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Smart Factory Interview-Serie

Wo stehen die Schweizer Fertigungsunternehmen auf ihrem Weg zur Smart Factory?

Deloitte Schweiz hat einige der wichtigsten Akteure und Vorreiter in der Schweizer Fertigungsindustrie befragt, um herauszufinden, wie sie ihr Fertigungsnetzwerk und ihre Produktionsabläufe innovativ gestalten und digitalisieren.

Experteninterviews mit Schweizer Produktionsunternehmen

 

Unter den Herstellern besteht ein breiter Konsens darüber, dass intelligente Fabriken strategisch wichtig sind und den Betrieb in Zukunft grundlegend verändern werden. Angesichts der betrieblichen Effektivität und Kosteneffizienz sowie der Steigerung der Wettbewerbsfähigkeit und der Nachhaltigkeit, die intelligente Fabriken bieten, liegt es auf der Hand, dass sie ein enormes Potenzial haben, die Art und Weise der Produktherstellung zu verändern. Fertigungsunternehmen in der Schweiz haben mit der Umstellung auf intelligente Fabriken begonnen und befinden sich an unterschiedlichen Punkten auf ihrem Weg. Um ihre bisherigen Erfahrungen und Erkenntnisse besser zu verstehen, haben wir eine Reihe von Führungskräften befragt, die in ihren Unternehmen an Initiativen für intelligente Fabriken beteiligt sind.

Deloitte: Können Sie beschreiben, was Smart Factory für Sie bedeutet?

Thorsten Mathäus: Maschinenautomatisierung und Robotik sind Teil der Definition von intelligenten Fabriken und werden in den Fabriken der Zukunft eine Schlüsselrolle spielen. Neue Technologien sind für intelligente Fabriken unverzichtbar - zum Beispiel können viele Produktionsprozesse mit Hilfe von KI und maschinellem Lernen hochgradig automatisiert werden. Die Digitalisierung spielt ebenfalls eine wichtige Rolle und hat die Vertriebskanäle verändert. Viele Kunden sind jetzt direkt mit der Fabrikhalle verbunden und können ihre Produkte/Roboter online konfigurieren. Alle unsere Fabriken sind bereits mit SAP ERP integriert.

ABB Robotics verwendet und produziert Industrieroboter und kollaborative Roboter, um Initiativen für intelligente Fabriken zu beschleunigen. In unserer neuen Robotikfabrik in Shanghai stellen Roboter bereits Roboter her. Intelligente Fabriken ermöglichen zwar eine grössere Flexibilität und Produktvielfalt, aber diese Flexibilität muss konsequent auf die sich ändernde Kundennachfrage abgestimmt und auch auf die Angebotsplanung angewendet werden. Die intelligente Fabrik wird hauptsächlich von zwei Faktoren angetrieben, nämlich Effizienz/Profitabilität und Qualität für uns und unsere Kunden.

Deloitte: Was ist Ihre Strategie und Vision für eine intelligente Fabrik?

Thorsten Mathäus: Wir konzentrieren uns auf das Management des "Cradle-to-Grave"-Lebenszyklus von Produkten. Das ultimative Ziel ist eine End-to-End-Digitalisierung der gesamten Lieferkette, von der Herstellung und dem Betrieb bis hin zur Kundenerfahrung und dem Aftermarket. Hier gibt es klare Kundenerwartungen, auf die wir reagieren müssen. Eine neue Generation von Kunden wächst mit ihren Smartphones und Tablets auf. Sie sind an die Internetverbindung gewöhnt und möchten die gleiche Funktionalität und Benutzerfreundlichkeit bei der Interaktion mit unseren Produkten haben.

Unsere digitale Plattform ABB Ability® zum Beispiel unterstützt Kunden bei ihren Prozessen und bietet mit ihren vernetzten und cloudbasierten Diensten Echtzeiteinblicke für die Betriebsplanung und -steuerung. Es handelt sich um eine Lösung für das Leistungsmanagement, die die Fernüberwachung, Steuerung und Wartung von Robotern und Maschinen ermöglicht. Die Server für unseren Cloud-basierten Connected Service entsprechen den höchsten Standards für IT-Sicherheit und Datenschutz.

Deloitte: Wie beginnen Sie Ihre Reise zur intelligenten Fabrik und wie lange sollte diese Reise dauern?

