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Die Schweizer misstrauen E-Government-Diensten aufgrund von Bedenken hinsichtlich Datenschutz und Datensicherheit

Die Mehrheit der Schweizerinnen und Schweizer wünscht sich mehr digitale Dienste von der Verwaltung. Es gibt jedoch Vorbehalte und Hindernisse, die eine breitere Anpassung von E-Government-Diensten verhindern: Die Mehrheit der Bürger, die neue digitale Dienste nicht unterstützt, hat vor allem Bedenken hinsichtlich des Datenschutzes und der Cybersicherheit. Die meisten der Befragten sind auch nicht bereit, für diese Dienste zu bezahlen. Könnten "Nudging"-Techniken die Bürger sanft dazu ermutigen, E-Government-Dienste in größerem Umfang zu akzeptieren und zu nutzen?
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Obwohl der Bund, die Kantone und die Gemeinden versuchen, den Bürgern immer mehr und effektivere Dienstleistungen in Verwaltungsangelegenheiten anzubieten, hat die Schweizer Bevölkerung immer noch eine Reihe von Vorbehalten gegenüber der Nutzung von E-Government-Diensten.

 

Schweizerinnen und Schweizer sind besorgt über Datenschutz und Cybersicherheit

 

Die meisten Schweizer Bürger, die neue digitale Dienste nicht befürworten, haben vor allem Bedenken hinsichtlich des Datenschutzes und der Cybersicherheit. Unzureichende Datensicherheit ist eines der Haupthindernisse, das die Schweizer davon abhält, elektronische Behördendienste stärker zu nutzen. Bedenken hinsichtlich der Cybersicherheit behindern die Einführung und Nutzung digitaler Behördendienste.

Datenschutzbedenken bestehen vor allem in Bezug auf digitale Dienstleistungen für Steuern, die digitale Unterschrift und die Bestellung von Pässen oder Ausweisen. Während 23% der Befragten Datenschutzbedenken in Bezug auf kontaktlose Zahlungsmöglichkeiten für Parkgebühren hatten, äusserten 25% Bedenken wegen mangelnder Datensicherheit. Beim Kauf von elektronischen Autobahnvignetten lagen diese Zahlen bei 22% bzw. 24%. Wenn es um die Möglichkeit geht, Beschwerden bei der Polizei digital einzureichen, haben 28% der Schweizer Bürger Bedenken hinsichtlich des Datenschutzes, während eine ähnliche Anzahl dieser Option aufgrund der unzureichenden Datensicherheit misstraut. Rund zwei Drittel der befragten Bürger äusserten diese Bedenken im Zusammenhang mit der elektronischen Stimmabgabe und der Bestellung von Pässen und Ausweisdokumenten.

 

Besondere Vorbehalte gegen Steuern und Unterschriften

 

Die Frage des Datenschutzes und der Datensicherheit scheint für die Schweizer besonders akut zu sein, wenn es um Bereiche wie Steuern, rechtsverbindliche elektronische Signaturen und den Austausch von Daten und Informationen mit den Behörden auf rein elektronischem Wege geht. Hier misstrauen die meisten Bürger den (möglichen) elektronischen Dienstleistungen der Behörden: Ein Drittel der Befragten sieht Probleme mit dem Datenschutz und der Datensicherheit (38% bzw. 33%) im Zusammenhang mit der elektronischen Erfassung und Übermittlung von steuerrelevanten Daten. Das Unterschreiben von Dokumenten mit einer rechtsverbindlichen digitalen Signatur wird von 36% der Schweizer aufgrund von Datenschutzbedenken und von sogar 38% aufgrund von unzureichender Datensicherheit als problematisch angesehen. Ähnlich viele Befragte haben Bedenken gegenüber dem Service, der den Austausch von Daten und Informationen mit den Verwaltungen auf rein elektronischem Wege beinhaltet. Hier hat etwa ein Drittel der Bevölkerung Vorbehalte in Bezug auf den Datenschutz und Zweifel an der Datensicherheit (36% bzw. 33%).

Im Allgemeinen ist die überwiegende Mehrheit der Befragten nicht bereit, für digitale Dienste wie digitale Signaturen oder elektronischen Datenaustausch zu zahlen; die Zahl liegt je nach Dienst zwischen 70 und 80 %. Die einzige Ausnahme ist die Möglichkeit, einen Reisepass oder einen Personalausweis online zu bestellen, ohne persönlich zu den Behörden gehen zu müssen, wo eine kleine Mehrheit der Bevölkerung angibt, dass sie bereit wäre zu zahlen.

Bürgerzentriertheit: Konzentration auf die Bedürfnisse und Anliegen der Bürger

 

Wie kann man die Hindernisse für die erstmalige Nutzung abbauen? Um bestehende Bedenken zu zerstreuen, ist es notwendig, mit den Bürgern in den Bereichen ins Gespräch zu kommen, in denen ihre Bedenken und die daraus resultierenden Nutzungshindernisse am grössten sind. Dabei müssen Sicherheitsaspekte wie Datenschutz und Cybersicherheit in den Mittelpunkt gestellt werden. Cybersicherheit sollte nicht als ein rein technisches IT-Problem betrachtet werden. Vielmehr sollte es darum gehen, menschliche Aspekte wie Emotionen, Vertrauen und ein subjektives Sicherheitsempfinden einzubeziehen. Auch die Schulung und Sensibilisierung von Verwaltungsangestellten für Sicherheitsrisiken und die Einhaltung von (Datenschutz-)Gesetzen sind von entscheidender Bedeutung.

