Da Produkte immer mehr zur Ware werden und der Preis zum wichtigsten Unterscheidungsmerkmal im Wettbewerb wird, haben Preisverfall und Margendruck direkte Auswirkungen auf die Hersteller. Infolgedessen gehen viele Hersteller von einem produktorientierten Modell ("Verkauf von Produkten") zu einem Dienstleistungsmodell ("Verkauf eines Erlebnisses") über, bei dem Dienstleistungen für traditionelle Produkte angeboten werden (Servitization) oder Produkte auf einer Pay-per-Use-Basis vermietet oder verkauft werden (As-a-Service). Peter Vickers, Partner bei Deloitte und Branchenleiter für Energie, Ressourcen & Industrie: "Die Marge ist definitiv ein wichtiger Faktor, um mehr Dienstleistungen zu verkaufen, und der Schlüssel dazu ist, dass Sie Ihre Kunden richtig bedienen können. Dies kann zu einer stärkeren Kundentreue führen, insbesondere wenn diese Dienstleistungen im Rahmen einer Art langfristiger Servicevereinbarung erbracht werden. In einigen Branchen können Servicevereinbarungen beispielsweise 10-15 Jahre dauern, je nach Lebensdauer der Geräte.
Die Kunden entscheiden sich auch dafür, das Produktmanagement und die Wartung an Hersteller, Wiederverkäufer oder Drittanbieter auszulagern. Die Hersteller haben jetzt die Möglichkeit, sich in die Prozesse ihrer Kunden zu integrieren, indem sie sich auf eine Servicestrategie konzentrieren, um mehr Wert, höhere Margen und eine grössere Kundentreue zu erzielen. Ein großer Vorteil für den Endkunden besteht darin, dass er seine Betriebskosten senken kann, wenn er die Wartung der von ihm gekauften Geräte auf den Hersteller überträgt - zum Beispiel kann die Anzahl der benötigten Wartungstechniker reduziert werden. Die Kunden können einen grossen Teil ihrer Fixkosten im Zusammenhang mit der Wartung dieser Geräte auf variable Kosten verlagern, die beim Hersteller anfallen.
Partnerschaften sind zu einem wichtigen Unterscheidungsmerkmal im Service- und As-a-Service-Geschäft geworden. Es ist wichtig, die Partner sorgfältig auszuwählen und die Strategie zu optimieren, um den Kunden ein kompletteres und wettbewerbsfähigeres Paket anzubieten. Dienstleistungen können als eigenständiger Geschäftszweig entwickelt werden, anstatt einfach als Erweiterung eines Produkts betrachtet zu werden.
Die Abkehr von Produktmodellen hin zu Servicemodellen ist ein Trend, der von den Schweizer Herstellern genau beobachtet wird. Die meisten Hersteller verfügen bereits über ein Servicegeschäft, um die an ihre Kunden verkauften Geräte zu warten. Darüber hinaus beobachten wir, dass immer mehr Kunden zu einem Leasingmodell übergehen, bei dem die Geräte gar nicht erst verkauft werden, sondern entweder ein Service auf Abonnementbasis oder ein Asset-as-a-Service-Modell angeboten wird.
Hersteller verkaufen nicht unbedingt die Maschine, sondern vielmehr deren Leistung. Sie bieten Dienstleistungen für den Kunden und die Maschine an und sorgen dafür, dass die Maschine immer dann Leistung erbringt, wenn sie benötigt wird. Auf diese Weise können Kunden ihre Investitionen durch Dienstleistungen optimieren, die in Pauschalverträgen zusammengefasst sind - einschliesslich der Maschine, Ersatzteile, Dienstleistungen und sogar der Verbrauchsmaterialien.
