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Arbeit im Sinne der Digitalisierung neu denken

Führung, Kultur, Vergütung, Karriere – wie wirkt sich der Wandel zu einer digitalen Organisation auf einzelne Unternehmensbereiche aus?

Was braucht es, um die digitale Organisation zum Leben zu erwecken? Welche Rahmenbedingungen sind notwendig und wo braucht es neue Ansätze? Anna Nowshad und Georg Jurceka von Deloitte Consulting geben Antworten auf aktuelle Fragen.
Was macht eine digitale Organisation aus?

Was macht eine digitale Organisation aus? Um eine digitale Organisation zu beschreiben, verwenden wir oft den Begriff „Digitale DNA“. Damit meinen wir, dass Unternehmen nicht nur versuchen, Prozesse zu automatisieren, digitale Tools einzusetzen oder Produktinnovationen voranzutreiben, sondern Arbeit im Sinne der Digitalisierung grundlegend neu denken. Das bedeutet, neu zu definieren, welche Arbeit, welcher Zweck und welche Outcomes erzielt werden sollen. Damit einher gehen die Fragen, welche digitalen Skills und Kompetenzen es dazu braucht und wer diese Arbeit künftig erledigen soll – umfassend gedacht von Menschen in unterschiedlichen Arbeitsformen bis hin zu digitalen Kapazitäten wie Robotics oder AI – und wo bzw. wie diese Arbeit zu erfüllen ist. Um den Sprung von „doing digital“ zu „being digital“ zu schaffen, gilt es, neben technischen Lösungen auch grundlegende Rahmenbedingungen neu zu denken und zu gestalten.

Welche Rahmenbedingungen braucht es also, um zu einer digitalen Organisation zu werden?

Damit sich die digitale DNA entfalten kann und digitale Skills und Kompetenzen für die Organisation wertschöpfend wirksam werden, braucht es entsprechende Rahmenbedingungen. Organisationen müssen in der Lage sein, Arbeit so zu gestalten, dass anlassbezogen die richtigen Personen zusammenarbeiten. In diesen Formen der Kooperation werden digitale Lösungen zu einer notwendigen und auch eingeforderten Grundvoraussetzung der Arbeit. Führungs- und HR-Instrumente müssen sich ebenfalls an diesem Bedarf orientieren – wie kann beispielsweise sichergestellt werden, dass MitarbeiterInnen für Feedback und Entwicklung klare Ansprechpersonen haben und gleichzeitig flexibel je nach Bedarf in wechselnden Teams arbeiten?

Wie wirkt sich der Wandel zu einer digitalen Organisation auf die Unternehmenskultur aus?

 

Ebenso wie sich Organisationen in ihren Strukturen, Prozessen und Abläufen flexibler und kundenorientierter aufstellen müssen, um wettbewerbsfähig zu bleiben, gilt das auch für Führung, Kooperation und Kultur.

Wir bekommen häufig die Frage, ob Hierarchien künftig an Bedeutung verlieren werden – das ist nicht der Fall, vielmehr wird Rollenklarheit zu einem immer wichtigeren Thema.

Stellen sich Organisationen digitaler und damit oft flexibler bzw. agiler auf, führt das häufig dazu, dass Rollen nur temporärer – je nachdem, was es zur Erzielung des größten Kundennutzes braucht – erfüllt werden. Umso wichtiger ist es also, dass Rollen und Kompetenzverteilungen zu jedem Zeitpunkt geklärt sind.

Kulturell bedeutet die zunehmende Digitalisierung, tradierte Verhaltensnormen, Prämissen und Formen der Zusammenarbeit neu zu denken. An dieser Stelle ist der Aspekt der Diversität besonders hervorzuheben. Diversität wird durch Digitalisierung sowohl gefordert wie auch gefördert – in jeder Hinsicht. Beispielsweise in der Führung: weder kann eine Person alle geforderten Ansprüche und Kompetenzen erfüllen – noch ist das sinnvoll.

Vielmehr gilt es, das richtige Portfolio aus PionierInnen (den „Motoren“ der Digitalisierung), TransfomationsbegleiterInnen (jenen, die die Organisation und die Menschen „mitnehmen“) und InvestorInnen (jene, die auf den ROI achten) zusammenzustellen.

