Überblick
Das BFG nahm in seinem Erkenntnis vom 24.7.2024 in der Rechtssache RV/7102502/2024 zur Besteuerung eines in Österreich ansässigen Flugpersonals Stellung. Im gegenständlichen Fall hatte das BFG zu entscheiden, ob die Einkünfte eines in Österreich ansässigen Piloten einer maltesischen Fluggesellschaft in Österreich zu besteuern oder freizustellen seien.
Sachverhalt
Der in Österreich wohnhafte Beschwerdeführer (Bf) stand im Jahr 2022 bei einer Fluggesellschaft (mit Sitz und Geschäftsleitung in Malta) als Pilot in einem Angestelltenverhältnis (zuvor als Co-Pilot). Die Bezüge wurden vom Arbeitgeber zunächst als in Österreich steuerpflichtig behandelt, sodass österreichische Lohnsteuer einbehalten wurde. Eine Besteuerung der Bezüge in Malta fand aufgrund des nationalen maltesischen Steuerrechtes nicht statt.
Basierend auf dem DBA Österreich-Malta stellte der Bf beim Finanzamt einen Antrag auf Rückzahlung der einbehaltenen Lohnsteuer. Diesen Antrag wies das Finanzamt mit Bescheid vom 19.1.2024 mit Verweis auf die EAS-Rechtsauskunft 3448 vom 17.11.2023 ab. In der Bescheidbegründung wird vom Finanzamt ausgeführt, dass die Besteuerung der Einkünfte in Malta nicht nachgewiesen werden könne und auch nicht stattgefunden hätte. Die doppelte Nichtbesteuerung von Einkünften sei somit durch die Besteuerung der Einkünfte in Österreich verhindert worden.
Im Rahmen einer Beschwerde beantragte der Bf die Abänderung des Einkommensteuerbescheides 2022. Begründet wird dies damit, dass die EAS-Rechtsauskunft 3448 in Widerspruch zur Regelung im DBA Österreich-Malta stehe und daher nicht einschlägig sei.
Mit Beschwerdevorentscheidung erfolgte durch das Finanzamt mit dergleichen Begründung wie im Rahmen des Rückzahlungsantrages eine abweisende Beschwerdeerledigung.
Der Bf hatte in der Folge die Vorlage an das BFG beantragt.
Entscheidung
Eingangs führt das BFG aus, dass unstrittig sei, dass der Bf aufgrund seines Wohnsitzes in Österreich unbeschränkt steuerpflichtig und abkommensrechtlich in Österreich ansässig ist. Insofern erstrecke sich die unbeschränkte Steuerpflicht auf alle in- und ausländischen Einkünfte.
Das anwendbare DBA weise das Besteuerungsrecht hinsichtlich der Einkünfte des Beschwerdeführers gemäß der Verteilungsnorm des Art 15 Abs 3 grds Malta zu, da sich der Ort der Geschäftsleitung der betreffenden Fluggesellschaft in Malta befindet. Der Methodenartikel gemäß Art 23 Abs 1 DBA zur Vermeidung der Doppelbesteuerung sehe in der deutschen Fassung weiters vor, dass Einkünfte, die nur im jeweils anderen Vertragsstaat besteuert werden können, im Ansässigkeitsstaat von der Besteuerung freizustellen sind. In der englischen Fassung sei das Wort „nur“ hingegen nicht enthalten. Dementsprechend führe die signifikante Abweichung zwischen der deutschen und englischen Version zu unterschiedlichen Konsequenzen hinsichtlich der Besteuerung von Einkünften.
Die vom Finanzamt zitierte EAS 3448 des BMF führe aus, dass das Wort „nur“ in Art 23 Abs 1 die Anwendung der Befreiungsmethode auf Fälle beschränke, in denen die Verteilungsnormen das Besteuerungsrecht Österreichs entzieht. Da es sich bei Art 15 Abs 3 hingegen um eine offene Verteilungsnorm handelt, die sowohl dem Ansässigkeitsstaat als auch dem Quellenstaat ein Besteuerungsrecht zugestehe, fände Art 23 Abs 1 keine Anwendung.
Auch die in Art 23 Abs 2 DBA vorgesehene Anrechnungsmethode fände aufgrund eines fehlenden Verweises auf Art 15 Abs 3 keine Anwendung. Folglich würde der Wortlaut des Abkommens das Besteuerungsrecht Österreichs weder auf Ebene der Verteilungsnormen noch auf Ebene des Methodenartikels einschränken. Um eine allfällige Doppelbesteuerung zu vermeiden, sei gem. BMF somit durch teleologische Interpretation die Anrechnungsmethode anwendbar. Dieses Ergebnis würde zudem auch durch die durch das Multilaterale Instrument (MLI) abgeänderte Präambel des DBA-Malta gestützt, die als Ziel dieses Abkommens explizit nicht nur die Beseitigung der Doppelbesteuerung, sondern auch die Notwendigkeit der Vermeidung der Nicht- oder Niedrigbesteuerung vorsähe.
Das BFG ist der auf EAS 3448 gestützten Rechtsansicht des Finanzamtes jedoch in seiner Entscheidung nicht gefolgt und geht mit Verweis auf Literaturstimmen von einem Redaktionsversehen hinsichtlich des Wortes „nur“ in der deutschen Fassung von Art 23 Abs 1 DBA aus. Der englischen Fassung sei somit Vorrang zu gewähren. Einkünfte des Bf in Österreich seien folglich von der Besteuerung freizustellen, selbst wenn diese in Malta nicht besteuert wurden. Die gesamte einbehaltene Lohnsteuer wurde daher rückerstattet.
Fazit
Das BFG hat entschieden, dass es sich beim Wort „nur“ im deutschen DBA-Text um ein Redaktionsversehen handelt und daher im Auslegungsweg der englischen Version des Art 23 Abs 1 des DBA Vorrang zu geben ist. Die Einkünfte des Piloten sind trotz der österreichischen Ansässigkeit von der österreichischen Besteuerung freizustellen, selbst wenn diese in Malta keiner Besteuerung unterliegen. Gegen das Erkenntnis des BFG wurde eine Amtsrevision eingebracht. Die Entscheidung des VwGH bleibt daher abzuwarten.