Am 1.7.2023 trat innerhalb der EU die „Multilaterale Rahmenvereinbarung für grenzüberschreitende Telearbeit“ in Kraft, welche ein höheres Ausmaß an Telearbeit im Wohnsitzstaat unter Beibehaltung der bisherigen sozialversicherungsrechtlichen Zuständigkeit ermöglicht. Dieser Beitrag gibt einen Überblick über die neue Rahmenverordnung sowie worauf in der Praxis zu achten ist.
Innerhalb der EU regelt die EU-VO 883/2004 die sozialversicherungsrechtliche Zuständigkeit bei grenzüberschreitenden Tätigkeiten. Demgemäß ist für die Sozialversicherung der Wohnsitzstaat des:der Dienstnehmer:in zuständig, wenn dieser einen wesentlichen Teil, nämlich 25 %, des Arbeitsausmaßes, im Wohnsitzstaat ausübt. Während der Covid-19 Pandemie galten innerhalb der EU, dem EWR und der Schweiz diesbezüglich vereinfachte Koordinierungsregelungen für die Sozialversicherung welche jedoch per 30.6.2023 ausgelaufen sind.
Um die grenzüberschreitende Telearbeit auch nach Auslaufen der Covid-Sonderregelungen weiterhin zu ermöglichen, hat Österreich mit Deutschland, Tschechien und der Slowakei bilaterale Abkommen abgeschlossen, weshalb hier – mittels eines individuellen Antrags beim Dachverband der österreichischen Sozialversicherungsträger – das Ausmaß der mobilen Arbeit bis zu 40 % betragen darf, ohne dass es zu einem Wechsel in das Sozialversicherungssystems des Wohnsitzstaates kommt.
Angesichts der Anzahl an kürzlich abgeschlossenen bilateralen Abkommen, wurde auf EU-Ebene zum Zwecke der binnenstaatlichen Harmonisierung an einer gesamteuropäischen Lösung gearbeitet. Es wurde eine generelle Neuauslegen des Telearbeits-Ausmaßes ausgearbeitet, welche mit der multilaterale Rahmenvereinbarung zur Telearbeit eingeführt wurde.
Die neue Rahmenvereinbarung ermöglicht es, wie die bisher abgeschlossenen bilateralen Rahmenvereinbarungen Österreichs mit Deutschland, Tschechien und der Slowakei, dass Dienstnehmer:innen im Fall von grenzüberschreitender Telearbeit bzw Homeoffice im Wohnsitzstaat, weiterhin dem Sozialversicherungssystem des Dienstgeberstaates unterliegen. Neu ist nunmehr, dass bei grenzüberschreitender Telearbeit, eine Tätigkeit im Homeoffice (dh im Wohnsitzstaat) bis zu 49,99 % möglich ist, ohne dass die Sozialversicherungszuständigkeit vom Dienstgeberstaat in den Wohnsitzstaates des:der Dienstnehmer:in wechselt. Zu beachten ist, dass es sich um eine gewöhnlich wiederkehrende grenzüberschreitende Telearbeit des:der Dienstnehmer:in im Wohnsitzstaat handeln muss und dabei zwingend Informationstechnologie zu verwenden ist.
Weiters gilt die Regelung nur dann, wenn auch beide betroffenen Mitgliedstaaten die Rahmenvereinbarung unterzeichnet haben. Sie kann daher nur dann angewendet werden, wenn der Sitz des Unternehmens bzw die Betriebsstätte, in der die Tätigkeit üblicherweise ausgeübt wird, in einem der beiden Staaten liegt und der Wohnort mit Telearbeit im jeweils anderen Staat. Festzuhalten ist, dass Österreich die Rahmenvereinbarung bereits unterzeichnet hat und diese seit 1.7.2023 anwendbar ist.
Neben Österreich haben auch Deutschland, Tschechien und die Slowakei die multilaterale Rahmenvereinbarung bereits unterzeichnet, weshalb die kürzlich abgeschlossenen bilateralen Abkommen mit diesen Staaten naturgemäß hinfällig sind. Hinzuweisen ist jedoch darauf, dass Anträge, die noch auf Basis der bilateralen Rahmenvereinbarungen gestellt wurden, auch nach dem 1.7.2023 aufrecht bzw die von der Österreichischen Gesundheitskasse als Nachweis ausgestellten PD A1 bis zum Ablauf des entsprechend angegebenen Zeitraums gültig bleiben.
Auf Basis dieser Rahmenvereinbarung können Dienstgeber:innen im Einvernehmen mit dem:der Dienstnehmer:in einen Antrag bei der zuständigen Stelle des Staates stellen, dessen Rechtsvorschriften anwendbar sein sollen. In Österreich ist dies der Dachverband der Sozialversicherungsträger Verfahrenstechnisch handelt es sich um einen vereinfachten Ausnahmeantrag im Sinne des Art 16 der EU-VO 883/2004, der für eine Dauer von bis zu drei Jahren gestellt werden kann. Auf dieser Grundlage wird dann dementsprechend eine A1-Bescheinigung ausgestellt. Außerdem soll auch bei den Anträgen gemäß der multilateralen Rahmenvereinbarung eine Verlängerung des Antrags möglich sein.
Mit der multilateralen Rahmenvereinbarung zur Telearbeit hat die EU auf die zunehmenden grenzüberschreitenden Tätigkeiten in der modernen Arbeitswelt sowie auf das Auslaufen der bisherigen pandemiebedingten Sonderregelungen reagiert. So wurde sichergestellt, dass auch zukünftig Dienstnehmer: innen bis zu 49,99 %, der Arbeitsleistung im Wohnsitzstaat im Rahmen von Telearbeit bzw Home-Office erbringen können, ohne dass sich die Zuständigkeit für die Sozialversicherung vom Dienstgeberstaat in den Wohnsitzstaat verlagert. Dienstgeber:innen profitieren von der Rahmenvereinbarung dahingehend, als sie Dienstnehmer:innen ein erhöhtes Ausmaß an Flexibilität bieten können und sich etwaige Registrierungen und Schattenlohnverrechnungen in den Wohnsitzstaaten der Dienstnehmer:innen und damit einhergehende Kosten ersparen können.