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Living your purpose: Ein Fahrplan für integriertes Denken und Reporting

No company is an island: Neues Denken für ein neues Geschäftsumfeld
 

Die Grundlagen der Wirtschaft verändern sich schnell und schaffen neue Risiken und neue Chancen für Unternehmen auf der ganzen Welt. Die COVID-19-Pandemie hat grundlegende Wahrheiten ans Licht gebracht: dass Mensch und Natur untrennbar miteinander verbundene Systeme, voneinander abhängig und zunehmend anfällig sind und dass Risiken schnell entstehen und sich dynamisch entwickeln können. Innerhalb dieser Systeme wirkt die Technologie sowohl als Beschleuniger und Ermöglicher als auch als Störfaktor für die Geschäftsmodelle. Umwelt-, Sozial- und Governance-Belange (ESG) werden heute weithin als Kernrisiken für die Widerstandsfähigkeit von Unternehmen, die Marktstabilität und das globale wirtschaftliche Wohlergehen anerkannt (siehe Abbildung unten)[i].

Viele Unternehmen befinden sich daher an einem Wendepunkt. Ihre "gesellschaftliche Lizenz zum Handeln" kann nicht mehr als selbstverständlich angesehen werden, sondern muss mit jeder Handlung, jeden Tag, verdient und aufrechterhalten werden. Die langfristige Resilienz und die Fähigkeit eines Unternehmens, dauerhaft Mehrwert zu schaffen, hängen unmittelbar damit zusammen, wie es seinen Purpose und seine Werte mit den Erwartungen der Gesellschaft in Einklang bringt. Der Zweck der Wirtschaft wird in vielerlei Hinsicht neu definiert, da sich die Unternehmen dem Stakeholder-Kapitalismus zuwenden und anerkennen, wie wichtig es ist, allen Stakeholdern—einschliesslich Mitarbeitenden, Lieferanten, Gemeinschaften und der natürlichen Umwelt, sowie den Aktionären einen Mehrwert zu bieten[ii]. Dies ist eine Chance, verantwortungsvolle Entscheidungen zu treffen und die Grundsätze der Gerechtigkeit und der Nachhaltigkeit in ein neues Business-as-usual einzubauen.

Um dieses neue Paradigma verständlich zu machen, haben wir einige der führenden Überlegungen zu diesem Thema in einem Rahmenwerk zusammengefasst, das Unternehmen nutzen können, um Gespräche auf Vorstandsebene zu beginnen, bestehende Ansätze zu stärken und die Bereitschaft für ein verpflichtendes ESG-Reporting zu bewerten.

Der Kern dieses Rahmens umfasst die vier Überlegungen, die das Projekt des World Economic Forum International Business Council (WEF-IBC) zum Stakeholder-Kapitalismus identifiziert hat: die Prinzipien Governance, Planet, People und Prosperity (die 4Ps)[iii].


  • Grundsätze der Unternehmensführung: Als Grundlage für die Förderung von Leistung und langfristigem Erfolg legt die Governance die Aufsicht und die Mittel für die Festlegung, Ausführung und Überwachung des Purpose, der Werte, Strategien und Leistungen eines Unternehmens fest.
  • Planet: Unternehmen und Umwelt bedingen sich gegenseitig. Unternehmen sind für ihren Betrieb, ihre Lieferkette, die Gesundheit der Arbeitskräfte und darüber hinaus auf die Umwelt angewiesen. Ihr Handeln kann aber auch die natürliche Umwelt belasten und schädigen, manchmal in katastrophaler Weise, was letztlich die langfristige Wertschöpfung und die wirtschaftliche Lebensfähigkeit eines Unternehmens bedroht. Der Klimawandel ist das ernsthafteste und drängendste Problem, das nicht nur eine existenzielle Bedrohung für Unternehmen, sondern auch für die menschliche Zivilisation darstellt.
  • People: Die Belegschaft ist der Grundstein eines jeden Unternehmens. Mitarbeitende sind entscheidend für das tägliche Funktionieren einer Organisation. Sie sind aber auch unerlässlich für den langfristigen Erfolg und die Weiterentwicklungs- und Wachstumsmöglichkeiten eines Unternehmens. Arbeitsplätze, die Vielfalt und Integration fördern, schaffen Mehrwert, der zu besseren Leistungen, Wettbewerbsvorteilen und einem besseren Risikomanagement führen kann. Die Bereitstellung gleicher Chancen für alle durch Bildung, Lernen und faire Bezahlung, Investitionen in das Wohlbefinden der Mitarbeitenden und die Schaffung eines gesunden und sicheren Arbeitsumfelds verbessern die Widerstandsfähigkeit und die langfristige Wertschöpfung.
  • Prosperity: Unternehmen sind in einer einzigartigen Position: Sie können durch Beschäftigung, finanzielle Investitionen, Produktinnovationen und Steuerbeiträge wirtschaftlichen und sozialen Wohlstand schaffen. Sie sind Träger des Wohlstands für unsere Gesellschaft. Unternehmen können jedoch nicht erfolgreich sein, wenn die Gesellschaft versagt. Der Wohlstand der Gesellschaft als Ganzes ist eine Voraussetzung für den Erfolg eines Unternehmens.

