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Steuerfreier Depotübertrag auf eine liechtensteinische Stiftung?

Das BFG sieht im Depotübertrag einer natürlichen Person auf das Depot ihrer transparenten liechtensteinischen Stiftung keinen steuerpflichtigen Übertragungsvorgang!

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Überblick

Der Entscheidung vom 23.1.2024, RV/7100234/2022 lag die Frage zugrunde, ob der Depotübertrag einer natürlichen Person auf das Wertpapierdepot ihrer transparenten liechtensteinischen Stiftung bei derselben Bank der Kapitalertragsteuer unterliegt.  In einem solchen Fall soll die Befreiungsbestimmung des § 27 Abs 6 Z 2 TS 1 EStG zur Anwendung gelangen, da gem BFG die Wertpapiere auch nach der Übertragung im wirtschaftlichen Eigentum desselben Steuerpflichtigen verbleiben.
 

Sachverhalt und Verfahrensgang 

Der Beschwerdeführer (Bf) hat nach Gründung einer transparenten liechtensteinischen Privatstiftung in 2017 per 27. Dezember 2017 sein bestehendes Wertpapierdepot auf ein Wertpapierdepot der Stiftung bei derselben österreichischen Bank übertragen. Die Bank hat im Zuge der Übertragung Kapitalertragsteuer (KESt) einbehalten, die der Steuerpflichtige  in seiner persönlichen Einkommensteuererklärung 2017 als anrechenbar geltend machte. Da die liechtensteinische Stiftung als transparent zu beurteilen ist, sei ihm daher das Depot ertragsteuerlich weiterhin zuzurechnen. Es läge keine steuerpflichtige, den KESt-Abzug auslösende Entnahme vor.

Das Finanzamt (FA) erkannte die Anrechnung der KESt mit der Begründung , dass es sich beim Bf und der Stiftung um zwei verschiedene Rechtspersonen handle, nicht an. Die unveränderte steuerliche Zurechnung des Depots bei der übertragenden Person selbst ändere nach Ansicht des FA nichts daran nichts, da es nach Übertragung nicht mehr auf den Bf, sondern auf die Stiftung als eigenständige Rechtsperson laute. 

Der Bf erklärte gegenüber dem FA, dass die Ausnahmen von der Veräußerungsfiktion des § 27 Abs 6 Z 2 TS 1 EStG dann greifen sollen, wenn die Besteuerungsmöglichkeit hinsichtlich der sich im Depot befindlichen Wertpapiere weiterhin gesichert ist. Ebenso sei nach Art 18 des Abgeltungssteuerabkommens zwischen Österreich und Liechtenstein (AStA) der Schuldner der Abzugsteuer die betroffene Person und nicht die transparente Vermögensstruktur. Nachdem im Gesetzeswortlaut betreffend Depotübertragungen auf den Steuerpflichtigen und nicht auf die Rechtspersönlichkeit abgestellt wird, würde kein Veräußerungstatbestand des § 27 EStG vorliegen, sondern sei die Ausnahmebestimmung für Übertragungen auf Depots desselben Steuerpflichtigen anwendbar.

Der Bf brachte ergänzend vor, dass es sich bei einer transparenten liechtensteinischen Vermögensstruktur und dem zugrundeliegenden Mandatsvertrag um eine Sonderform der Treuhandschaft handle. Der Stifter ist gegenüber dem Stiftungsrat weisungsbefugt und das wirtschaftliche Eigentum verbleibt beim Stifter, weshalb diesem die Einkünfte der Stiftung für steuerliche Zwecke auch weiterhin zuzurechnen sind. Zudem sei der Bf Stifter, Begünstigter und allein zeichnungsberechtigtes Mitglied des Stiftungsrates. Gemäß Art 2 AStA werde eine liechtensteinische Stiftung nur dann als intransparent angesehen, wenn weder Stifter noch Begünstigte Mitglieder des Stiftungsrates sind, diese kein Abberufungsrecht des Stiftungsvorstandes ohne wichtigen Grund haben und kein Mandatsvertrag besteht. Diese Merkmale lägen im konkreten Fall jedenfalls nicht vor.