Thorsten Mathäus: Situationen auf der grünen Wiese sind die besten Gelegenheiten für den Einstieg in eine intelligente Fabrik, da sie es Ihnen ermöglichen, intelligente Fabriken von Grund auf zu planen und zu implementieren. Die Anpassung von Industriebrachen oder bestehenden Fabriken an das Internet der Dinge ist zwar ebenfalls notwendig, um wettbewerbsfähig zu bleiben, kann aber eine grössere Herausforderung darstellen. Die Reise der intelligenten Fabrik endet nie wirklich. Normalerweise helfen einige Lean Six Sigma-Projekte dabei, die Reise zu beginnen, aber die digitale Transformation ist ein kontinuierlicher Prozess, der ständige Veränderungen erfordert. Die Implementierung von intelligenten Technologien erfolgt oft in kleinen Chargen, entweder auf Fertigungsinseln oder als Schnittstellen zu anderen Geschäftsbereichen. Eine breitere Einführung in allen Fabriken folgt in der Regel später.

Deloitte: Verfügen Sie in Ihrem Unternehmen über die richtigen Talente, um Ihre Pläne für eine intelligente Fabrik erfolgreich umzusetzen? Welche Fähigkeiten und Einstellungen werden Ihre Mitarbeiter in der intelligenten Fabrik der Zukunft benötigen?

Thorsten Mathäus: Als Arbeitgeber, der sich auf Innovation und Digitalisierung konzentriert, verstärken wir unseren Talentpool ständig mit externen Spezialisten. Ausserdem sind wir in der glücklichen Lage, intern über eine starke Talentbasis und eine Vielzahl von Fähigkeiten zu verfügen. Unsere Mitarbeiter haben über Jahrzehnte hinweg umfangreiche Erfahrungen gesammelt. Zu unserer Belegschaft gehören Generationen, die mit neuen Technologien sehr vertraut sind, da sie mit neuen Trends und Themen aufgewachsen sind. Es mag zwar einige geografische Unterschiede geben, aber im Grossen und Ganzen haben unsere Mitarbeiter die richtige Einstellung, um in einer zukünftigen intelligenten Produktionsumgebung erfolgreich zu sein.

Deloitte: Worin sehen Sie die grössten Chancen für Ihr Unternehmen im Bereich der intelligenten Fertigung?

Thorsten Mathäus: Das Dienstleistungsgeschäft verlagert sich derzeit in Richtung Automatisierung und Digitalisierung, da sich die Kundenanforderungen ändern und wir einen starken Anstieg der Nachfrage erwarten. Eine weitere grosse Chance ist die Zusammenarbeit zwischen Menschen und Robotern. Das Wachstum in diesem Bereich ist nun schon seit einigen Jahren stark und blieb sogar während der Corona-Krise konstant. In diesem Zusammenhang hat unser wirklich kollaborativer Roboter (oder Cobot) YuMi das Spiel verändert und wir führen derzeit die nächste Generation von Cobots (GoFa und SWIFTI) auf dem Markt ein.

Deloitte: Was sind Ihrer Meinung nach die wichtigsten Trends in der intelligenten Fertigung für Ihre Branche in den kommenden Jahren?

Thorsten Mathäus: In Zukunft werden viele intelligente Fertigungsinnovationen in unserer Branche von den Erwartungen der Kunden getrieben werden. Zum Beispiel - Kunden wollen mehr Echtzeitverfolgung über den gesamten Produktlebenszyklus, d.h. sie wollen wissen, wo sich ihre Produkte in der Produktion oder im Vertriebsprozess befinden. Darüber hinaus werden Trends wie individualisierte Produkte und Losgrösse 1 (Einzelstückzahl für eine Bestellung) von den Kunden zunehmend erwartet und können durch IoT erleichtert werden.

Die Reaktion auf diese neuen Kundenanforderungen wird auch neue Vertriebsmodelle erfordern. Die Hersteller müssen schnell handeln und von anderen Branchen lernen, die in diesem Bereich führend sind. Auch die Intralogistik auf der Kundenseite muss digitalisiert und automatisiert werden. Oft werden die Produkte, die aus der intelligenten Fabrik kommen, noch manuell bewegt. Neue Transportmittel und -wege, die eine schnellere und pünktlichere Lieferung an die Kunden gewährleisten, müssen mit Hilfe des IoT ermöglicht werden.

Deloitte: Können Sie beschreiben, was Smart Factory für Sie bedeutet?

Yann Ulrich: Die intelligente Fabrik ist die Verbindung von OT (Betriebstechnologie) mit IT (Informationstechnologie). Sie ermöglicht einen höheren Automatisierungsgrad und schafft mit Hilfe von prädiktiven und adaptiven Daten einen Mehrwert. Es gibt verschiedene Reifegradmodelle für intelligente Fabriken, die durch den Produktionsmix beeinflusst werden.

Unsere digitale Vorzeigefabrik in Amberg (Deutschland) ermöglicht es uns, neue digitale Dienstleistungen für unsere Kunden zu entwickeln und bietet uns ausserdem die Möglichkeit, interne Erfahrungen für die Digitalisierung unserer anderen Fabriken zu sammeln.

