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Erfolgreicher Unternehmenserwerb durch Familienunternehmen

Wenige, groß angelegte Unternehmenskäufe von „Big Playern“ sind sich der medialen Aufmerksamkeit sicher. Doch die meisten dieser Transaktionen finden fernab der öffentlichen Wahrnehmung zwischen Familienunternehmen statt, die keinen Nachfolger haben, ihr Unternehmen vergrößern, Fertigungskapazitäten erhöhen, neue Produkte erlangen oder zusätzliche Märkte erschließen wollen.

Ein Unternehmenskauf stellt vor allem für kleine und mittelständische Unternehmen auf Grund der Komplexität des Prozesses und Vielzahl der gesetzlichen Bestimmungen, die beim Kauf eines Unternehmens beachtet werden müssen, ein – meist finanziell - erhebliches Risiko dar. Doch dieses Risiko lässt sich durch Einhaltung eines standardisierten Erwerbsprozesses deutlich reduzieren. Nachfolgend werden die im Idealfall zu durchlaufenden Phasen eines Unternehmenskaufes beleuchtet und für Familienunternehmen ausgewählte, wesentliche Aspekte dargestellt.

Im Idealfall lässt sich Ablauf beim Kauf eines Unternehmens in vier Phasen (M&A Prozeß) unterteilen:

  1. Vorbereitungsphase
  2. Ansprache des (der) Zielunternehmen(s)
  3. Verhandlungs- und Abschlussphase
  4. Integrationsphase

Die Vorbereitungsphase

Eine Vielzahl von Transaktionen kann nicht erfolgreich abgeschlossen werden, da oftmals der gesamte Kaufprozess zu wenig vorbereitet und organisiert wird. Insbesondere bei Familienunternehmen wird der strukturierte Kaufprozess zu spät begonnen. Im Idealfall stellt die Strategiephase den Ausgangspunkt des Kaufprozesses dar, welcher mit einer umfassenden Analyse der Ausgangssituation beginnt und mit einer entsprechenden Zielfestlegung (zum Beispiel das Erreichen einer breiteren Kundenbasis, Erhöhung der Produktionskapazitäten, Kosten- und Produktivitätseffekte, etc.) abgeschlossen wird. Nach Abschluss dieser Konkretisierungen ist es dem Unternehmen möglich, Schwerpunkte bei anzusprechenden Unternehmen bzw. Branchen zu setzen, um den gesamten Erwerbsprozess zu organisieren und zu steuern.

Wesentlich ist, neben der Schaffung eines budgetären Rahmens auch ablauforganisatorische Vorbereitungen (zum Beispiel Einsatz unternehmensinterner Fachabteilungen, Beauftragung externer Berater, Festlegen der Kommunikationspolitik, Definition der Anforderungen an das Akquisitionscontrolling, etc.) zu treffen, um einen fließenden Übergang in die nächste Phase – die Transaktionsphase – zu ermöglichen.

Ansprache des (der) Zielunternehmen(s)

Diese Phase folgt nicht festen Regeln und orientiert sich an den festgelegten strategischen und betrieblichen Fragestellungen des kaufwilligen Unternehmens. In der Regel steht am Beginn die Identifizierung potentiell interessanter und leistbaren Akquisitionskandidaten und in weiterer Folge eine erste Informationsbeschaffung. Um ein effizientes Vorgehen zu ermöglichen, sollte das kaufinteressierte KMU, die gesammelten Informationen möglicher Übernahmekandidaten in Form einer Tabelle („Long List“) bearbeiten, welche eine kurze Aufarbeitung der Akquisitionsideen unter Darstellung eines Kurzprofils der Unternehmen, eine Bewertung der Möglichkeiten, welche sich durch den Kauf ergeben können und eine überschlagsmäßige Kaufpreissumme, die das Unternehmen bereit ist zu bezahlen, beinhaltet. Anschließend erfolgt eine Komprimierung zur „Short List“, um einfacher ein oder mehrere präferierte Zielunternehmen identifizieren zu können, von welchen allgemein zugängliche Unternehmensdaten (zum Beispiel beim Firmenbuch hinterlegte Jahresabschlüsse und Urkunden, Informationen zu Produkten, Wettbewerbern, Produktionsverfahren, Innovationsverhalten, Organisationsstruktur, etc.) eingeholt werden sollen.