In der Beschwerdevorentscheidung führte das FA aus, dass formalrechtlich ein anderes Steuersubjekt vorläge, weshalb ein steuerfreier Depotübertrag nach geltender Rechtsauffassung an eine Meldung gebunden sei, selbst wenn dem Bf die Einkünfte weiterhin zuzurechnen sind. 

 

Entscheidung des BFG

Das BFG verweist für die Beurteilung der abgabenrechtlichen Fragen auf die Maßgeblichkeit des wahren wirtschaftlichen Gehalts des Sachverhalts. Für die Zurechnung der Wirtschaftsgüter werden bei der Erhebung von Abgaben Wirtschaftsgüter, die zu treuen Handen für einen Treugeber erworben worden sind, dem Treugeber zugerechnet. Zurechnungsobjekt von Einkünften ist derjenige, der die Möglichkeit besitzt, die sich ihm bietenden Marktchancen auszunutzen, Leistungen zu erbringen und zu verweigern.

Das BFG hält weiters fest, dass das EStG in Anwendung bzw Auslegung der wirtschaftlichen Betrachtungsweise der BAO folgt und der Steuerpflichtige daher jene Person ist, die als Steuerschuldner in Betracht kommt. Steuerschuldner der KESt ist der Empfänger der Kapitalerträge. Im vorliegenden Fall werden dem Stifter die Einkünfte sowie sämtliches Vermögen der transparenten liechtensteinischen Stiftung zugerechnet. Er ist der Steuerschuldner bezüglich der Einkünfte und des Vermögens der Stiftung.  

Das BFG gelangte daher zu dem Ergebnis, dass es sich bei der gegenständlichen Übertragung vom Depot des Bf auf das Depot der transparenten liechtensteinischen Stiftung um eine Depotübertragung auf ein Depot desselben Steuerpflichtigen gehandelt hat. Die Befreiungsbestimmung des § 27 Abs 6 Z 2 TS 1 EStG ist daher anwendbar und es liegt kein steuerpflichtiger Realisationstatbestand vor. Eine Meldung der Anschaffungskosten ist für die Steuerfreiheit nicht erforderlich.

Dem Antrag des Bf, den Einkommensteuerbescheid 2017 aufzuheben war nach Rechtsprechung des BFG stattzugeben und ein neuer Bescheid durch die Abgabenbehörde zu erlassen.

Die Revision an den VwGH wurde aufgrund der maßgeblichen Bedeutung der aufgeworfenen Rechtsfrage, ob die Wortfolge desselben Steuerpflichtigen rechtsförmlich auszulegen ist oder der wirtschaftlichen Betrachtung folgt, zugelassen.

 

Fazit 

Hinsichtlich der Beurteilung, ob bei einer Depotübertragung ein Übertragungsvorgang an denselben Steuerpflichtigen vorliegt, ist nach Ansicht des BFG auf die wirtschaftliche Betrachtungsweise abzustellen. Sofern die Einkünfte weiterhin dem vormaligen Depotinhaber wirtschaftlich zuzurechnen sind, liegt daher auch dann eine Depotübertragung an denselben Steuerpflichtigen vor, wenn es sich beim Inhaber des Empfängerdepots zivilrechtlich um ein anderes Rechtsubjekt handelt. Eine Depotübertragung von einem Stifter auf ein Depot seiner transparenten liechtensteinischen Stiftung bei derselben Bank stellt daher einen Depotübertrag auf ein Depot desselben Steuerpflichtigen dar, welcher zu keiner steuerpflichtigen Realisation führt. Da zwischenzeitig Amtsrevision erhoben wurde, bleibt die finale Entscheidung des VwGH abzuwarten.