Eine neue Dimension gewinnt in der Welt des Handels an Bedeutung: die Nachhaltigkeit. Da die Gesellschaft ein nachhaltigeres Wirtschaften erwartet, wird dies den Ton für die künftige Wirtschaft, Politik und Gesetzgebung vorgeben und weit mehr als nur die Reduzierung vonCO2 umfassen. Bedenken und Vorschriften, die sich aus der Nachhaltigkeit ergeben, betreffen potenziell alle Aspekte des globalen Handels, von den Rohstoffen über die Zwischenprodukte und das Ende des Lebenszyklus eines Produkts bis hin zu den Geschäftspartnern und Lieferanten in der gesamten Wertschöpfungskette. Aus diesem Grund müssen Unternehmen mit internationalen Lieferketten obligatorische Nachhaltigkeitsaspekte in ihr bestehendes Management- und Kontrollsystem für die Einhaltung von Handelsvorschriften einbeziehen.
Die Globalisierung hat zahlreiche Möglichkeiten auf den Überseemärkten eröffnet und den wirtschaftlichen Wohlstand auf der ganzen Welt erhöht. In den letzten Jahren ist die Globalisierung jedoch von verschiedenen Seiten unter Druck geraten: durch die Pandemie, Protektionismus, 'Handels- und Technologiekriege' und zunehmende regulatorische Anforderungen, einschliesslich Exportkontrollen, Embargos und Sanktionen oder Zollanforderungen.
Neben diesen 'konventionellen' Handelsbestimmungen gewinnt eine neue Dimension in der Welt des Handels zunehmend an Bedeutung: die Nachhaltigkeit. Nachhaltigkeit ist definiert als die Fähigkeit, die gegenwärtige Umwelt so wenig oder gar nicht zu schädigen, dass das Gleichgewicht und die Aussichten künftiger Generationen nicht beeinträchtigt werden. Der Begriff Umwelt umfasst nicht nur die physische, sondern auch die soziale und wirtschaftliche Dimension. Da die Gesellschaft eine nachhaltigere Wirtschaft erwartet, wird dies den Ton für die zukünftige Wirtschaft, Politik und Gesetzgebung vorgeben und weit mehr als nur dieCO2-Reduzierung umfassen.
Bedenken und Vorschriften, die sich aus der Nachhaltigkeit ergeben, betreffen potenziell alle Aspekte des globalen Handels, von den Rohstoffen über die Zwischenprodukte und das Ende des Lebenszyklus eines Produkts bis hin zu den Geschäftspartnern und Lieferanten in der gesamten Wertschöpfungskette. Nachhaltigkeit kann also ein fördernder Faktor oder ein Hemmschuh sein. Unternehmen können dieses Thema nicht ignorieren, wenn sie langfristig erfolgreich sein wollen. Das sich ändernde Verbraucherverhalten, die Einkaufsstrategien in den Lieferketten und die Bestrebungen zu nachhaltigen Investitionen hängen zunehmend von den Nachhaltigkeitsratings und der allgemeinen Glaubwürdigkeit eines Unternehmens ab und werden von diesen beeinflusst.
Darüber hinaus ist der internationale Handel ein Motor für Wirtschaftswachstum und Armutsbekämpfung und damit wichtig für die Erreichung der von den Vereinten Nationen definierten Ziele für nachhaltige Entwicklung. Die internationale Wirtschaft spielt durch soziale, wirtschaftliche und rechtliche Entwicklungen eine wichtige Rolle für eine nachhaltigere Zukunft.
Es gibt einen allgemeinen Trend bei Gesetzgebern und Regierungen, verbindliche Nachhaltigkeitsanforderungen in die Compliance-Rahmenbedingungen aufzunehmen. Ein Beispiel dafür ist das Freihandelsabkommen zwischen der Europäischen Freihandelsassoziation (Island, Liechtenstein, Norwegen und die Schweiz) und Indonesien, das kürzlich von den Schweizer Stimmbürgern knapp angenommen wurde. Es enthält weitreichende Bestimmungen zur nachhaltigen Palmölproduktion, die auf überprüfbaren Zertifizierungen beruhen sollen. Nur nachhaltig produziertes Palmöl wird von den Handelserleichterungen profitieren. Darüber hinaus berücksichtigt das Abkommen auch die Grundrechte der Arbeitnehmer und die Bewirtschaftung der Waldressourcen. Dieses Abkommen könnte eine Blaupause für zukünftige Freihandelsabkommen sein, nicht nur für die Schweiz. Das knappe Ergebnis zeigt, dass solche zukünftigen Abkommen wahrscheinlich Nachhaltigkeitsaspekte berücksichtigen sollten, da sie sonst bei einer Volksabstimmung Schwierigkeiten bekommen.
Eine weitere, sich schnell entwickelnde Kategorie von Nachhaltigkeitsanforderungen sind erweiterte Anforderungen an die Sorgfaltspflicht von Unternehmen Partner. Diese sind oft notwendig, zum Beispiel bei der Beschaffung von wertvollen Rohstoffen aus potenziellen Konfliktregionen. Für die Schweiz ist dies von entscheidender Bedeutung, da sie die wichtigste Drehscheibe im internationalen Goldhandel ist: Zwei Drittel des weltweiten Edelmetalls werden hier raffiniert und verarbeitet. Laut Swissaid sind die Verfahren der OECD Due Diligence Guidance sehr schwer zu beurteilen, da es schwierig ist, die gesamte Lieferkette von den Minen in Afrika über die Raffinerien und Händler in den Vereinigten Arabischen Emiraten bis hin zum Endprodukt im Blick zu behalten. Die Schweizer Regierung schlägt daher vor, die zolltarifliche Differenzierung der Goldarten im Rahmen der Weltzollorganisation zu verbessern, um zumindest einen Teil des Transparenzproblems zu lösen.
Darüber hinaus gibt es weiche Gesetze und nicht-obligatorische internationale Standards wie die Voluntary Sustainable Standards (VSS) oder die UN Guiding Principles on Business and Human Rights. Nachhaltigkeitssiegel werden von vielen Verbrauchern immer stärker nachgefragt und sind zu einem festen Bestandteil der Marketingstrategie einer Reihe von Unternehmen geworden. Dem Ecolabel Index zufolge ist die Zahl der VSS in den letzten 30 Jahren von etwa 50 auf über 450 gestiegen.
Obwohl die Responsible Business Initiative in der Schweiz im November 2020 knapp abgelehnt wurde, wird der Gegenvorschlag mit bestimmten Verpflichtungen zur Nachhaltigkeitsberichterstattung in Kraft treten. Auch in anderen Ländern gibt es ähnliche Entwicklungen: Die britische Regierung will Strafen gegen grosse Unternehmen verhängen, die nicht in der Lage sind, offenzulegen, dass ihre Lieferketten frei von Produkten sind, die unter Zwangsarbeit hergestellt wurden. Im Fokus steht vor allem die Region Xinjiang in China, wo sich nach Angaben von Experten bis zu einer Million Angehörige verschiedener Minderheiten in sogenannten Umerziehungslagern befinden.
Die Mitgliedsstaaten der Europäischen Union (EU) haben sich auf ein neues Gesetz zur Lieferkette geeinigt, das darauf abzielt, Länder oder Unternehmen für die Einhaltung von Sozial- und Umweltstandards in der gesamten Produktionskette zur Verantwortung zu ziehen. Die EU-Kommission wird einen Rechtsrahmen ausarbeiten, um die notwendige Sorgfaltspflicht aller betroffenen Unternehmen sicherzustellen. Diese Gesetzgebung könnte, sobald sie umgesetzt ist, einen echten Wandel bewirken. Laut dem Bundesverband der Deutschen Industrie geht der Berichtsentwurf weit über die derzeit diskutierten Verpflichtungen auf nationaler Ebene hinaus und sieht unter anderem vor, dass in der EU ansässige Muttergesellschaften für Schäden, die von ihren Geschäftspartnern verursacht werden, haftbar gemacht werden können. Langfristig könnten auch Schweizer Unternehmen von diesen Entwicklungen auf dem Kontinent betroffen sein.
Im Dezember 2020 verabschiedete die EU die Menschenrechtssanktionen, die dem Konzept des US-Magnitsky Act ähneln. Damit kann die EU gezielt gegen Personen, Organisationen und Einrichtungen vorgehen, die für schwere Menschenrechtsverletzungen und -missbrauch weltweit verantwortlich sind, daran beteiligt sind oder damit in Verbindung stehen. Die EU hat die Befugnis, Vermögenswerte einzufrieren und Reiseverbote gegen bestimmte Personen zu verhängen und kann so die Verantwortlichen für Menschenrechtsverletzungen zur Rechenschaft ziehen.
Eine europäische Lösung wäre zu begrüssen, um Wettbewerbsverzerrungen zu vermeiden und die Komplexität der Vorschriften nicht weiter zu erhöhen. Für die Einhaltung von Umwelt- und Menschenrechten sind jedoch in erster Linie die einzelnen Regierungen verantwortlich. Internationale Unternehmen sollten Verantwortung übernehmen und einen Beitrag leisten, aber sie können es nicht allein tun, und die Anforderungen an die Sorgfaltspflicht müssen in ihrem Geschäftsalltag weiterhin umsetzbar sein.
Unternehmen mit internationalen Lieferketten müssen obligatorische Nachhaltigkeitsaspekte in ihr bestehendes Management- und Kontrollsystem für die Einhaltung von Handelsbestimmungen einbeziehen. Dies kann anhand der folgenden Schritte geschehen:
Schritt 1 - Verstehen Sie das Umfeld. Bewerten Sie, inwieweit ein Unternehmen rechtlichen Nachhaltigkeitsrisiken ausgesetzt ist, die seine Handelsaktivitäten betreffen. Ermitteln Sie über die verbindlichen Vorschriften hinaus branchenspezifische Standards und ziehen Sie massgeschneiderte Unternehmensziele in Betracht.
Schritt 2 - Legen Sie eine massgeschneiderte Strategie fest. Definieren Sie den Grad der Nachhaltigkeit, den die Organisation anstrebt, und gleichen Sie diesen mit der bestehenden Strategie und dem Rahmen ab. Definieren Sie eine Fit-Gap-Analyse auf drei Ebenen: Trade Compliance, Corporate Responsibility (Lieferkette) und externe Kommunikation.
Schritt 3 - Anpassung des Compliance- und Kontrollrahmens. Passen Sie den Rahmen für die Einhaltung der Vorschriften und die Kontrolle des Handels entsprechend an, indem Sie Elemente der Unternehmensverantwortung einbeziehen und (externe) Kommunikationskanäle einrichten. Bringen Sie den BPDD-Prozess auf die nächste Stufe, indem Sie die Nachhaltigkeit in der Lieferkette ausbauen.
Schritt 4 - Kommunizieren. Verfeinern Sie die Kommunikation über den Nachhaltigkeits- und Corporate-Responsibility-Bericht; fügen Sie eine neue Dimension hinzu, indem Sie die Einhaltung von Handelsbestimmungen und die damit verbundenen Nachhaltigkeitselemente strategisch in Ihre Berichterstattung einbeziehen. Verknüpfen Sie die Kommunikationsfunktionen mit den Funktionen zur Einhaltung des Handels.
Nachhaltigkeitsanforderungen in der gesamten Lieferkette sind zu einem wichtigen Element der Einhaltung von Vorschriften im globalen Handel geworden. Und das ist erst der Anfang, sowohl in der Schweiz als auch im Ausland. Für viele Unternehmen ist es eine Herausforderung, den Erwartungen gerecht zu werden und gleichzeitig die gesetzlichen Anforderungen über die gesamte Wertschöpfungskette, den Produktlebenszyklus und alle relevanten Märkte hinweg einzuhalten. Nachhaltigkeit sollte idealerweise in Ihr Trade Compliance- und Corporate Social Responsibility-Rahmenwerk integriert und durch eine transparente und verlässliche Kommunikationsstrategie unterstützt werden. Die Berücksichtigung aktueller Nachhaltigkeitsanforderungen, die Vorwegnahme kommender Herausforderungen und die Definition Ihrer Unternehmensstandards werden jetzt und in Zukunft von grösster Bedeutung sein.
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