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Volle Vertragsgebühr bei Bestandsvertragsverlängerung

VwGH zur Vergebührung bei Verlängerung eines Bestandsvertrags mit unbestimmter Dauer

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Überblick

Der VwGH hat in seinem Erkenntnis vom 10.4.2024 (Ro/2022/16/0017) ausgesprochen, dass ein Nachtrag zu einem Bestandsvertrag, durch den die Laufzeit der Vereinbarung verlängert wird, gebührenrechtlich als Neuabschluss zu werten ist und im Ausmaß der Verlängerung der Gebühr des zugrundeliegenden Rechtsverhältnisses unterliegt.


Relevante Rechtsnorm 

Gemäß § 21 GebG sind Zusätze oder Nachträge zu Urkunden, mit denen die Rechte oder Verbindlichkeiten ihrer Art oder ihrem Umfang nach geändert werden oder die vereinbarte Geltungsdauer des Rechtsgeschäfts verlängert wird, als selbständige Rechtsgeschäfte gebührenpflichtig.

Sachverhalt

Der gegenständliche Bestandvertrag wurde (zivilrechtlich) befristet abgeschlossen und anschließend um insgesamt vier Nachträge ergänzt. Das BFG stufte den Vertrag aufgrund umfassender Kündigungsrechte der Bestandgeberin gebührenrechtlich als Vertrag mit unbestimmter Dauer ein und setzte als Bemessungsgrundlage für die Rechtsgeschäftsgebühr dementsprechend den dreifachen Jahreswert des Vertrags fest. Mit dem streitgegenständlichen vierten Nachtrag wurde ua der Endtermin des Vertrags um vier Jahre nach hinten verschoben und eine zusätzliche Komponente zur Berechnung des Bestandzinses vereinbart. Da es sich bei dem Vertrag sowohl vor als auch nach dem gegenständlichen Nachtrag aus gebührenrechtlicher Sicht um ein unbefristetes Rechtsverhältnis handelte, sah das BFG in der Zusatzvereinbarung keine gebührenrechtlich relevante Verlängerung und setzte lediglich im Ausmaß des zusätzlichen Bestandzinses eine Gebühr gem § 21 GebG fest, nicht jedoch bezüglich der verlängerten Vertragsdauer. Damit stellte das Gericht den Vertrag iSd sog „Differenzmethode“ so, als wäre dieser ursprünglich bereits mit dem letztgültigen Inhalt beschlossen worden. Gegen diese Entscheidung erhob die Finanzbehörde Revision beim VwGH.

Entscheidung des VwGH

Der VwGH hielt bereits in einem vergangenen Erkenntnis fest, dass eine Verlängerung der Geltungsdauer eines Vertrags ein selbstständiges, gebührenpflichtiges Rechtsgeschäft darstellt. Die Verlängerung eines Rechtsgeschäfts, das durch Zeitablauf beendet wird, muss als Neuabschluss behandelt werden und begründet somit eine neuerliche Gebührenschuld. Die Gebührenschuld wird selbst dann neu begründet, wenn die Dauer des Vertrags grds kein maßgebliches Tatbestandsmerkmal für die Höhe der Gebührenschuld ist.

§ 21 GebG stellt bei einer Vertragsverlängerung allein auf die festgelegte Vertragsdauer ab. Ein zivilrechtlich auf bestimmte Zeit geschlossener Vertrag endet jedoch auch dann zum vereinbarten Termin, wenn das Vertragsverhältnis gebührenrechtlich als unbefristet eingeordnet wird. Demzufolge ist auch der gegenständliche vierte Nachtrag, durch den die Laufzeit der Vereinbarung verlängert wurde, gebührenrechtlich als Neuabschluss zu werten und unterliegt im Ausmaß der Verlängerung der Gebühr des zugrundeliegenden Rechtsverhältnisses. Entsprechend der gebührenrechtlichen Einstufung des Vertrags als unbefristet ist die anfallende Gebühr daher anhand des dreifachen Jahresentgelts zu bemessen. Das angefochtene Erkenntnis des BFG war aufgrund seiner Rechtswidrigkeit aufzuheben.

Fazit

Der VwGH stellte fest, dass eine Verlängerung der Vertragsdauer als eigenständiges Rechtsgeschäft zu werten ist, welches eine erneute Gebührenschuld begründet. Die anfallende Gebühr bemisst sich dabei entsprechend des zugrundeliegenden Rechtsgeschäfts. Unverändert sind in der Praxis daher inbesondere die Regelungen zur Vertragsdauer bei Abschluss von Bestandsverträgen sorgfältig zu prüfen.