In der Schweiz vermietet ABB Robotics zum Beispiel einige seiner Geräte an Kunden. Der Kunde zahlt nicht mehr für das Produkt, sondern nur noch für die Wartung und Nutzung der Geräte. Hilti war ein Pionier in Bezug auf die abonnementbasierte Nutzung seiner Geräte, bei der die Kunden manchmal sogar nur eine Jahresgebühr zahlen, die ihnen das Recht gibt, die Geräte zu nutzen, die sie für ihre Bauarbeiten benötigen. Peter Vickers meint dazu: "Die Wartung der Geräte, die die Unternehmen an den Kunden verkauft haben, ist ein sehr gängiges Modell. Viele Unternehmen erwirtschaften mehr als 50% ihres Umsatzes und ihrer Gewinnspanne mit der Wartung dieser Geräte. Für viele Schweizer Hersteller tragen Pay-per-Use-Modelle jedoch noch nicht mehr als 10 % zu ihren Einnahmen bei."
Der grösste Treiber für die Pay-per-Use- oder Asset-Service-Modelle ist die Reife des Marktes oder des Kunden. Der grundlegende Wandel ist der von 'Ich kaufe die Ausrüstung und schliesse dann einen Servicevertrag mit Ihnen ab' zu 'Geben Sie mir die Ausrüstung und ich bezahle Sie pro Nutzung'. Die meisten Unternehmen steigen heute in das As-a-Service-Geschäft ein, weil sie mit ihrem Produkt keine hohe Marge mehr erzielen können. Einige Unternehmen sind jedoch einfach nicht in der Lage, dieses Modell zu übernehmen.
Eine der grössten Herausforderungen für die Hersteller ist die Frage, ob der Kunde ein Pay-per-Use- oder Asset-as-a-Service-Modell wünscht und bereit ist, dafür zu bezahlen. Oft gibt es nicht genügend Anreize für die Kunden, diese Art von Modell zu nutzen. In einigen Industriesektoren - z.B. Öl-, Gas- oder Chemieanlagen - gibt es bereits etwas mehr Anreize und das Pay-per-Use-Modell wird erforscht.
Eine weitere Herausforderung besteht darin, das richtige Geschäftsmodell zu finden, das sowohl für den Kunden als auch für den Hersteller passt. Viele Hersteller haben den zunehmenden Bedarf an Servitization und As-a-Service-Geschäften zu spät erkannt. Sie begannen während der COVID-19 in die Digitalisierung zu investieren, um den Kunden weiterhin dienen zu können. Sie statteten ihre Serviceteams und Kunden mit Plattformen aus, um den Fernabsatz und -service zu gewährleisten, und jetzt nutzen sie diese digitale Plattform, um darauf aufzubauen und ein neues Geschäftsmodell vorzuschlagen.
Der Aufbau eines Ökosystems kann sich ebenfalls als Herausforderung erweisen. Es muss eine Lösung gefunden werden, um die Anlage zu finanzieren, damit es für den Kunden einfacher wird. Die Hersteller müssen einen Partner finden, der die Finanzierung bereitstellt und das Risiko übernimmt. Für die eigentliche Ausrüstung müssen sie möglicherweise auch andere Partner einbeziehen, die Teil der Wertschöpfungskette sind, wie z.B. Lieferanten, die dem Kunden einen End-to-End-Service bieten können.
Für viele Hersteller bleibt es auch eine Herausforderung, die digitalen Fähigkeiten zu nutzen, die sie erst vor kurzem aufgebaut haben oder die sie gerade aufbauen. Josselain Prost, ein erfahrener Direktor für CRM und digitales Marketing bei Deloitte, meint dazu: "Es stellt sich die Frage, wie man seine Einzigartigkeit auf dem Markt bewahren und mit der richtigen Technologie einen Wettbewerbsvorteil schaffen kann. Die digitalen Möglichkeiten müssen genutzt werden, um neue Angebote und Dienstleistungen zu schaffen, die eine langfristige Loyalität und die höchste Gewinnspanne ermöglichen." Eine solche Differenzierung und Innovation wird jedoch nur dann erfolgreich sein, wenn sie auf einem soliden Unternehmen basiert, das den Kunden im Blick hat.