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BFG: Beschwerdeverfahren einer gelöschten Kapitalgesellschaft

Was passiert mit anhängigen Beschwerdeverfahren einer gelöschten Kapitalgesellschaft?

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Überblick 

Wird eine Gesellschaft freiwillig oder unfreiwillig aufgelöst, kommt es in sämtlichen Fällen schließlich zur Löschung der Gesellschaft aus dem Firmenbuch. Vor diesem Hintergrund stellt sich in der Praxis die Frage, wie es mit Abgabenverfahren nach bereits erfolgter Löschung der Gesellschaft noch weitergeht. Insbesondere stellt sich die Frage, ob die Abgabenbehörde – je nach Ausgang des Beschwerdeverfahrens - noch Abgaben bescheidmäßig festsetzen kann. 

Sachverhalt  

Die im Firmenbuch eingetragene GmbH wurde infolge eines Konkursverfahrens aufgelöst. Mit Beschluss des Handelsgerichts Wien vom 17.5.2021 wurde der Konkurs nach der Schlussverteilung aufgehoben und infolge einer Vermögenslosigkeit wurde die GmbH gemäß § 40 FBG gelöscht.  

Auf dem Abgabenkonto der GmbH haftete ein vollstreckbarer Rückstand iHv EUR 129.234,34 aus. Gegen die Bescheide, die unter anderem diesem Abgabenrückstand zugrunde liegen, wurde Beschwerde erhoben. Die beschwerdeverfangenen Abgaben wurden nicht entrichtet, sondern deren Einhebung ausgesetzt.   

Entscheidung des BFG 

Die Auflösung und Löschung einer im Firmenbuch eingetragenen juristischen Person hat bloß deklarativen Charakter. Nach der Rechtsprechung des VwGH beendet die Löschung im Firmenbuch nicht die Rechtsfähigkeit der Gesellschaft, solange noch Vermögen vorhanden ist und Rechtsverhältnisse zu Dritten nicht vollständig abgewickelt sind. Die Rechts- und Parteifähigkeit einer Gesellschaft bleibt daher auch nach ihrer Löschung im Firmenbuch so lange erhalten, als noch Abwicklungsbedarf besteht. Dies ist dann der Fall, wenn Abgabenverbindlichkeiten einer solchen Gesellschaft bescheidmäßig festzusetzen sind, bzw nachträglich verwertungsfähiges Aktivvermögen hervorkommt. In diesem Fall ergehen die an eine liquidierte und im Firmenbuch bereits gelöschte Gesellschaft gerichteten Bescheide rechtswirksam. § 80 Abs 3 BAO regelt, dass Zustellungsvertreter einer gelöschten GmbH nach Beendigung der Liquidation derjenige Vertreter der GmbH ist, der zur Aufbewahrung der Bücher und Schriften der aufgelösten Gesellschaft verpflichtet ist oder zuletzt verpflichtet war. 

Die Regel des § 80 Abs 3 BAO erfasst jedoch nur jene Fälle, in denen überhaupt eine Liquidation der Gesellschaft stattgefunden hat. Nicht erfasst sind Fälle, in denen eine Kapitalgesellschaft gemäß § 40 FBG wegen Vermögenslosigkeit durch das Gericht gelöscht wird. Eine Liquidation findet nicht statt. Dies führt dazu, dass mit der nur deklarativ wirkenden Löschung der Gesellschaft konstitutiv auch der organschaftliche Vertreter der Gesellschaft wegfällt und an die im Firmenbuch gelöschte juristische Person mangels Handlungsfähigkeit keine Bescheide mehr wirksam erlassen werden können. Eine Zustellung etwa an den früheren Geschäftsführer wäre somit unwirksam.  

Eine Vollmacht, welche die Beschwerdeführerin zuvor an einen Wirtschaftstreuhänder erteilt hat, erlischt mit der Konkurseröffnung kraft Gesetzes dauerhaft. Dies ist auch der Fall bei späterer Aufhebung der Insolvenz.  

Im gegenständlichen Fall existierte weder ein Insolvenzverwalter noch eine steuerliche Vertretung und weil keine andere zustellungsfähige Person vorhanden war, konnte eine Entscheidung des BFG ohne Bestellung eines Kurators nicht zugestellt werden. Eine Kuratorbestellung setzt ein bestehendes Steuersubjekt voraus. Gegenständlich bestand kein Abwicklungsbedarf, es lag kein Rechtssubjekt mehr vor. Die gelöschte GmbH war somit nicht mehr parteifähig. 

Im konkreten Fall wurde die Abgabennachforderung nicht entrichtet, sondern ausgesetzt. Selbst eine vollinhaltliche Stattgabe der Beschwerde hätte zu keinem Guthaben auf dem Steuerkonto und damit zu keinem Aktivvermögen der gelöschten GmbH geführt. Folglich war die gelöschte GmbH vollbeendet und existierte nicht mehr. Ein Kurator war nicht zu bestellen. Das BFG stellte damit das Beschwerdeverfahren mit Beschluss ein.  

Fazit und Praxishinweis 

Eine GmbH bleibt nach ihrer Löschung im Firmenbuch so lange rechtlich existent, wie noch Vermögen vorhanden oder eine Abwicklung notwendig ist. Bei einer Löschung wegen Vermögenslosigkeit entfällt jedoch die Handlungsfähigkeit, und Bescheide können nicht mehr zugestellt werden. Diesfalls liegt eine Vollbeendigung vor und die Gesellschaft ist nicht mehr rechts- und parteifähig. Anhängige Beschwerdeverfahren bzw Abgabenverfahren sind einzustellen. Werden daher Abgabenbescheide an eine rechtlich nicht mehr existente Gesellschaft gerichtet, ist zu prüfen, ob solche Bescheide überhaupt rechtswirksam werden können.