Betrüger:innen bedienen sich zum Zweck der Abgabenhinterziehung immer komplexeren Konstruk-tionen, die auf den ersten Blick vielfach nicht erkennbar sind. Seit dem Inkrafttreten des Sozialbe-trugsbekämpfungsgesetzes im Jahr 2016 wird daher auf der Seite des Bundesministeriums für Fi-nanzen daher eine Liste der rechtskräftig festgestellten Scheinunternehmen veröffentlicht. Die An-zahl der entdeckten Scheinunternehmen steigt dabei laufend an, wobei im Jahr 2025 bereits jetzt rund 170 Scheinunternehmen rechtskräftig per Bescheid festgestellt wurden (im Jahr 2024 waren es insgesamt rund 200).
Ein Scheinunternehmen ist ein Unternehmen, das vorrangig darauf ausgerichtet ist, Lohnabgaben, Beiträge zur Sozialversicherung, Zuschläge nach dem BUAG oder Entgeltansprüche von Arbeitneh-mer:innen zu verkürzen oder Personen zur Sozialversicherung anzumelden, um Versicherungs-, Sozial- oder sonstige Transferleistungen zu beziehen, obwohl diese keine unselbstständige Er-werbstätigkeit aufnehmen. Beispielsweise melden Scheinunternehmen ihre Beschäftigten an, zah-len für sie aber keine Steuern und Beiträge an die Sozialversicherung, wodurch sie sich (kurzfristig) einen Wettbewerbsvorsprung gegenüber korrekt arbeitenden Unternehmen verschaffen.
Mit dem Betrugsbekämpfungsgesetz 2024 wurde die Definition ausgeweitet, wonach ein Scheinun-ternehmen auch dann vorliegt, wenn es darauf ausgerichtet ist, Belege zu verfälschen, zu verwen-den, herzustellen, oder einem anderen Unternehmen zur Verfügung zu stellen, die dazu dienen, einen Geschäftsvorgang vorzutäuschen oder dessen wahren Gehalt zu verschleiern. Der Zweck des neuen Tatbestandes, welcher parallel dazu auch als neuer Straftatbestand im Finanzstrafgesetz aufgenommen wurde, ist, die Strafbarkeit eines Steuerbetruges bereits in das Vorbereitungsstadi-um vorzuverlegen. Somit kann bereits die Ausstellung oder Verwendung von verfälschten und un-richtigen Belegen für Bücher und Aufzeichnungen sanktioniert werden. Die Finanzordnungswidrig-keit wird mit einer Geldstrafe bis zu EUR 100.000 geahndet.
Wenngleich Scheinunternehmen mit unterschiedlichen Methoden arbeiten, bestehen die meisten Scheinunternehmen nur kurz und die im Firmenbuch eingetragenen Geschäftsführer sind schwer greifbar. Auch häufig wechselnde Mitarbeiter:innen, das Fehlen von üblichen Kontaktdaten, das Fehlen einer Homepage bzw eines professionellen Auftritts, atypische Firmenfahrzeuge (zB mit ausländischem Kennzeichen) und keine angemessenen Geschäftsräumlichkeiten können Indizien für das Vorliegen eines Scheinunternehmens darstellen.
Doch welche Konsequenzen kann dies für korrekt arbeitende Unternehmen haben? Im Falle einer Insolvenz versucht die Finanzverwaltung die Abgabenausfälle bei den Auftraggebern einbringlich zu machen, wobei bei Scheinunternehmen – insbesondere in der Baubranche – oftmals längere Auf-tragnehmerketten entstanden sind. Wusste der Auftraggeber bzw hätte er wissen müssen, dass es sich bei dem jeweiligen Auftragnehmer bzw bei einem in der Kette weiter unten gereihten Unter-nehmen um ein Scheinunternehmen handelt, haftet der Auftraggeber für sämtliche Entgelte aus den Arbeitsleistungen. Eine mangelnde erforderliche Sorgfalt des Auftraggebers ist dabei bereits gegeben, wenn ein Scheinunternehmen auf Grund der unterlassenen Sichtung der BMF-Liste nicht identifiziert wurde.
Weiters besteht die Gefahr, dass das Finanzamt den Betriebsausgaben- und (soweit zutreffend) Vorsteuerabzug beim Auftraggeber ablehnen könnte, wenn der Auftragnehmer Abgaben nicht vorschriftsmäßig abführt. Aufwendungen können steuerlich grundsätzlich nicht abgezogen werden, wenn trotz Aufforderung kein Empfänger bekanntgegeben wird oder wenn der bekanntgegebene Empfänger nicht der tatsächliche Empfänger ist. Tatsächlicher Empfänger ist eine GmbH, wenn diese steuerlich existiert und sowohl Leistungserbringerin als auch Nutzungsberechtigte der Zah-lungen ist. Um die Gefahr einer Nichtabsetzbarkeit der Aufwendungen auszuschließen, darf dem Abgabenpflichten an der Unmöglichkeit, den Empfängerbenennen zu können, kein Verschulden treffen, wodurch die Einhaltung von Sorgfaltsregeln eine große Rolle spielt. Dazu zählen ua das Einholen eines Firmenbuchauszuges und eines Auszuges aus dem Gewerberegister, Recherchetä-tigkeiten (zB Unternehmensbroschüren, Homepage), eine Überprüfung durch HFU-Abfragen, die Kopie des amtlichen Lichtbildausweises des bzw der Zeichnungsberechtigten, der Abschluss von schriftlichen Verträgen und eine Rechnungsprüfung inklusive Prüfung der Richtigkeit der UID-Nummer. In der Baubranche ist weiters eine Dokumentation über die Anzahl der bei den Baustel-len eingesetzten Mitarbeiter:innen, die Anmeldungen zur Sozialversicherung der eingesetzten Mit-arbeiter:innen, Bautagesberichte sowie die Aufbewahrung von Schriftverkehr und Kontaktdaten von Subunternehmen anzuraten.
Zur Minimierung der oben dargestellten Risiken empfehlen wir bei der Beauftragung von neuen Zulieferern und insbesondere von Subunternehmen, eine kritische Grundhaltung, das Setzen von Mindestprüfschritten, wie den Abgleich mit der Liste der Scheinunternehmen, sowie eine bestmög-liche Dokumentation.