Was bedeutet das für die Gestaltung von Jobs und Job Architekturen?

 

Die Stelle als kleinster Baustein der Organisation wird in ihren Grundfesten erschüttert. Die notwendige Flexibilität, um die Organisation von Arbeit neu und flexibel zu denken führt dazu, dass Tätigkeitsprofile vielfach breiter und vielfältiger werden. Hauptaufgaben und Verantwortungen haben weniger Bestand und sind mehr kontinuierlich im Fluss.

Gleichzeitig braucht es in einer Job Architektur – spätestens, wenn sich diese beispielsweise in Vergütung übersetzen oder in einer HR Software abgebildet werden soll – einen gemeinsamen Nenner. Kompetenzen können diese Aufgabe des gemeinsamen Nenners teilweise übernehmen, allerdings nicht ohne neue Fragen aufzuwerfen, z.B. sollen die Kompetenzen dann auch die Grundlage für Vergütung bilden?

In der Praxis sehen wir immer öfter ein Nebeneinander von klassischen Organisationsstrukturen und agilen Organisationsteilen im gleichen Unternehmen. Die Konsequenz daraus ist, dass die Job Architektur beiden Welten gerecht werden und gleichzeitig für beide ein gemeinsames Dach bieten muss.

Können unter diesen Umständen die bestehenden Vergütungsmodelle auch weiterhin genutzt werden, oder ist auch hier ein Umdenken ratsam?

 

Eine Regel, die über viele Jahrzehnte Bestand hatte, war es, Jobs und nicht Personen zu graden und zu vergüten. Mit den beschriebenen Veränderungen steht der langfristig fix definierte Job allerdings immer öfter nicht mehr als Referenzgröße zur Verfügung. Daraus resultieren Herausforderungen für Job Grading Modelle und auch für die Einstufung in Kollektiv- bzw. Tarifverträge.

Organisationen stehen vor der Frage, was in Zukunft die Grundlage für Vergütung sein soll. Ein mögliches Gedankenspiel geht in Richtung der Vergütung der für die Organisation nutzbaren Einsatzbreite von MitarbeiterInnen, wie es auch vereinzelte kompetenzorientierte Entlohnungsmodelle in der Vergangenheit schon gemacht haben.

Somit sollen Kompetenzen oder breiter gesprochen die employability die Voraussetzung für Vergütung darstellen. Diese spannenden Lösungsansätze werfen naturgemäß auch neue Fragen auf, wie beispielsweise die arbeitsrechtliche Umsetzbarkeit solcher Modelle. Zusammenfassend lässt sich sagen, dass Vergütungssysteme in den nächsten Jahren einer der Themenkomplexe innerhalb von HR sein werden, indem es zu den größten Veränderungen kommen wird.

Was bedeutet das für Karriere?

 

Ähnlich wie beim Thema Vergütung hält auch ein klassisches Karriereverständnis den Erfordernissen einer digitalen Organisation nicht unbedingt Stand. Das Verständnis, kontinuierlich innerhalb von einem Job zum nächsten zu wechseln und dabei eine Karriereleiter aufzusteigen, steht in einem scheinbaren Widerspruch zu sich ständig ändernden Skills, agilen Geschäftsmodellen und sich schnell wandelnden Marktgegebenheiten.

Es kommt also zu einer Erweiterung bzw. einem umfassenderen Denken des Karrierebegriffs – und einer Verschmelzung mit dem Thema Talente Mobilität. Auch hier kommt wieder Digitalisierung ins Spiel – neue technologische Optionen ermöglichen es im Sinne von „Opportunity Marketplaces“, ungenutzte (weil im Arbeitsleben eventuell bislang nicht gebrauchte) – Potenziale und Skills zum Vorschein zu bringen, indem es MitarbeiterInnen überlassen wird, diese entsprechend sichtbar zu machen und zu taggen.

Auf der anderen Seite werden Business Issues sichtbar gemacht, die es zu lösen gilt – das Matching erfolgt unabhängig von Abteilungsgrenzen und klassischen Job Descriptions. Karrieren werden dadurch weniger durch vorgezeichnete Pfade charakterisiert, sondern viel mehr durch ein individuelles Bündel an Erfahrungen, Skills und Engagement – entlang des Bedarfs des Unternehmens und des Marktes.

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