Deloitte: Was ist Ihre Strategie und Vision für eine intelligente Fabrik?

Yann Ulrich: Unsere strategische Vision der intelligenten Fabrik wird durch das Digital Factory Project von Siemens vorangetrieben. Dabei handelt es sich um eine globale Gemeinschaft, die sich auf das Thema intelligente Fabriken konzentriert und für die Einführung eines einheitlichen Betriebsmodells verantwortlich ist, um alle Fabriken voranzubringen und ihre Mitarbeiter zu entwickeln. Aufgrund der vielen Übernahmen in den letzten Jahren kann der Reifegrad in den einzelnen Fabriken jedoch sehr unterschiedlich sein. So kann es beispielsweise technologische Lücken geben, die neue Lösungen erfordern, und auch viele Brownfield-Szenarien, die berücksichtigt werden müssen. Zu den wichtigsten Leistungsindikatoren für den Erfolg gehören mehr Flexibilität, größere Widerstandsfähigkeit (insbesondere während der Corona-Krise) und Kosteneffizienz.

Deloitte: Haben Sie irgendwelche Best Practices für den Implementierungsprozess von intelligenten Fabriken parat?

Yann Ulrich: Meiner Meinung und Erfahrung nach gibt es einige konkrete Schritte, die man befolgen kann:

  1. Beginnen Sie mit einer klaren Unternehmensstrategie
  2. Entwickeln Sie eine digitale Strategie, die die Unternehmensstrategie unterstützt
  3. Lassen Sie sich von neuen Technologietrends inspirieren
  4. Definieren Sie die Fähigkeiten, die für die Umsetzung der intelligenten Fabrik erforderlich sind, und die Trends, die für die Fabrikhalle relevant sind
  5. Entscheiden Sie sich für ein Projekt und legen Sie einen Fahrplan fest
  6. Denken Sie daran, dass das Ziel letztlich darin besteht, effizienter zu werden und den Gewinn zu steigern.

Trotz der Tatsache, dass eine solche Digitalisierung vollständig intern durchgeführt werden kann, sind externe Erkenntnisse immer hilfreich. Auch wenn die besten Ergebnisse auf der grünen Wiese erzielt werden, sollten wir nicht vergessen, dass eine umfassende Digitalisierung von Fabriken auch auf der grünen Wiese stattfinden kann, wo viele Möglichkeiten zur Automatisierung bestehen. Ein Top-Down-Ansatz hilft beim Aufbau einer angemessenen Infrastruktur für die gesamte Reise zur intelligenten Fabrik, die dann in kleinere Teile aufgeteilt werden kann, um sich darauf zu konzentrieren. Wenn Sie von unten nach oben mit kleineren Projekten beginnen, besteht die Gefahr, dass Sie sich verzetteln und nicht weiterkommen.

Deloitte: Was sind Ihrer Meinung nach die grössten Herausforderungen bei der Implementierung einer intelligenten Fabrik?

Yann Ulrich: Eine der grössten Herausforderungen bei der Implementierung einer intelligenten Fabrik ist die Migration und das Mapping von Altdaten - zum Beispiel die Umwandlung der Daten für einen neuen Prozessablauf. Es kann sich auch als schwierig erweisen, die Mitarbeiter auf dem Weg zu einer intelligenten Fabrik mitzunehmen, da sich die Berufsprofile während dieses Prozesses häufig ändern. Während die Konnektivität der Hardware im Allgemeinen kein grosses Problem darstellt, wenn es um die IT/OT-Integration geht, gibt es einige Hersteller, deren Daten stark dateibasiert sind (z.B. Exportdateien), und dies muss berücksichtigt werden.

Die erweiterten Funktionen erfordern jedoch eine direkte Verbindung zu den Maschinen und einen gegenseitigen Datenaustausch. Nicht alle Hersteller sind dafür offen, da sie befürchten, dass die Leistung der Maschinen beeinträchtigt wird, wenn eine IoT-Box an die Steuerung angeschlossen wird. Auch die Cybersicherheit ist ein wichtiges Thema. Schwachstellen müssen beseitigt werden, bevor die OT-Welt mit der IT-Welt verschmolzen wird.

Deloitte: Verfügen Sie in Ihrem Unternehmen über die richtigen Talente, um Ihre Pläne für eine intelligente Fabrik erfolgreich umzusetzen? Welche Fähigkeiten und welche Denkweise werden Ihre Mitarbeiter in der zukünftigen intelligenten Fabrik benötigen?