In der Praxis erweist sich das Führen von – oft auch informellen – Gesprächen mit Stakeholdern des Kaufobjektes (zum Beispiel Gesellschafter, Manager, Mitarbeiter, Lieferanten, Kunden, etc.) als hilfreich und können zu einer deutlichen Vertiefung des Informationsstandes beitragen. Die ermittelten Informationen sollen zum einen eine Bewertung aus strategischer und kultureller Sicht (Länder, Informationen über Markt und Geschäftsfelder, Tätigkeitsgebiet, Fähigkeiten im Vergleich zur Konkurrenz, bisherige Strategie sowie Unternehmens- und Kostenstruktur) als auch eine erste, überblicksmäßige Bewertung aus finanzieller Sicht ermöglichen.

Sollte die Analyse ergeben, dass sich aus Sicht des potentiellen Erwerbers der Unternehmenskauf lohnen könnte, erfolgt die Ansprache des Zielunternehmens durch eine autorisierte Kontaktperson (zum Beispiel Eigentümer, Gesellschafter, Management, etc.). Um in eine vorvertragliche Verhandlungsphase eintreten zu können, soll auf die Unterfertigung von Geheimhaltungsvereinbarungen („Confidentiality Agreement“), einseitige („Letter of Intent“) oder beidseitige Absichtserklärungen („Memorandum of Understanding“) bestanden werden, um Interessendivergenzen möglichst frühzeitig zu vermeiden. Bekundet ein potenzieller Käufer nach Überlassung einer ersten Unternehmensdokumentation sein Interesse an der Weiterverfolgung der Transaktion ist dies Phase abgeschlossen und es können die nächsten Schritte veranlasst werden.

Verhandlungs- und Abschlussphase

Am Beginn dieser Phase steht die sogenannte Due Diligence. Die Due Diligence - als das meist zentralste Element der vorvertraglichen Verhandlungsphase - ist eine umfangreiche und umsichtige Prüfung des zu akquirierenden Unternehmens durch das kaufinteressierte KMU und soll wesentliche und ausführliche Informationen über das Kaufobjekt ermitteln, Risiken und Schwachstellen (zum Beispiel Umweltrisiken, Haftpflichtrisiken, etc.) identifzieren, die im Extremfall zu einem Abbruch der Transaktion („Deal Breaker“) führen können. Außerdem soll die Due Diligence auch als Grundlage für die spätere Vertragsgestaltung herangezogen werden. In der Praxis werden am häufigsten in den Bereichen „Technik“, „Finanz“, „Steuern“, „Recht“ und „Strategie“ detaillierte Prüfungen durchgeführt.

Während die „Technische Due Diligence“ in der Praxis meist von Mitarbeitern des akquirierenden Unternehmens durchgeführt wird, werden die anderen Bereiche in der Regel externen Experten (Steuerberater/Wirtschaftsprüfer/Rechtsanwalt/Notar) zur Prüfung übergeben. Ob es wirklich notwendig ist, sämtliche der Unternehmensbereiche des Zielunternehmens einer detaillierten Analyse zu unterziehen, muss unter Berücksichtigung der Bedeutung für die Akquisitionsziele bzw. der damit verbundenen Risiken beurteilt werden. Nach Abschluss der Due Diligence muss mit Hilfe einer Unternehmensbewertung (zum Beispiel Discounted-Cash-Flow Methode, Ertrags-wertverfahren oder auch Multiplikatorbewertung) jene Kaufpreisbandbreite gefunden werden, der sowohl die Zustimmung des Käufers als auch des Verkäufers findet. In weitere Folge ist es vor dem Eintritt in endgültige Vertragsverhandlungen aus Sicht des kaufinteressierten KMU´s zweckmäßig, die gewonnenen Informationen unter Berücksichtigung des in der Unternehmensbewertung ermittelten Wertes kritisch zu hinterfragen und im Rahmen der Entscheidungsfindung zu überprüfen, um anschließend in die finalen Preisverhandlungen mit den Vertretern des Zielunternehmens einzutreten.