Wenn diese Überlegungen im Kern des Unternehmens verankert sind, tragen sie zu einer nachhaltigen Wertschöpfung bei. Dies wird durch integriertes Denken erreicht, das einen ganzheitlichen und kohärenten Ansatz erfordert, um jeden Teil des Unternehmens unter der Aufsicht des Vorstands zu behandeln. Dies hilft den Unternehmen, die Wertschöpfung durch eine neue Perspektive zu verstehen, die kurz- und langfristige Ergebnisse ausgleicht und die vielfältigen Ressourcen—natürliche, menschliche, soziale und finanzielle— berücksichtigt, auf die Unternehmen angewiesen sind. Es zielt darauf ab, die Entscheidungsfindung zu verbessern, indem es eine ganzheitliche Sicht der Faktoren ermöglicht, die Wert schaffen oder erodieren können.


  • Verbesserte Zusammenarbeit mit Stakeholdern: Verbessertes Verständnis für die Bedürfnisse und Erwartungen der Stakeholder, Gestaltung strategischer Entscheidungen, um Werte für die Stakeholder des Unternehmens zu schaffen und gleichzeitig die eigene Leistung und die Aussichten zu verbessern
  • Ein besseres internes Verständnis der Wertschöpfung: Hilfe für Unternehmen, um besser zu verstehen, wie sie Wert schaffen oder erodieren, besseres Verständnis von Zusammenhängen und Abhängigkeiten
  • Verbesserte Unternehmensführung und Aufsicht: Erleichterung des Engagements des Verwaltungsrats und umfassendere Aufsicht über die relevanten Faktoren, die sich auf die Wertschöpfung auswirken, Unterstützung eines besseren Umgangs und einer besseren Führung an der Spitze sowie eine authentische Unternehmensberichterstattung
  • Bessere Entscheidungsfindung: Unterstützung beim Aufbrechen organisatorischer Silos und der Qualitätsverbesserung der Informationen über Risiken und Chancen, die zum Wertschöpfungsprozess beitragen

Die Roadmap für integriertes Denken

Integriertes Denken ist eine Reise, kein Ziel. Es ist ein dynamischer, sich wiederholender Prozess, der kontinuierliches Lernen und Verbesserung erfordert. Die Verankerung des integrierten Denkens erfordert oft organisatorische Veränderungen, eine Umgestaltung des Geschäftsmodells und einen Kulturwandel, um zweckorientierte Werte widerzuspiegeln—ein mehrjähriges Programm zum Aufbau von Kapazitäten, zur Kodifizierung neuer organisatorischer KPIs, um zu messen, was wichtig ist, und zur Förderung der organisatorischen Transparenz und Rechenschaftspflicht durch ein authentisches Unternehmensreporting.

In Übereinstimmung mit den Empfehlungen der Task Force on Climate-related Financial Disclosures (TCFD) sind wir der Ansicht, dass der Kern eines Unternehmens und seine Arbeitsweise von vier Themenbereichen (oder Säulen) bestimmt wird: Governance, Strategy, Risk Management sowie Kennzahlen und Ziele (Abbildung 2)[iv]. Die erfolgreiche Anwendung des integrierten Denkens bedeutet, dass die Überlegungen zu Planet, People und Prosperity in Governance, Strategy, Risk Management und die Kennzahlen und Ziele eines Unternehmens eingebettet werden.

Es reicht nicht aus, die Aspekte Planet, People und Prosperity in Governance, Strategy, Risk Management und die Kennzahlen und Ziele eines Unternehmens einzubinden. Ein wichtiger Teil dieses Weges ist das integrierte Reporting, das ein transparentes Reporting über die 4Ps beinhaltet. Ein Reporting, das das integrierte Denken widerspiegelt und authentisch zeigt, wie das Unternehmen geführt wird— einschliesslich der Defizite und anhaltenden Herausforderungen—kann Vertrauen schaffen und den Unternehmenswert steigern.[v] Die Stakeholder wollen verstehen, welche Verpflichtungen eine Organisation eingegangen ist, um einen positiven Impact zu erzielen, wie das Unternehmen plant, diese Verpflichtungen zu erfüllen und wie die Fortschritte gemessen werden.

Angesichts des erforderlichen organisatorischen Wandels wird die Schaffung der notwendigen Reportingkapazitäten Zeit brauchen. Die Unternehmen sollten jetzt damit beginnen, ihr Denken und ihr Reporting zu ändern und zu koordinieren. Während das ESG-Reporting heute weitgehend freiwillig ist, gelten für bestimmte Rechtsordnungen bereits erhebliche Anforderungen. Die IFRS Foundation hat sich ebenfalls dem Ziel verschrieben, globale Nachhaltigkeitsstandards zu etablieren, die auf der Ebene der einzelnen Länder verpflichtend gemacht werden können.[vi] Das Reporting nach den 4Ps bietet heute einen stabilen und widerstandsfähigen Rahmen, der unabhängig von Standards ist, aber flexibel genug, um die Bereitschaft für ein verpflichtendes ESG-Reporting zu schaffen, sobald dieses erforderlich ist (auch durch die Festlegung von Standards auf der Ebene der einzelnen Länder).