Yann Ulrich: Die Suche nach den richtigen Talenten ist eine grosse Herausforderung. Die Anzahl der Übernahmen im Softwarebereich bedeutet, dass ständig neue Fähigkeiten benötigt werden. Um diesem Bedarf gerecht zu werden, führen wir bei Siemens eine spezielle Kampagne zum Thema "Growth Mindset" durch, und lebenslanges Lernen wird konsequent betont. Es ist auch wichtig, dass die Führung das Thema Lernen und Entwicklung vorantreibt, anstatt es nur als individuelle Verantwortung zu betrachten.

Zu den wichtigen neuen Fähigkeiten und Eigenschaften, die in einer zukünftigen intelligenten Fabrikumgebung benötigt werden, gehören die Kommunikation mit neuen digitalen Werkzeugen sowie die Mitgestaltung und Innovation in virtuellen Workshops mit unterschiedlichen Teams.

Deloitte : Was sind Ihrer Meinung nach die wichtigsten Trends in der intelligenten Fertigung für Ihre Branche in den kommenden Jahren?

Yann Ulrich: 5G ist ein wichtiger Trend, der geringere Latenzzeiten und mehr Leistung ermöglicht, was speziell für Edge Computing relevant ist. Mit 5G-Technologien sind auch viel mehr Kombinationen möglich, so dass fragmentierte Daten aus verschiedenen Systemen neu berechnet werden können.

Der 3D-Druck / die additive Fertigung ist ebenfalls ein wichtiger Zukunftstrend, und die Vorstellung, dass ein Servicetechniker ein Ersatzteil auf dem Weg zur Reparaturstelle ausdruckt, ist gar nicht so weit hergeholt.

Zwar ist Blockchain für eine Nachverfolgung innerhalb von Unternehmen nicht notwendig, aber wenn auch Lieferanten kontrolliert werden müssen, kann Blockchain sehr sinnvoll sein.
Schließlich müssen Unternehmen nicht immer jeden Trend anführen. Manchmal ist es sinnvoller, mit einer breiteren Einführung noch etwas zu warten, bis sich ein Trend etabliert hat.

Deloitte: Können Sie beschreiben, was Smart Factory für Sie bedeutet?

Alberto Martinez: Bei einer erfolgreichen intelligenten Fertigung geht es darum, Werte für unsere Kunden zu schaffen und sich auf eine gemeinsame Reise mit ihnen zu begeben. Es geht darum, auf die Bedürfnisse unserer Kunden in der Blechverarbeitung einzugehen und unsere Smart-Factory-Lösungen entsprechend anzupassen. Diese Lösungen müssen skalierbar sein und mit den sich ändernden Anforderungen wachsen können. Bei Bystronic konzentrieren wir uns auf die Verbesserung des End-to-End-Szenarios - die Verbindung und Synchronisierung von Maschinen, Produkten und Menschen - entlang der gesamten Wertschöpfungskette, um Effizienz und Flexibilität zu erreichen.

Die Kommunikation mit den Kunden ist der Schlüssel, um mit ihnen zu teilen und zu verstehen, was sie brauchen. In diesem Sinne arbeiten wir bei jedem Schritt auf dem Weg zu einer intelligenten Fabrik aktiv mit unseren Kunden zusammen.

Deloitte: Was ist Ihre Strategie und Vision für eine intelligente Fabrik?

Alberto Martinez: Der Kunde steht im Mittelpunkt unserer Strategie/Vision der intelligenten Fabrik. Unser Ziel ist es, alle Anforderungen der Wertschöpfungskette unserer Kunden zu erfüllen. Wir tun dies, indem wir uns ihre Kernprozesse ansehen - zum Beispiel Optimierung, Messung, Bewertung, Fertigung und Planung - und die richtigen Lösungen für sie entwickeln. Natürlich gibt es bei jedem Kunden gewisse Unterschiede, so dass die Lösungen entsprechend angepasst werden müssen. Unsere Vision der intelligenten Fabrik ist immer durchgängig und konzentriert sich auf den gesamten Prozess und nicht nur auf die Verbesserung einiger Bereiche. An der Spitze der Innovationsführerschaft streben wir nach Standardisierung und Interoperabilität und wollen der universelle Adapter werden, der eine echte Digitalisierung und Entscheidungsfindung nahezu in Echtzeit ermöglicht.

Deloitte: Haben Sie irgendwelche Best Practices für den Implementierungsprozess von intelligenten Fabriken parat?

Alberto Martinez: Es ist hilfreich, sich zu Beginn der Reise zur intelligenten Fabrik auf das Hauptprodukt zu konzentrieren und eine Lösung zu entwickeln, die dieses unterstützt. Dies ist der Schlüssel zur Integration und Verbindung vieler verschiedener Maschinen, Software, Menschen usw.

Der Wettbewerb zwischen Silos wie Design, Fertigung oder Vertrieb kann sich als Herausforderung erweisen und zu einer Unterbrechung der Verbindung führen. Um eine durchgängige Konnektivität zu erreichen, ist es wichtig, dass alle Beteiligten Informationen austauschen und voneinander lernen. Es ist zwar wichtig, die Lehren aus der Vergangenheit anzuerkennen und daraus zu lernen, aber Sie müssen auch eine neue Denkweise und Intuition entwickeln, um in die "neue Welt" der Digitalisierung vorzustoßen. Dies ist besonders wichtig, um die richtigen Informationen und Erkenntnisse aus den verfügbaren Daten zu gewinnen.

Wir sehen die Digitalisierungsreise eines Unternehmens oder die Implementierung einer intelligenten Fabrik bei unseren Kunden als skalierbar an. Wir klassifizieren unsere Kunden gerne als "Starter", "Entdecker", "Spieler", "Herausforderer" und "Champions". Viele Kunden sind noch "Starter", mit nur wenigen intelligenten Maschinen, aber sie entwickeln sich zu "Explorern", indem sie mehr Technologie einführen - zum Beispiel mehr Robotik und Automatisierung. "Player" sind Kunden, die ihre Systemintegration bereits gemeistert haben, und "Herausforderer" sind die wenigen, die die Prozessautomatisierung bereits umgesetzt haben. Nur eine Handvoll Kunden sind die "Champions", die all ihre Prozesse vollständig digital vernetzt haben, von Ende-zu-Ende, einschließlich verschiedener Unternehmen, ihrer Lieferanten und ihrer Dienstleister.

Was unsere eigene Smart Factory-Implementierung betrifft, befinden wir uns irgendwo zwischen einem "Player" und einem "Herausforderer" - wir haben unsere Systemintegration gemeistert, müssen aber bei der Implementierung der Prozessautomatisierung grössere Fortschritte machen.

Deloitte: Was sind Ihrer Meinung nach die größten Herausforderungen bei der Implementierung einer intelligenten Fabrik?

Alberto Martinez: Unsere Kunden stehen vor drei Herausforderungen: Sie müssen ihre Werkzeuge und Maschinen homogenisieren, um die Produktion zu beschleunigen, sie müssen isolierte Unternehmensbereiche miteinander verbinden und integrieren, damit sie nahtlos zusammenarbeiten können, und sie müssen Daten erfassen, standardisieren und verstehen, um ihr Verständnis und die Transparenz ihrer Prozesse zu verbessern. Um dies zu lösen, muss ein neues Ökosystem von Tools und Plattformen aufgebaut werden, das skalierbar ist.

Bei Bystronic war die Einführung einer neuen Denkweise und der Umgang mit der Komplexität von über 30 verschiedenen Standorten weltweit anfangs eine Herausforderung bei der Implementierung der Smart Factory. Aber wir haben sie bisher sehr gut gemeistert, weil wir die richtigen Leute und Talente mit einer agilen Denkweise an Bord haben.

Es wird noch viele weitere Veränderungen geben. 5G wird alles beschleunigen und Cybersicherheit ist auf Kundenseite zunehmend ein grosses Thema, das angegangen werden muss. Die jüngeren Generationen mit ihrer Affinität zu sich schnell entwickelnden Technologien werden auch in Zukunft alles in Frage stellen.

Deloitte: Worin sehen Sie die grössten Chancen für Ihr Unternehmen im Bereich der intelligenten Fertigung?

Alberto Martinez: Bystronic ist ein Pionier in der Blechbearbeitung, entwickelt sich aber zunehmend vom reinen Produkthersteller zum Lösungsanbieter, der eine wichtige Rolle bei der Digitalisierung unserer Kunden spielt. Wir wollen ein verlässlicher Partner im Bereich der Blechbearbeitung sein und aktiv Werte für unsere Kunden schaffen - das geht über den reinen Verkauf von Maschinen hinaus. Um echte Enabler und Innovatoren zu sein, müssen wir uns mit unseren Plattformen, Mitarbeitern und Software differenzieren.

Obwohl wir eine führende Position in der Blechverarbeitung einnehmen, ist das Umfeld zunehmend wettbewerbsintensiv. Wir tätigen kluge Investitionen und entwickeln ständig Innovationen, um für unsere Kunden relevant zu bleiben. Das Risiko, nichts zu tun, ist viel grössere. Wenn Kunden beispielsweise ein neues Laserschneidsystem suchen, haben sie in China oder Osteuropa die Qual der Wahl - wenn sie jedoch eine führende Lösung suchen, gibt es vielleicht nur zwei oder drei Unternehmen mit einem "Goldstandard" auf dem Markt. Hier sehen wir die grössten Chancen und wollen uns positionieren.

Deloitte: Können Sie beschreiben, was Smart Factory für Sie bedeutet?

Guilherme Rocha: "Intelligenter werden" bedeutet, besser zu verstehen, was im Produktionsprozess vor sich geht und ein grösseres Bewusstsein zu schaffen, um fundiertere Entscheidungen zu treffen. Dies wiederum trägt durch die intelligente Fabrik dazu bei, sowohl Flexibilität als auch Optimierung zu ermöglichen. Digitale Werkzeuge sind in dieser Hinsicht ein Wegbereiter, denn sie ermöglichen es uns, weit mehr zu tun, als dies in der Vergangenheit möglich war.

Deloitte: Was ist Ihre Strategie und Vision für eine intelligente Fabrik?

Guilherme Rocha: Wir entwickeln derzeit Strategien für zwei Geschäftsbereiche - den Bereich Polymer Processing Solutions, der angesichts der Art des Geschäfts bereits eine recht ausgereifte Sichtweise auf das Thema hat, und den Bereich Surface Solutions (Beschichtungszentren), in dem wir die Reise gerade erst beginnen. Die Kundenbeziehungen stehen im Mittelpunkt unseres Wertversprechens und wir wollen die Dimensionen Geschwindigkeit und Qualität in unserem Kundenangebot stärken. Viele unserer Beschichtungszentren sind kleine Einrichtungen, die über den ganzen Globus verteilt sind und sich in der Nähe unserer Kunden befinden.

Wir haben die Vision, mit Hilfe von Technologien die gesamte Wertschöpfungskette besser zu vernetzen. Um dies zu erreichen, verfolgen wir einen schrittweisen Ansatz. Zunächst legen wir die Grundlagen für die Integration von Standardprozessen. Dann sammeln wir Daten von Produktionsstätten und Lieferketten, um den Durchsatz zu analysieren und zu verstehen, was vor sich geht. Danach führen wir auf der Grundlage von Anwendungsfällen, die einen Mehrwert für unsere Kunden schaffen, mehr IoT in der Produktion ein, um mehr Daten aus unserem Betrieb zu nutzen. Schließlich nutzen wir die Automatisierung nicht nur, um nicht wertschöpfende Aufgaben zu beseitigen, sondern auch, um bessere Informationen und genauere Daten zu erhalten.

Deloitte: Haben Sie irgendwelche Best Practices für den Implementierungsprozess von intelligenten Fabriken parat?

Guilherme Rocha: Smart-Factory-Initiativen / Implementierungen sind immer eine Kombination aus Top-Down- und Bottom-Up-Ansätzen. Während die Investitionsentscheidungen von der obersten Führungsebene getroffen werden müssen, folgt die Art und Weise und der Zeitpunkt der Umsetzung eher einem Bottom-up-Ansatz und sollte an der Peripherie des Unternehmens erfolgen. Im Allgemeinen ist es einfacher, eine neue Abteilung zu gründen und neue Ideen zu entwickeln, als die bestehenden Unternehmensbereiche anzuzapfen, ohne das laufende Geschäft zu stören. Der Weg von Prototypen zu geschäftlichen Auswirkungen ist lang.

Deloitte: Was sind Ihrer Meinung nach die größten Herausforderungen bei der Implementierung einer intelligenten Fabrik?

Guilherme Rocha: Die Menschen und ihre Mentalität sind eine grosse Herausforderung. Während der Oerlikon Digital Hub versucht, den Geschäftsbereichen die richtigen Talente zur Verfügung zu stellen, müssen wir immer noch unsere Pipeline an Talenten, Fähigkeiten und neuen Denk- und Arbeitsweisen aufbauen, insbesondere im Hinblick auf Datenwissenschaftler, IoT-Spezialisten und andere Fähigkeiten zur digitalen Transformation.

Eine weitere Herausforderung ist unser dezentrales Modell, das unsere globale Präsenz abdeckt. Wir haben etwa 110 Beschichtungszentren, die über verschiedene Regionen verteilt sind - einige mit nur 20 Mitarbeitern, andere mit bis zu 200 Mitarbeitern. Es ist nach wie vor eine Herausforderung, global organisiert zu sein und dennoch lokal zu reagieren.

Cyber-Risiko / Sicherheit ist eine weitere Herausforderung, die es zu bewältigen gilt. OC Oerlikon hat bereits einen CISO (Chief Information Security Officer) ernannt, dessen Aufgabe auch die Überwachung der Sicherheit auf der OT-Seite (operative Technologie) umfasst. Auch wenn wir uns noch in einem frühen Stadium der Reise befinden, wird unsere Verwundbarkeit immer grösser, je mehr wir digitalisieren. Vor diesem Hintergrund ist der Datenaustausch zwischen den Beteiligten von entscheidender Bedeutung. Es muss sowohl ein klares Verständnis für den zu teilenden Wert als auch Vertrauen in die Sicherheitsaspekte der gemeinsamen Nutzung bestehen.

