Überblick
Gerade erst mit Jahresbeginn wurde in Österreich ein neues Pfandsystem auf Einweggetränkeverpackungen etabliert. Nun wurden in den Medien neue Pläne der Regierung zur Erweiterung des Pfandsystems auf sog „Take-Away-Verpackungen“ veröffentlicht. Die Idee dahinter ist grundsätzlich nicht neu, das Timing jedoch fragwürdig.
Worum geht’s?
Mit einem (zeitlich unerwarteten) Entschließungsantrag forderten die Grünen im Nationalrat im März 2025 die Etablierung eines Mehrwegsystems in der Gastronomie für Speisen und Getränke zum Mitnehmen.
Begründend wurde ausgeführt, dass in Österreich jährlich 680 Mio Stück Einweg-To-Go Verpackungen und 600 Mio Stück Einweggetränkebecher in Umlauf gebracht würden. Insgesamt belaufe sich damit der Verbrauch in der Gastronomie auf etwa 1,28 Mrd Einwegverpackungen pro Jahr. Hiervon machten allein Coffee-To-Go-Becher einen Löwenanteil von etwa 300 Mio aus, somit rd 800.000 Stück täglich.
Für die Produktion von Einwegbechern wären in Österreich 34 Mio kwH Energie nötig, was einem Jahresstromverbrauch von über 9.000 Haushalten entspräche. Ebenso würden 160 Mio Liter Wasser und Holz von über 4.500 Bäumen notwendig, so der Entschließungsantrag.
Diese Summe mag zwar isoliert betrachtet groß erscheinen, doch in Relation gesehen entspricht der angesprochene Stromverbrauch lediglich 0,25% (gerundet) der Haushalte in Österreich. Der Ressourcenverbrauch allein ist daher wohl nicht das tragende Motiv hinter dieser Forderung. Vielmehr soll damit wohl das Eindämmen von Umweltverschmutzung durch unachtsames Wegwerfen (sog „Littering“) erreicht werden.
Bei der Forderung der Grünen handelt es sich noch nicht um ein Gesetz - davon ist man tatsächlich noch sehr weit entfernt. Auch im neuen Regierungsprogramm ist für die aktuelle Periode ein solches Projekt nicht vorgesehen.
Handelt es sich damit bereits um eine fundamentlose Forderung, oder ist eventuell mehr an der Thematik dran, als man auf dem ersten Blick vermuten würde?
Fundamentlos? Ganz im Gegenteil. Während in Österreich erst jetzt eine Diskussion über Mehrwegsysteme in der Gastronomie - wenn auch stockend - Fahrt aufnimmt, hat sich die EU bereits seit Längerem mit dieser Thematik befasst. Der Europäische Gesetzgeber hat nämlich am 11.2.2025 die sog Verpackungsverordnung (Packaging and Packaging Waste Regulation – kurz: PPWR) erlassen. Mit dieser Verordnung setzt die EU wichtige Schritte in Richtung einer nachhaltigen Kreislaufwirtschaft und leitet in vielen Bereichen bedeutende Paradigmenwechsel ein – etwa beim geltenden Pfandsystem. Ziel der EU und dieser Verordnung ist es, Verpackungsabfälle so gut wie möglich zu reduzieren. Gemäß der Verordnung soll davon auch die Gastronomie erfasst sein.
Verbot von Einwegkunststoffverpackungen per EU-Verordnung
Ab 1.1.2030 untersagt die PPWR generell die Verwendung von Einwegkunststoffverpackungen in gastronomischen Betrieben, wenn diese vor Ort befüllt und verzehrt werden. Eine Ausnahme ist – nach aktuellem Stand – nur für Gastronomiebetriebe vorgesehen, die keinen Zugang zu Trinkwasser haben.
Die PPWR gestattet den Mitgliedstaaten, Kleinstunternehmen - das sind Unternehmen mit bis zu zehn Mitarbeiter:innen und einen Umsatz bzw einer Bilanzsumme von bis zu 2 Mio Euro - von dieser Verpflichtung auszunehmen. Ob Österreich diese Möglichkeit wahrnimmt, bleibt abzuwarten.
Festzuhalten ist daher: Ab dem 1.1.2030 werden Einwegkunststoffverpackungen in der Gastronomie verboten sein, wenn diese unmittelbar im Betrieb verspeist werden. Dies stellt vor allem Imbissstände vor großen Herausforderungen.
Wiederbefüllungsverpflichtung per EU-Verordnung
Spätestens ab dem 12.2.2027 müssen Gastronomiebetriebe Kund:innen bei Take-Away die Möglichkeit bieten, ihre Speisen und Getränke in selbst mitgebrachten Behältnissen abzuholen/mitzunehmen.
Entscheiden sich Kund:innen dazu, eigene Behältnisse zu nutzen, dürfen ihnen hierfür keine zusätzlichen Gebühren berechnet oder sie sonst schlechter gestellt werden. Über diese Möglichkeit sind die Kund:innen mit Hinweistafeln oder -schilder zu informieren.
Bereits jetzt sollten Betriebe ihr Personal auf diese Vorgaben schulen und die entsprechenden Hinweise vorbereiten.
Wiederverwendungssysteme per EU-Verordnung
Die PPWR geht aber bezüglich Abfallvermeidung noch einen Schritt weiter: Bis zum 12.2.2028 müssen Gastronomiebetriebe ihren Kund:innen die Möglichkeit geben, Take-Away-Produkte in wiederverwendbaren Behältnissen zu erhalten, die Teil eines Wiederverwendungssystems sind. Auch hierauf sind die Kund:innen ausreichend hinzuweisen. Ab 2030 sollen so 10 % der angebotenen Produkte in wiederverwendbaren Behältnissen angeboten werden. Ausgenommen hiervon sind lediglich Kleinstunternehmen.
Das bedeutet für die Gastronomie, dass sie aktiv Lösungen suchen müssen, um diesen Vorgaben entsprechen zu können. Denkbar ist hier etwa die Etablierung eines Pfandsystems mit Getränke- und Speisebehältnissen. Momentan ist das Angebot an wiederverwendbaren Verpackungen rar.
Fazit
Einen konkreten nationalen Gesetzesvorschlag, der die Forderung der Grünen aufgreift, gibt es derzeit noch nicht. Aufgrund aktueller Entwicklungen ist jedoch damit zu rechnen, dass ein entsprechender Vorschlag nicht lange auf sich warten lassen wird. Möglicherweise werden die europäischen Vorgaben in Österreich schon vor den vorgesehenen EU-Fristen verbindlich.
Klar ist: Spätestens mit den in der PPWR festgelegten Fristen wird ein einschneidender Paradigmenwechsel auch in der Gastronomie eingeläutet: