Wir leben in einer Welt, in der es immer mehr Daten gibt - und doch haben Datenbeschränkungen erhebliche Folgen für die Weltbevölkerung und die Welt. Derzeit erschwert ein Mangel an wichtigen Daten den politischen Entscheidungsträgern die Verwirklichung der Ziele für nachhaltige Entwicklung (SDGs) der Vereinten Nationen, die für die zukünftige Gesundheit des Planeten und der Welt von entscheidender Bedeutung sind. Nach Angaben der ETH Zürich wird derzeit keines der SDGs auf globaler Ebene vollständig überwacht. Und im schlimmsten Fall - Ziel 16: Frieden, Gerechtigkeit und starke Institutionen - liegt die Datenerfüllung in den Ländern rund um den Globus bei nur 23,2 %.
Dies ist von grosser Bedeutung. Wie kann eine Regierung während einer Dürre eine angemessene Menge an Versorgungsgütern planen, ohne die Demographie in bestimmten Gebieten zu kennen? Oder wie kann eine internationale Organisation die Umweltfolgen des illegalen Holzeinschlags messen, ohne den Zustand des Waldes zu kennen? In diesen Fällen kann eine eingeschränkte Datenverfügbarkeit den Entscheidungsträgern schaden, das Erreichen der SDGs behindern und sogar Menschenleben kosten.
Eine der grössten Herausforderungen bei der Datenverfügbarkeit ist die Art und Weise der Datenerfassung. In einigen Fällen kann die Datenerfassung zu zeitaufwändig, schwierig oder sogar gefährlich sein, insbesondere in abgelegenen oder von Konflikten betroffenen Gebieten. Die Datenbeschaffung ist auch eine zeit- und ressourcenaufwändige Tätigkeit, bei der verschiedene Probleme hinsichtlich Qualität und Quantität auftreten können. Bei einigen Themen, wie z.B. der Bevölkerungszählung in abgelegenen Gebieten, werden die Daten in der Regel manuell erfasst, was erhebliche personelle Ressourcen erfordert.
Um diese Herausforderung zu bewältigen, setzen verschiedene Organisationen jetzt auf künstliche Intelligenz (KI), um die Qualität und Quantität der Datenbeschaffung zu verbessern. Indem KI Aufgaben der Datenbeschaffung automatisiert und neue Datenpunkte anbietet, hat sie das Potenzial, Organisationen dabei zu helfen, ihre Aufmerksamkeit auf geografische Gebiete oder Bevölkerungsgruppen zu lenken, die bisher unzugänglich waren, und so die Ressourcenzuweisung zur richtigen Zeit an den richtigen Ort zu lenken. "ALL IN on AI" liefert Beispiele dafür, wie staatliche Investitionen in KI für die Datenbeschaffung hilfreich waren. So nutzt die National Oceanic and Atmospheric Administration in den USA jetzt Videos von Onshore-Kameras und KI, um Fischbestände in Echtzeit zu überwachen. Andere Regierungen nutzen KI und neue Datenpunkte, um Naturkatastrophen wie Überschwemmungen und Vulkanausbrüche vorherzusagen. Die Einführung von KI steckt noch in den Kinderschuhen, aber die Technologie zeigt bereits das Potenzial, die Datenerfassung zu beschleunigen und der Welt zu helfen, die SDGs zu erreichen.
Um die Rolle der KI bei der Beschaffung von SDGs-Daten zu ermitteln, organisierte Deloitte Schweiz in Zusammenarbeit mit dem SDG Lab und dem Graduate Institute im März 2023 in Genf einen Workshop. Mehrere UN-Organisationen und Nichtregierungsorganisationen, die im Entwicklungs- und humanitären Sektor tätig sind, nahmen daran teil. Das Internationale Komitee vom Roten Kreuz (IKRK) präsentierte zwei Anwendungsfälle von KI für die Datenbeschaffung. Das erste Beispiel konzentrierte sich auf die Verwendung von Satellitenbildern zur Kartierung der Bevölkerung in Ländern mit niedrigem Einkommen. Das zweite Beispiel zielte auf die Verwendung von Text Mining zur Überwachung von Gewaltmustern in verschiedenen Regionen ab. Mit diesen neuen Daten kann das IKRK seine humanitären Einsätze besser planen und so einen positiven Einfluss auf die Erfüllung der Zielvorgabe 1 des SDG 16 nehmen, die da lautet: "Alle Formen von Gewalt und die damit verbundenen Todesfälle überall deutlich reduzieren".