Insgesamt besteht die grösste Herausforderung jedoch darin, von Pilotprojekten für die intelligente Fertigung zu echten Produktionsanwendungen überzugehen. Es gibt zwar viele Unternehmen mit interessanten Projekten für intelligente Fabriken, aber derzeit gibt es weltweit kein Unternehmen, das von sich behaupten kann, dass es eine vollständige intelligente Fabrik im großen Maßstab betreibt.

Deloitte : Worin sehen Sie die wichtigsten Chancen für Ihr Unternehmen im Bereich der intelligenten Fertigung?

Guilherme Rocha: Es gibt viele Möglichkeiten der Integration durch die Einführung neuer Technologien. Andere Möglichkeiten liegen in der Bedarfsermittlung, der Transparenz und der Integration innerhalb der Lieferkette. Um diese Möglichkeiten in einen profitablen Vorteil umzuwandeln, sind eine bessere Planung, schnellere Reaktionszeiten und eine bessere Auslastung der vorhandenen Kapazitäten erforderlich. Der Zugang zu mehr Informationen aus den nachgelagerten Bereichen und das Aufbrechen von Silos würde uns definitiv dabei helfen, flexibel auf diese Möglichkeiten zu reagieren und so ein besseres Angebot für unsere Kunden zu schaffen.

Deloitte: Was sind Ihrer Meinung nach die wichtigsten Trends in der intelligenten Fertigung für Ihre Branche in den kommenden Jahren?

Guilherme Rocha: Der Fluss und die Sammlung von Daten aus Geräten ist die Grundlage für alles - bessere Vorhersagen, höhere Reaktionsfähigkeit und genauere Daten für KI. In den nächsten Jahren wird es erhebliche Entwicklungen im Bereich der Grundlagentechnologien geben und auch die IoT-Infrastruktur wird eine grosse Rolle spielen.

Kollaborative Automatisierungstechnologien - z.B. Cobots - werden dazu beitragen, die Automatisierung/Robotisierung in kleinere Produktionsmengen zu bringen. Ein potenzieller Game Changer ist, dass die Preise für Cobots und AGVs (Automated Guided Vehicles) sinken, was zu einer schrittweisen Veränderung unserer Arbeitsweise führen kann.

Deloitte: Können Sie beschreiben, was Smart Factory für Sie bedeutet?

Daniel Meier: Intelligente Fabrikkonzepte beinhalten in der Regel eine Kombination aus Menschen und Maschinen, aus Prozesswissen und neuen Fertigungstechnologien. Da sich das Bild ständig ändert, bedeutet "intelligent", zu jedem Zeitpunkt die beste Kombination für die Fertigungsprozesse zu finden. Bei Burckhardt Compression wiederholen sich die Prozesse nicht so häufig, so dass wir nicht viel mit Datensimulationen oder maschinellem Lernen zu tun haben, um ein Beispiel zu nennen. Trotzdem müssen wir eine breite Palette von Technologien und Prozessen beherrschen, um unsere Produktionskapazität zu optimieren.

Deloitte: Was ist Ihre Strategie und Vision für eine intelligente Fabrik?

Daniel Meier: Wir haben vor kurzem an unserem Schweizer Produktionsstandort eine neue Fünf-Jahres-Initiative gestartet, die von zwei Elementen angetrieben wird, nämlich von hoher Produktivität und hoher Flexibilität. Smart Factory-Initiativen haben das Potenzial, den Produktionsstandort Schweiz zu fördern, obwohl er ein Hochkostenstandort ist. Möglich wird dies durch den einfachen Zugang zu Experten aus verschiedenen Bereichen, die Ihnen helfen können, große Produktivitätsgewinne zu erzielen. Unser Slogan/Vision "Machining 3020" spricht von einer 30%igen Durchlaufzeit- und 20%igen Kostenreduzierung innerhalb des aktuellen Fertigungsprozesses.

Deloitte: Haben Sie irgendwelche Best Practices für den Implementierungsprozess von intelligenten Fabriken parat?

Daniel Meier: "Es ist wichtig, nah an der Praxis zu sein, mit Piloten zu beginnen und die Organisation in die Lage zu versetzen, die Transformation selbst zu realisieren."

Wir haben ein Bottom-up-Projekt, das eine Zellenlogik hat und sich auf wichtige Bereiche der Wertschöpfung konzentriert. In unseren 5-6 ausgewählten Zellen konzentrieren wir uns auf Optimierung und schlanke Konzepte. Es gibt keinen Einheitsansatz und die Automatisierungstiefe innerhalb jeder Zelle wird unterschiedlich sein. Außerdem haben wir eine "Digital Innovation Unit" ins Leben gerufen, die zusammen mit der IT-Abteilung Möglichkeiten für Kunden und Geschäftsprozesse in allen Bereichen identifiziert und optimiert.