Um allfällige Wertschwankungen des Zielunternehmens, im Zeitraum zwischen der Berechnung des Unternehmenswertes und der Eintragung ins Firmenbuch auszugleichen, ist es unerlässlich, Kaufpreisanpassungen in den Kaufvertrag mitaufzunehmen (zum Beispiel Anpassung des vorläufig vereinbarten Kaufpreises durch das Erstellen einer Stichtagsbilanz („Completion Accounts“), Ergänzung fixer Kaufpreisvereinbarungen durch Absicherungen („Locked Box“), Bindung des endgültigen Kaufpreises an die Erfüllung exakt formulierter (Erfolgs-)Kriterien („Earn-out“). In der Praxis haben sich „Earn-Out“-Verfahren für den Käufer am vorteilhaftesten erwiesen. In diesem Zusammenhang ist die Festlegung einer objektiv nachprüfbaren Messgröße (zum Beispiel EBITDA, EBIT, etc.), welche aus dem Jahresabschluss des zu erwerbenden Unternehmens abgeleitet werden kann und die Periode, wie lange die „Earn-out“-Vereinbarung gilt, unerlässlich und zentral und sollte unter Beiziehung von Spezialisten ausgearbeitet werden.

Die Unterzeichnung - das Signing - des Kaufvertrages bindet beide Parteien rechtlich. Auch hier sollten Experten miteingebunden werden, um entsprechend detaillierte und unmissverständliche Formulierungen zu finden. Der Stichtag, an dem die unternehmerische Leitung und Verantwortung auf das kaufende KMU übergeht („Closing“) steht am Ende dieser Phase.

Die Integrationsphase

Ein Standardmodell für die Integration („Post Merger Integration“) des erworbenen Unternehmens hat sich in der Praxis für KMU´s als nicht sinnvoll erwiesen. Dennoch lassen sich aus langjähriger Projekterfahrung gewisse Muster und Erfolgsfaktoren ableiten, welche die Erfolgswahrscheinlichkeit von KMU-M&A Projekten deutlich steigern können. Gerade bei mittelständischen Unternehmen soll der Grad der Integration vorab exakt definiert werden („Stand alone“, „Partielle Integration“ oder „Vollkommene Integration“), und die künftige Führungsstruktur festgelegt werden. Die Integration soll entlang der Kernbereiche „Organisationale Neuausrichtung“, „Prozessintegration“, „ERP-Systemintegration“, „Ermittlung von Synergien“ und „Ausrichtung des Produktportfolios bzw. der Kundensegmente“ erfolgen.

Es ist zu beobachten, dass M&A-erfahrene Mittelständler der Sicherheit und Kontinuität den Vorzug gegenüber einer schnellen Realisierung von Synergiepotentialen geben. Nicht minder wichtig ist die Erarbeitung eines Kommunikationskonzeptes gegenüber allen Stakeholdern. Ein zu langer Integrationsprozess führt oft dazu, dass vor allem Schlüsselarbeitskräfte das erworbene Unternehmen verlassen. Eine zu hohe Unsicherheit und Unzufriedenheit der Mitarbeiterschaft ist unbedingt zu vermeiden.

Fazit

Ein Unternehmenskauf ist gerade für kleine und mittlere Unternehmen ein komplexer und vielschichtiger Prozess, der einer exakten Vorbereitung und Umsetzung bedarf. Mit einer professionellen Planung und externen Begleitung von Aufbau und Ablauf lassen sich die Erfolgschancen deutlich erhöhen und das Risiko eines bösen Erwachens minimieren.

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