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EuGH-Schlussanträge zu Nebenleistungen in der Beherbergungsbranche

Unterliegen Nebenleistungen auch dem reduzierten Steuersatz oder ist eine Aufteilung vorzunehmen?

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Überblick

In drei verbundenen Rechtssachen zur Anwendung des ermäßigten Umsatzsteuersatzes im Bereich der kurzfristigen Beherbergung, die der deutsche Bundesfinanzhof (BFH) dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) zur Entscheidung vorgelegt hat, liegen die Schlussanträge der Generalanwältin Ćapeta vom 25.9.2025 vor. Fraglich ist, ob neben der reinen Beherbergungsleistung erbrachte Nebenleistungen, wie zB Parkplatzbereitstellung, Frühstück, WLAN, Wellnessnutzung, unabhängig davon, ob sie grundsätzlich als Nebenleistungen das Schicksal der Hauptleistung teilen, zwingend gesondert zu besteuern sind. Der EuGH hat diesbezüglich zu prüfen, ob die nationalen Vorschriften (zB des § 12 Abs 2 Nr 11 dUStG), die eine Aufteilung zwischen Haupt- und Nebenleistung vorsehen, mit dem Unionsrecht vereinbar sind.

Vorlagefälle und Schlussanträge der Generalanwältin:

Die konkreten Vorlagefälle lauten wie folgt:

  • C-409/24 – J GmbH: betrifft die unentgeltliche Bereitstellung von Frühstück und eines Parkplatzes für Hotelgäste
  • C-410/24 – Blapp: betrifft das Frühstück, das vom Gast gegen zusätzliches Entgelt zusätzlich zur Übernachtung beansprucht wird und das nicht abgewählt werden kann
  • C-411/24 – D GmbH: betrifft kostenlose Nebenleistungen wie WLAN, Wellness oder Parkplatznutzung

Generalanwältin Ćapeta geht in ihren Schlussanträgen zunächst davon aus, dass die Frage des Steuersatzes gar nicht aufgeworfen werden kann, wenn Nebenleistungen unentgeltlich erbracht werden. Denn solche Leistungen seien bereits dem Grunde nach nicht steuerbar. Beispiele hierfür seien Frühstück, WLAN, Nutzung von Wellnessbereichen oder Parkplatznutzung, soweit sie dem Gast kostenfrei angeboten wurden.

Anschließend fokussiert sich Generalanwältin Ćapeta auf die Fälle, in denen ein Entgelt gezahlt wurde (hier konkret Frühstück). Hier kommt sie zum Ergebnis, dass ein nationales Aufteilungserfordernis nicht dem Unionsrecht – der Mehrwertsteuer-Systemrichtlinie – widerspricht.

Die Mitgliedstaaten seien laut Generalanwältin Ćapeta berechtigt, zur Einführung ermäßigter Steuersätze konkrete und spezifische Aspekte einer Kategorie von Dienstleistungen herauszulösen. Im konkreten Fall hat sich der deutsche Gesetzgeber für eine ermäßigte Besteuerung von kurzfristigen Beherbergungsleistungen, nicht aber von in diesem Zusammenhang erbrachten Frühstücksleistungen entschieden. Damit sei das Frühstück als Nebenleistung nicht untrennbar mit der Hauptleistung der Beherbergung verbunden. Es stehe bei der Steuersatzermäßigung im Ermessen der Mitgliedstaaten, den ermäßigten Steuersatz auf eine identifizierbare und abtrennbare Leistung zu beschränken.

Schließlich weist Generalanwältin Ćapeta darauf hin, dass das Aufteilungsgebot einen Wettbewerbsvorteil der Beherbergungsunternehmer:innen gegenüber anderen Wirtschaftsteilnehmer:innen wie zB Bars, Brasserien, Parkhäuser, Wellnesseinrichtungen, Internet-Cafés usw verhindere, die Frühstücks-, Wellness- und Parkleistungen ohne eine zugehörige Beherbergung erbringen.

Fazit: 

Die Schlussanträge der Generalanwältin Ćapeta bestätigen, dass unentgeltliche Nebenleistungen nicht der Umsatzsteuer unterliegen, während entgeltliche Zusatzleistungen gesondert besteuert werden können, wenn diese wirtschaftlich trennbar sind und keine Einheit mit der Hotelleistung bilden. Ferner verdeutlichen die Schlussanträge, dass es im Ermessen des jeweiligen Mitgliedstaates liegt, zu entscheiden, ob der ermäßigte Steuersatz auf die jeweiligen entgeltlichen Nebenleistungen angewendet wird. Das in § 12 Abs 2 Nr 11 dUStG normierte deutsche Aufteilungsgebot ist nach Ansicht der Generalanwältin Ćapeta unionsrechtskonform. Es bleibt abzuwarten, wie der EuGH entscheiden wird.

Auswirkungen auf Österreich:

Obwohl die Schlussanträge der Generalanwältin Ćapeta deutsche Vorlageverfahren betreffen, kommt ihnen unionsrechtlich eine grundsätzliche Bedeutung zu. Für Österreich sind jedoch keine unmittelbaren Auswirkungen zu erwarten, da die nationale Rechtslage bzw die Verwaltungspraxis im Bereich der Beherbergung grds. klar ausgestaltet ist.

Nach den österreichischen Umsatzsteuergesetz unterliegt die Beherbergung in eingerichteten Wohn- und Schlafräumen einschließlich der regelmäßig damit verbundenen Nebenleistungen dem ermäßigten Steuersatz von 10 %. Hierzu zählen auch die Nutzung von Sauna-, Schwimmbad- und Fitnessbereichen sowie die Vermietung von Parkplätzen, sofern dafür kein gesondertes Entgelt verrechnet wird (siehe auch Rz 1222 UStR).

Auch das Frühstück gilt als begünstigte Nebenleistung, wenn es im Beherbergungsentgelt enthalten und ortsüblich ist. Wird es hingegen separat in Rechnung gestellt, ist eine Aufteilung zwischen 10 % und 20 % vorzunehmen. Bei einem einheitlichen Frühstückspreis kann darüber hinaus eine pauschale Aufteilung im Verhältnis 80:20 zwischen Speisen und Getränken erfolgen (vgl. Rz 1171 UStR).