Vor allem aber sollten die potenziellen Nutzer dieser digitalen Dienste, die einzelnen Bürger und ihre Bedürfnisse und Anliegen, im Mittelpunkt der Planung aller E-Government-Dienste stehen - Citizen first. Durch Information und Aufklärung über Risiken und Sicherheitsmaßnahmen sollten Regierung und Verwaltung versuchen, diese Bedenken zu zerstreuen und so die Hürden für die Nutzung niedrig zu halten. Dies kann durch die frühzeitige Einbeziehung der Nutzer in die Entwicklung digitaler E-Government-Dienste geschehen: Was wollen die Menschen, welche Dienste halten sie für nützlich? Welche Dienste erleichtern den Schweizerinnen und Schweizern die Kommunikation mit der Verwaltung?

 

Vorbehalte gegenüber E-Services werden durch positive Erfahrungen abgebaut

 

Nur wenn diese Bedürfnisse und Wünsche berücksichtigt werden, können geeignete, bürgernahe Lösungen entstehen, die die Menschen akzeptieren und nutzen. Ihre Bedürfnisse sind klar: einfache Sprache und Struktur für Websites, ansprechendes Design und ein deutlicher Mehrwert gegenüber der analogen Kommunikation. Die Umfrageergebnisse deuten darauf hin, dass positive Erfahrungen bei der erstmaligen Nutzung der digitalen Dienste der Behörden dazu beitragen, Hindernisse abzubauen. Bürger, die mindestens einen digitalen Service von den Behörden erhalten haben, neigen dazu, diese als fortschrittlicher zu betrachten als diejenigen, die noch nie einen digitalen Service genutzt haben. Außerdem befürworten die Bürger digitale Dienste eher, wenn sie sie bereits genutzt haben (73%), als wenn sie es nicht getan haben (59%). Das Gleiche gilt für die Zahlungsbereitschaft: Die Menschen sind eher bereit, Geld für digitale Dienste zu bezahlen, wenn sie bereits Erfahrungen mit ihnen gemacht haben (68% gegenüber 53%). Mit anderen Worten: Menschen, die bereits E-Government-Dienste genutzt haben, stehen ihnen positiver gegenüber.

Wenn das Feedback der Bürger in den Verbesserungsprozess einbezogen wird, führt dies zu einem höheren Maß an Vertrauen zwischen den Bürgern und den Behörden. Wenn die Bürger von den Dienstleistungen begeistert sind, werden sie die Behörden als kompetente, zukunftsorientierte Partner sehen - und so die Distanz zwischen Regierung und Bürgern verringern.

 

Sanftes "Anstupsen" kann Bürger dazu bringen, E-Government-Dienste zu nutzen

 

All diese Aspekte zur Steigerung der Akzeptanz von Dienstleistungen werden im so genannten "Nudging" kombiniert, das Behörden auf der ganzen Welt einsetzen, um ihre Bürger sanft anzustupsen. Nudging zielt darauf ab, das Verhalten der Bürger durch subtile Hinweise in bestimmte Richtungen zu lenken. In Großbritannien zum Beispiel hat diese Strategie die Zahl der Schulabbrecher um 36% gesenkt, nachdem die Schulen den Schülern per SMS erklärt hatten, wo und wann sie sie erwarten können. In ähnlicher Weise stiegen die Zahlungen von säumigen Steuerzahlern in kürzester Zeit um fünf Prozent, als sie in ihren Mahnungen darauf hinwiesen, dass die meisten ihrer Nachbarn ihre Steuern pünktlich bezahlten. Auch der Stadtrat von Edinburgh hat mit dieser Art von 'Social Engineering' gute Ergebnisse erzielt. Er konnte die Menge der recycelten Abfälle um 85% steigern, ohne strengere Gesetze einführen zu müssen. Dazu haben sie einfach die Grösse der Mülltonnen für Haushaltsabfälle reduziert.

Die Bürger sollten sich gesünder ernähren, weniger Energie verbrauchen, ihren Abfall in die entsprechenden Behälter entsorgen - oder, wie in der Schweiz notwendig, die angebotenen E-Government-Dienste stärker nutzen. Die Bürger lassen sich gerne dazu bewegen, ihr Verhalten zu ändern, ohne dass dafür starre Vorschriften erforderlich sind - vorausgesetzt, die Vorteile für sie selbst liegen klar auf der Hand. Oder wie Richard Thaler, der Wirtschaftsnobelpreisträger von 2017, der den Begriff "Nudging" prägte, es ausdrückte: "Stupsen für das Gute".

Nudging kann dazu beitragen, die Akzeptanz von E-Government-Diensten in der Bevölkerung zu erhöhen. 

Rolf Brügger, Direktor Business Operations

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