Die Verankerung der Zielsetzung und der Beginn des Reportings über die 4Ps erfordern einen geplanten und schrittweisen Ansatz. Im nächsten Abschnitt stellen wir die wichtigsten Schritte und Insights vor, um den Fortschritt zu beschleunigen und Unternehmen dabei zu helfen, herauszufinden, wie Nachhaltigkeitsfaktoren den Unternehmenswert unterstützen, und sich proaktiv für eine integrierte Denkweise und integriertes Reporting einzusetzen.


  • CDP (ehemals Carbon Disclosure Project) betreibt ein System zur Offenlegung von Umweltauswirkungen, die für die Datenanalyse aggregiert werden können.
  • Das Climate Disclosure Standards Board (CDSB) bietet einen Rahmen für die Reportings über Umweltinformationen mit der gleichen Strenge wie für Finanzinformationen.
  • Die Global Reporting Initiative (GRI ) entwickelt Standards, die sich auf die Auswirkungen von Unternehmen auf Mensch, Umwelt und Wirtschaft beziehen.
  • Die vom Financial Stability Board eingerichtete Task Force on Climate-related Financial Disclosures (TCFD) bietet Unternehmen einen Rahmen für das Reporting über die Auswirkungen des Klimawandels auf ihr Geschäft.
  • Die Value Reporting Foundation vereint das Integrated Reporting Framework, , das Grundsätze für die Kommunikation über die Wertschöpfung im Laufe der Zeit festlegt, und die Sustainability Accounting Standards Board (SASB) Standards, die Nachhaltigkeitskennzahlen zur Wertschöpfung von Unternehmen nach Sektoren und Branchen bieten.

Ein Fahrplan für integriertes Denken und Berichtswesen

Jede Reise braucht eine Karte. Zu diesem Zweck haben wir einen Fahrplan erstellt, der sowohl die integrierte Denkweise (Einbettung von Überlegungen zu Planet, People und Prosperity in Governance, Strategy, Risk Management und die Messgrössen und Ziele eines Unternehmens) als auch das integrierte Reporting (eine Reise zu einem authentischen Reporting über den Zweck und die 4Ps) hervorhebt. Unser Fahrplan spiegelt wider, dass der Weg zum Reporting ein iterativer Prozess ist, der einen mehrjährigen Ansatz, regelmässige Bewertungen und Änderungen zur Verbesserung des Denkens und des Reportings erfordert.

 

Klicken Sie auf das nachstehende Bild, um mehr über den Fahrplan mit detaillierten Anleitungen und Umsetzungsmassnahmen zu erfahren.

Fazit: Ein Weg nach vorn
 

Wir haben einen Fahrplan für die Einbettung von Überlegungen zu Planet, People und Prosperity in den Kern des Unternehmens erstellt und einen Weg zu integriertem Denken und integriertem Reporting aufgezeigt. Jetzt ist es an der Zeit, zu handeln. Gemeinschaften, Mitarbeitende, Kunden, Aufsichtsbehörden und Investoren erwarten und fordern zunehmend, dass Unternehmen ihren Purpose und ihre Werte mit den Erwartungen der Gesellschaft in Einklang bringen—und belohnen diejenigen, die authentische, transparente Verpflichtungen eingehen und diese Versprechen einhalten. Auch wenn wir uns auf dem Weg zu einem verpflichtenden ESG-Reporting befinden, sollte dies nicht nur als eine reine Compliance-Aufgabe betrachtet werden. Es geht darum, die Art und Weise zu ändern, wie ein Unternehmen seine "gesellschaftliche Lizenz zum Handeln" erwirbt, und authentisch darüber zu berichten; eine transformative Reise, die Transparenz und Verantwortlichkeit erfordert. Die Verpflichtung, sich auf diesen Weg zu begeben, ist ein wichtiger erster Schritt.

[i] Weltwirtschaftsforum Global Risks Report 2021: Global Risks Report 2021 - Berichte - Weltwirtschaftsforum (weforum.org)

[ii] Business Roundtable, "Ein Jahr später: Purpose of a Corporation", Zugriff am 3. August 2021.

[iii] World Economic Forum (erstellt in Zusammenarbeit mit Deloitte, EY, KPMG und PwC), Measuring Stakeholder Capitalism: Towards Common Metrics and Consistent Reporting of Sustainable Value Creation, September 2020.

[iv] Task Force on Climate-related Financial Disclosures, "TCFD Recommendations", Zugriff am 3. August 2021.

 [v] Jeff Weirens, et al., "Building credible climate commitments", Deloitte Insights, 14. Juni 2021.

[vi] International Financial Reporting Standards Foundation, "IFRS Foundation Trustees announce working group to accelerate convergence in global sustainability reporting standards focused on enterprise value," press release, 22 March 2021.

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