA zwischen Österreich und Deutschland dem Ansässigkeitsstaat des bzw der Steuerpflichtigen das Besteuerungsrecht an den Einkünften aus unselbständiger Arbeit zu, es sei denn, die Arbeit wird im anderen Staat ausgeübt (Arbeitsortsprinzip). Das DBA sieht jedoch eine Ausnahme zu dieser Grundregel vor: das Arbeitsortsprinzip gilt nicht für die Besteuerung der Arbeitseinkünfte von „Grenzgängern“. Demnach galten gemäß der alten Regelung Arbeitnehmer:innen als Grenzgänger, wenn

 

  • diese im Grenzbereich (die Lage in einer Zone von je 30 km beidseits der Grenze) eines Staates ihren Wohnsitz (kein Zweitwohnsitz) und in dem anderen Staat in der Nähe der Grenzen ihren Arbeitsort hatten und
  • täglich von ihrem Arbeitsort zu ihrem Wohnsitz im Grenzbereich des anderen Staates zurückkehrten.


Dies hatte zur Folge, dass das Besteuerungsrecht an den Arbeitseinkünften trotz Ausübung der Tätigkeit im anderen Staat ausschließlich dem Ansässigkeitsstaat der Arbeitnehmer:innen zustand.

Basierend auf einer Konsultationsvereinbarung zwischen Österreich und Deutschland galt für das Erfordernis der „täglichen“ Rückkehr eine Toleranzregelung von 45 Nichtrückkehrtagen: für Arbeitnehmer:innen, die an höchstens 45 Tagen nicht an ihren Wohnsitz zurückkehrten oder außerhalb der Grenzzone tätig waren, blieb die Grenzgängereigenschaft trotzdem erhalten.

Aufgrund der voranschreitenden Digitalisierung hat die Arbeit im Homeoffice zunehmend an Bedeutung gewonnen. Homeoffice-Arbeitstage (und somit ein tägliches Pendeln über die Grenze) zählten jedoch zu den schädlichen 45 Nichtrückkehrtagen.

 

Neufassung der Grenzgängerregelung im DBA Österreich – Deutschland


Die jüngsten Entwicklungen in der Arbeitswelt (auch verstärkt durch die COVID-19 Pandemie) und damit geänderte Arbeitsformen (zunehmende Homeofficetätigkeit) haben dazu beigetragen, dass die Sonderregelung hinsichtlich der Grenzgänger reformbedürftig wurde und daher neu gefasst werden musste.

Gemäß der Neufassung der Grenzgängerregelung erfüllen die Arbeitnehmer:innen bereits dann die Grenzgängereigenschaft, wenn sie

 

  • in einem Vertragsstaat in der Nähe der Grenze ihren Hauptwohnsitz haben und
  • die unselbständige Tätigkeit üblicherweise in der Nähe der Grenze ausüben.


Durch die Neuregelung wird das tägliche Pendeln über die Grenze nicht mehr vorausgesetzt. Somit stellen Homeoffice-Tage, die in der Grenzzone verbracht werden, keine schädlichen Nichtrückkehrtage (mehr) dar. Das Besteuerungsrecht an den Einkünften aus unselbständiger Arbeit verbleibt somit ausschließlich im Ansässigkeitsstaat.

Die Ausdrücke „in der Nähe der Grenze“ und „üblicherweise“ werden wie folgt definiert: Gemeinden, deren Gebiet ganz oder teilweise in einer Zone von je 30 Kilometern beiderseits der Grenze liegen, sind von der Regelung umfasst. Eine Tätigkeit wird dann „üblicherweise“ in der Nähe der Grenze ausgeübt, wenn die Arbeitnehmer:innen während eines Kalenderjahres höchstens an 45 Arbeitstagen ganz oder teilweise außerhalb der Nähe der Grenze tätig werden (Urlaubstage und Krankheitstage außerhalb der Grenzzone sind nicht schädlich). Die Tage außerhalb der Zone dürfen höchstens 20 % der tatsächlichen Arbeitstage im Rahmen des Dienstverhältnisses während eines Kalenderjahres betragen.“

Basierend auf dem Änderungsprotokoll ist nunmehr erstmalig auch für im öffentlichen Dienst beschäftigte Personen eine Grenzgängerregelung vorgesehen. Bei Vorliegen der Grenzgängereigenschaft sind die Vergütungen (ausgenommen Ruhegehälter), die von einem Vertragsstaat oder einer seiner Gebietskörperschaften oder einer anderen juristischen Person des öffentlichen Rechts für geleistete Dienste an eine im anderen Vertragsstaat ansässige natürliche Person gezahlt werden, nur im erstgenannten Staat zu besteuern (sog Kassenstaatsregel).

Im Rahmen der Konsultationsvereinbarung wurde das Grenzgebiet ebenfalls näher konkretisiert und eine Liste der Gemeinden veröffentlicht, die sich ganz oder teilweise innerhalb eines 30 km-Radius befinden.

 

Anwendung und Inkrafttreten des Änderungsprotokolls


Das Änderungsprotokoll zum DBA zwischen Österreich und Deutschland trat hinsichtlich der Grenzgängerregelung mit 1.1.2024 in Kraft.

 

Fazit


Die Neufassung der Grenzgängerregelung soll den modernen Arbeitsformen gerecht werden und den Arbeitnehmer:innen und Arbeitgeber:innen mehr Flexibilität einräumen. Vermehrte Arbeitstage innerhalb der Grenzzone im Ansässigkeitsstaat (vor allem Homeoffice-Arbeitstage) sollen nicht zu einem Wegfall der Grenzgängerregelung führen, sodass Arbeitnehmer:innen nicht aus steuerlichen Gründen gezwungen werden sollen, täglich zum Arbeitsort im anderen Staat zu pendeln.