Am 25.6.2024 wurde das Grace-Period-Gesetz im Bundesgesetzblatt veröffentlicht, das die Einführung eines neuen verfahrensrechtlichen Instruments für bestimmte Unternehmensübertragungen im Rahmen der Bundesabgabenordnung vorsieht. Die Idee eines solchen Instruments fand sich bereits im Regierungsprogramm 2020 – 2024 und wurde in der Schlussphase der 27. Legislaturperiode nunmehr gesetzlich verwirklicht. Beachtenswert ist, dass ein entsprechender Ministerialentwurf bereits im Oktober 2021 in Begutachtung geschickt wurde, der Gesetzesbeschluss aber beinahe drei Jahre auf sich warten ließ. Die gesetzlichen Bestimmungen zur begleitenden Unternehmensübertragung treten grundsätzlich mit 1.12.2024 in Kraft, die erstmalige Antragsmöglichkeit – und damit faktische Anwendbarkeit des Gesetzes – ist allerdings mit 1.1.2025 vorgesehen. Neben den nachfolgend erläuterten steuerlichen Regelungen sieht das Grace-Period-Gesetz auch Änderungen im Bereich der Gewerbeordnung und des ArbeitnehmerInnenschutzgesetzes vor.
Ziel der neuen gesetzlichen Regelung ist es, für höhere Rechtssicherheit bei Betriebsübergaben innerhalb der Familie zu sorgen. Gerade Betriebsübergaben in der Form eines Asset Deals sehen eine oftmals risikobehaftete steuerliche Erwerberhaftung vor, die in der Praxis – insbesondere aufgrund lang zurückliegender steuerlicher Außenprüfungen – entsprechende risikomildernde Maßnahmen erfordert (zB Durchführung einer Tax Due Diligence, Vereinbarung von entsprechenden Steuerklauseln). Vor diesem Hintergrund soll das Grace-Period-Gesetz die Möglichkeit schaffen, eine antragsgebundene kooperative Prüfung von Betriebsübergaben im Rahmen von sogenannten begleitenden Unternehmensübertragungen zu ermöglichen.
Die Begleitung der Unternehmensübertragung setzt einen entsprechenden elektronischen Antrag über FinanzOnline voraus. Der Antrag ist durch die natürliche Person, die eine Unternehmensübertragung beabsichtigt, einzubringen, allerdings sind auch voraussichtliche Erwerber bereits im Antrag anzuführen und nehmen damit auch aktiv an der begleitenden Unternehmensübertragung teil. Für die Antragstellung sind die folgenden Voraussetzungen zu beachten:
Sofern die erwähnten Voraussetzungen zutreffen, hat das Finanzamt eine Außenprüfung für jene letzten drei Veranlagungsjahre durchzuführen, für die bereits Steuererklärungen abgegeben wurden (sofern in Hinblick auf diese Veranlagungsjahre noch keine Außenprüfung stattgefunden hat). Eine solche Außenprüfung darf grundsätzlich alle Abgaben erfassen, die in die Zuständigkeit des Finanzamtes Österreich fallen. Eine Ausnahme davon gilt allerdings für solche Abgaben, die von einer Lohnsteuerprüfung erfasst sind. Eine abgeschlossene Außenprüfung über nicht weit zurückliegende Zeiträume hat wie erwähnt den Vorteil, dass die steuerliche Übertragung damit wesentlich erleichtert wird, da das aus einer Erwerberhaftung drohende Risiko deutlich besser eingeschätzt werden kann.
Die antragstellenden Parteien unterliegen während der begleitenden Unternehmensübertragung erweiterten Offenlegungspflichten und haben unaufgefordert Umstände offenzulegen, die für die beabsichtigte Unternehmensübertragung relevant sind und für die das Risiko einer abweichenden Beurteilung durch das Finanzamt besteht. Vorgesehen ist weiters, dass derartige steuerliche Themen im Zuge von Besprechungen zwischen den antragstellenden Parteien und dem Finanzamt Österreich zu erörtern sind. Das Gesetz geht somit mit einer wechselseitigen Kommunikationsverpflichtung einher.
Weiters sieht das Grace-Period-Gesetz die Möglichkeit vor, dass das Finanzamt im Rahmen der begleitenden Unternehmensübertragung steuerliche Auskünfte im Zusammenhang mit der beabsichtigten Übertragung erteilt (zB hinsichtlich der Anwendbarkeit von steuerlichen Begünstigungen). Allerdings – und hier liegt wohl eine weitere bedeutende Einschränkung dieser Auskunftspflicht vor – gilt dies nur insoweit, als keine Möglichkeit zur Beantragung eines Auskunftsbescheids gemäß § 118 BAO besteht.
Da aufgrund der demografischen Entwicklung in Österreich in den nächsten Jahren einige Betriebsübergaben bevorstehen, ist die Zielsetzung des Gesetzgebers zur Schaffung von Rechts- und Planungssicherheit und zum Abbau von Hürden bei Betriebsübergaben mit Sicherheit zu begrüßen. Allerdings ist auch festzuhalten, dass das Grace-Period-Gesetz relativ enge Grenzen in Hinblick auf den Kreis der antragsberechtigten Personen zieht und eine potenzielle Erwerberhaftung auch nicht zur Gänze auszuschließen vermag. Ob Betriebsübergaben vor diesem Hintergrund tatsächlich zügiger werden können, bleibt somit abzuwarten.
Es bleibt mit Spannung abzuwarten, inwieweit die Möglichkeit einer begleitenden Unternehmensübertragung in der Praxis genutzt werden wird. Jedenfalls sollten für die Entscheidung über die Antragstellung die entsprechenden Vor- und Nachteile (zB erhöhte Offenlegungspflicht und der mit der Abwicklung einer Außenprüfung verbundene administrative Aufwand) abgewogen werden.