Eine wichtige Herausforderung, die in dem Workshop hervorgehoben wurde, war die mangelnde Qualität oder Validierung ihrer Datenbestände. Eine kürzlich durchgeführte globale Deloitte-Umfrage zu klimabezogenen Informationen ergab beispielsweise, dass nur 5 % der 130 befragten Unternehmen der Meinung sind, dass die Daten, die sie zur Messung, Verfolgung und Erreichung ihrer Netto-Null-Ziele verwenden, völlig korrekt oder vollständig sind. Angesichts der grossen Auswirkungen des Klimawandels ist dies eine extrem geringe Zahl und könnte zu unangemessenen Klimaschutzaktivitäten führen. In diesem speziellen Fall kann der Einsatz von KI einen Wendepunkt darstellen. Erstens kann die Automatisierung des Prozesses der Datenerfassung das Risiko von Fehlern bei der Dateneingabe verringern und die Standardisierung vorantreiben. Zweitens kann KI die Datenvalidierung unterstützen, indem sie Techniken wie die automatische Datenbereinigung und -formatierung implementiert.
Eine zweite Herausforderung ist die begrenzte Standardisierung der Datenquellen. Dieses Thema ist besonders relevant, da die SDGs umfangreiche Synergien und Zielkonflikte mit ihrer Entwicklung haben. Die Vereinten Nationen erwähnen den möglichen Zielkonflikt zwischen der Verbesserung von Ziel 2: Null Hunger und den damit verbundenen, möglicherweise nachteiligen Auswirkungen auf Ziel 15: Leben auf dem Land. Andererseits gibt es eine positive Synergie mit Ziel 10: Verringerung der Ungleichheiten.
Da Synergien und Kompromisse so häufig vorkommen, sind sie entscheidend für die Schaffung von Standards für Vergleiche. KI kann diese Standardisierung unterstützen und internationalen Organisationen eine neue Reihe von Datenquellen zur Verfügung stellen, z. B. Satellitenbilder, Erkenntnisse aus sozialen Medien, GPS-Daten, Videos und Bilder und vieles mehr. So könnten beispielsweise politische Entscheidungsträger, die sich mit Lebensmittel- und Ernährungsfragen befassen, damit beginnen, klimabezogene Daten zu nutzen, um besser für Dürre und Hunger zu planen.
Eine dritte Herausforderung, die diskutiert wurde, war die fehlende Menge an wertvollen Daten, die eine sinnvolle Entscheidungsfindung ermöglichen. Wie bereits erwähnt, haben die meisten internationalen Organisationen keinen Zugang zu den notwendigen Daten für ihre Arbeit. Neue Datenquellen können helfen, dieses Problem zu entschärfen. So kann beispielsweise die Verwendung von Satellitenbildern eine Fülle von Daten für Organisationen bieten, die Entwaldung oder Wilderei überwachen: Die manuelle Bildverarbeitung ist zu zeitaufwändig; KI hat das Potenzial, diese Aufgabe zu rationalisieren.
Wie dies zeigt, kann KI erheblich dazu beitragen, Probleme bei der Datenbeschaffung für die SDGs zu lösen. Aber die Einführung von KI für die Datenbeschaffung ist nicht einfach und erfordert Zeit und Investitionen. Es gibt jedoch bewährte Verfahren, die Organisationen den Einstieg erleichtern können. Wir empfehlen die folgenden:
Der Mangel an Daten für die Berichterstattung über die Fortschritte bei den SDGs und allgemeineren Nachhaltigkeitszielen ist ein grosses Problem, das durch KI gemildert werden kann, indem neue Datenpunkte und hochwertigere Informationen bereitgestellt werden. Die Herausforderungen und Lösungen, die während des Workshops identifiziert und oben hervorgehoben wurden, sind nicht erschöpfend oder abschliessend, aber sie bieten einen Ausgangspunkt für die weitere Zusammenarbeit und Innovation. Im kommenden Jahr werden weitere Veranstaltungen über das Potenzial von KI mit dem Graduate Institute und dem SDG Lab stattfinden, um eine Gemeinschaft aufzubauen und die Zusammenarbeit voranzutreiben. Sprechen Sie uns an, wenn Sie mehr erfahren möchten.
Vielen Dank an Deborah de Wolff für ihren wertvollen Beitrag zu diesem Artikel.