Unser Projekt der intelligenten Fabrik ist bisher sehr gut gelaufen, was uns darin bestätigt, dass unsere Entscheidung, eine solche Reise am Produktionsstandort Schweiz zu starten und zu investieren, eine gute war.

Die grundlegende Umgestaltung ist für einen Zeitraum von drei Jahren geplant, an dessen Ende wir in der Lage sein werden, die physischen und optischen Veränderungen zu beobachten und den Anwendungsfall zu bestätigen. Dies wird als Grundlage für die nächsten Schritte dienen. Es wird auch wichtig sein, eine neue Arbeitskultur im Umfeld der intelligenten Fabrik zu definieren und zu integrieren, so wie wir es bei der Einführung von Lean-Konzepten getan haben.

Deloitte: Was sind Ihrer Meinung nach die grössten Herausforderungen bei der Implementierung einer intelligenten Fabrik?

Daniel Meier: Die grösste Herausforderung ist derzeit die Konsistenz der Daten für eine genaue End-to-End-Ansicht. Eine gute Datenkommunikation von der Entwicklung bis zur Fertigung oder anderen Bereichen kann in einem alten System schwierig sein.

Bei der Entscheidung, wo es sinnvoll ist, die ersten Änderungen vorzunehmen, ist es am besten, zunächst eine Gesamtübersicht zu erstellen und dann bei der Umsetzung schrittweise vorzugehen.

Eine weitere Herausforderung ist der Umgang mit dem "Akkordeon-Effekt" - dem grossen anfänglichen Enthusiasmus, dem ein Nachlassen der Dynamik folgt, wenn man erkennt, wie ganzheitlich und umfangreich die Umgestaltung sein muss. Dies kann sich auf den Umfang und den Fortschritt des Projekts auswirken. Solche Rückschläge sind jedoch Teil des Transformationsprozesses und bieten einige wichtige Lektionen für die Zukunft.

Deloitte: Verfügen Sie in Ihrem Unternehmen über die richtigen Talente, um Ihre Pläne für eine intelligente Fabrik erfolgreich umzusetzen? Welche Fähigkeiten und welche Denkweise werden Ihre Mitarbeiter in der zukünftigen intelligenten Fabrik benötigen?

Daniel Meier: Wir haben qualifizierte und erfahrene Mitarbeiter. Es gibt eine Mischung aus internen und externen Experten mit Anwendungserfahrung, die mit der Implementierung betraut sind.

Die Berufsbilder und erforderlichen Fähigkeiten in der Werkstatt ändern sich ständig. In der Vergangenheit umfasste die Arbeitsvorbereitung - oder AVOR, wie sie in der Schweiz genannt wird - nur das Einrichten der Werkzeuge und die Steuerung. Heutzutage jedoch umfasst AVOR unter anderem die Produktionstechnik sowie Datenintegration, Erfassung, Simulation und Programmierung.

Deloitte: Was sind Ihrer Meinung nach die wichtigsten Trends in der intelligenten Fertigung für Ihre Branche in den kommenden Jahren?

Daniel Meier: Bisher haben wir noch keine "Must-Have"-Technologien identifiziert, aber die Möglichkeit, verschiedene Daten umzuwandeln und zu kombinieren, um einen Mehrwert für Prozesse zu schaffen, birgt ein enormes Potenzial. Neue Technologien wie Sensoren und Netzwerke können dies erleichtern, aber Sie können nur dann alles intelligenter machen, wenn eine gute Basis geschaffen ist und Sie über wichtige Daten in einem stabilen Format verfügen.

Was Augmented Reality betrifft - wir haben einige Tests in der Produktionsumgebung durchgeführt, aber wir glauben, dass AR/AV besser für Kundenanwendungen geeignet ist. In der Werkstatt bevorzugen wir mobile Geräte wie Tablets, weil sie relevante Informationen wie Zeichnungen, Entwürfe usw. darstellen können.

Wir beobachten den Bereich 3D-Druck / additive Fertigung und haben einige Tests durchgeführt. Allerdings wird unser Guss derzeit noch traditionell hergestellt. Die grösste Hürde für den Markteintritt ist nach wie vor die Grösse der Komponenten, z. B. die Grösse der 3D-Druckausrüstung, sowie die Materialkosten und die Prozesszeiten. Wir glauben, dass sich in den nächsten 10-15 Jahren die konventionelle Gussmethode durchsetzen wird, aber der 3D-Druck könnte in 20-30 Jahren einen entscheidenden Wandel bewirken, insbesondere bei Metall- und Verbundwerkstoffen. Dies wird einen grundlegenden Einfluss auf Ersatzteile und Logistikdienstleistungen haben.

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