Seit 2015 wird mit dem Stimmungsbarometer jährlich die Meinung der österreichischen Bevölkerung rund um das Thema erneuerbare Energien erhoben. Heuer wurden wieder rund 1.000 Personen in einer repräsentativen Umfrage um ihre Einschätzungen gebeten. Das Ergebnis: Der Klimawandel wird zwar nach wie vor als zentrales Problem in den kommenden zwei Jahrzehnten gesehen, es offenbaren sich aber nun auch schon erste Ermüdungserscheinungen.
So stehen die Befragen Energieprojekten in der Nähe des eigenen Wohnortes kritischer gegenüber. Zustimmungswerte für Windkraftprojekte im eigenen Umfeld auf unter zwei Drittel gesunken sind. Und auch die eigentlich sehr beliebte Photovoltaik erreicht mit 83 % den niedrigste Akzeptanzwert seit Beginn der Studienreihe.
Die Zustimmungswerte für erneuerbaren Energieprojekte sinken
Mehrheit spricht sich gegen ein zeitnahes Verbot von Gas- und Ölheizungen aus
Ohnehin geringes Kaufinteresse für E-Autos hat weiter abgenommen, Umweltschutzaspekt verliert an Bedeutung
Teuerungen bremsen Bereitschaft zum Ausstieg aus fossilen Energieträgern
Die getrübte Stimmung zeigt sich auch in einem Rückgang der Unterstützung für energie- und klimapolitische Maßnahmen: Während im Vorjahr noch 66 % der Österreicherinnen und Österreicher befürworteten, dass der Gesamtstromverbrauch bis 2030 aus 100 % erneuerbaren Energiequellen gedeckt werden soll, sind es aktuell nur mehr 55 %. Und lediglich ein Drittel der Befragten spricht sich für ein generelles Verbot von Gasheizungen ab 2040 beziehungsweise Ölheizungen ab 2035 aus.
"Die Österreicherinnen und Österreicher sind immer weniger dazu bereit, für die Energiewende persönliche Veränderungen hinzunehmen. Zwei Drittel sind dementsprechend der Meinung, dass mehr auf Anreize statt auf Verbote gesetzt werden sollte."
Nina Hampl, Studienautorin der WU Wien
Nichtsdestotrotz liegt Energiesparen weiter im Trend. Fast die Hälfte (47 %) setzt in diesem Zusammenhang auf eine Verhaltensänderung – und der Großteil davon will diese auch in den kommenden 12 Monaten beibehalten. Grund dafür sind aber auch hier weniger Umweltaspekte, sondern vor allem der Kostenfaktor.
Doch nicht nur die Energiewende, auch die Mobilitätswende verläuft hierzulande schleppend. So hat das Kaufinteresse an E-Autos nach jahrelanger Stagnation nun sogar abgenommen. Vor allem die zu geringe Reichweite und die hohen Anschaffungskosten sprechen laut den Befragten gegen ein Elektroauto. Insbesondere bei den unter 40-Jährigen ist das Interesse gesunken. Die Etablierung des E-Autos geht nur schleppend voran, obwohl es mittlerweile schon ein breites Angebot gibt. Gerade für die jungen Generationen wirkt der Kostenfaktor noch zu abschreckend.
Die Top-Gründe für die Anschaffung eines Elektroautos sind in erster Linie finanzieller Natur. Die geringen Betriebskosten und die öffentlichen Förderungen stehen laut Studie an oberster Stelle. Nachhaltigkeitsbezogene Argumente wie emissionsfreies Fahren, die Unabhängigkeit von fossilen Kraftstoffen und der Umweltschutz haben hingegen im Vergleich zum Vorjahr an Überzeugungskraft verloren.
"Die Umfrage zeigt klar, dass sich öffentliche Förderungen positiv auf die Kaufentscheidung auswirken. Das ist ein zentraler Hebel, um den Ausbau nachhaltiger Mobilität in Österreich voranzutreiben – und sollte unbedingt beibehalten werden."
Gerhard Marterbauer, Partner Audit & Assurance & Industry Leader Energy, Resources & Industrials
Auch beim Thema nachhaltige Wärmeversorgung tritt Österreich auf der Stelle. So hat sich der Anteil von fossilen Energieträgern wie Erdgas oder Heizöl im Vergleich zum Vorjahr im privaten Wohnbau nach Angabe der Befragten kaum verändert. Immerhin der Trend zur Installation einer Photovoltaikanlage setzt sich weiter fort: Über die Hälfte der Anlagen wurde innerhalb der vergangenen zwei Jahre installiert
Die Wärmewende wird eine der zentralen Herausforderungen in naher Zukunft, doch laut Umfrage verlangsamen auch hier die aktuellen Teuerungen den wichtigen Fortschritt. Es wird sich zeigen, wie sich die bereits präsentierten Förderungen hier in den nächsten Monaten auswirken. Erfreulich ist jedenfalls, dass die Bereitschaft der Österreicherinnen und Österreicher, sich an Bürgerprojekten zur Nutzung erneuerbarer Energien zu beteiligen, weiter leicht zunimmt.
Auch das Interesse an Energiegemeinschaften ist weiter hoch. Knapp die Hälfte der Befragten kann sich eine Beteiligung vorstellen. Jeder und jede Zehnte gibt sogar an, bereits an einer Energiegemeinschaft beteiligt zu sein. Der finanzielle Anreiz ist hier ebenfalls ausschlaggebend.
Wir sehen, dass die Themen Klimaschutz, Leistbarkeit und Versorgungssicherheit eng zusammenrücken. Der Kostenfaktor ist gerade im aktuellen wirtschaftlichen Umfeld für die Bevölkerung entscheidend. Der Weg `raus aus Gas´ und damit in eine umweltfreundliche und auch preisstabilere Zukunft kann nur gelingen, wenn wir alle auf diesem Weg mit- und die Sorgen ernstnehmen.
Michael Strebl, Vorsitzender der Geschäftsführung der Wien Energie
Bereits seit 2016 führt das Institut für Strategisches Management der WU Wien gemeinsam mit Deloitte Österreich und Wien Energie jährlich eine Studie zum Thema „Erneuerbare Energien in Österreich“ durch. Dabei werden 1.000 Österreicherinnen und Österreicher zu ihren Einstellungen und Assoziationen in Zusammenhang mit erneuerbaren Energien befragt.