Banner

Artikel

Dem Kostendruck zum Trotz: Die Stimmung im Tourismus hellt sich auf

eco.nova

Eine zufriedenstellende Wintersaison, optimistische Sommeraussichten: Nach Jahren der Pandemie kann der heimische Tourismus wieder aufatmen. Der aktuelle Stimmungstrend innerhalb der Branche ist jedenfalls positiv, wie eine aktuelle Studie von Deloitte Österreich und der ÖHV bestätigt. Im Umgang mit dem anhaltenden Arbeitskräftemangel sind die meisten Tourismusbetriebe bereits erprobt und auch beim Thema Nachhaltigkeit geht es in die richtige Richtung. Aber: Der Kostendruck ist in diesem Jahr so hoch wie noch nie.

Im Rahmen einer gemeinsamen Studienreihe liefern Deloitte und die ÖHV jährlich ein umfassendes Stimmungsbild der österreichischen Tourismusbranche. Für den heurigen „Tourismusbarometer“ haben über 230 Touristikerinnen und Touristiker ihre Einschätzungen zur aktuellen Wirtschaftslage mit uns geteilt. Dabei zeigt sich: Die Grundstimmung hat sich durch die nachfrageseitige Erholung merklich aufgehellt. Es war endlich wieder ein guter Winter für die Tourismusbetriebe in der Alpenrepublik und auch die Aussichten auf den Sommer stimmen zuversichtlich.

Allerdings ist die enorme Kostensteigerung eine echte Hürde: 9 von 10 der befragten Unternehmen spüren laut Umfrage negative Auswirkungen durch die allgemeinen Teuerungen – eine Entwicklung, die ernst genommen werden muss. Denn gerade jene Betriebe, die die erhöhten Kosten nicht an ihre Gäste weitergeben können, stecken hier in einem echten Dilemma. Und über kurz oder lang droht das Tourismusland Österreich aufgrund der hohen Inflation im Vergleich zu anderen Destinationen einiges an Wettbewerbsfähigkeit einzubüßen.

Die Politik ist deshalb zu raschem Handeln angehalten: Die Energiekosten-Unterstützungen sind zwar hilfreich, aber was es jetzt braucht, sind Maßnahmen, um den Preisdruck zu verringern und die Wettbewerbsfähigkeit der Branche zu sichern.

Wien und Tirol besonders optimistisch

Allen finanziellen Sorgen zum Trotz ist der Großteil der Tourismusunternehmen aber laut Studie mit der wirtschaftlichen Entwicklung im eigenen Bundesland zufrieden. Im Stadt-Land-Vergleich lässt sich vor allem beim Städtetourismus ein großes Aufatmen beobachten. Nachdem dieser besonders von den pandemiebedingten Einschränkungen betroffen war, hat sich hier auf Nachfrageseite endlich wieder ein zufriedenstellendes Niveau eingestellt.

Dementsprechend sind die Wiener Betriebe heuer besonders zuversichtlich, was die Umsatzentwicklung im aktuellen Geschäftsjahr betrifft: 92 % rechnen mit einer Verbesserung im Vergleich zum Vorjahr. Auf dem zweiten Platz der optimistischsten Bundesländer folgt Tirol. Die dort ansässigen Touristikerinnen und Touristiker zeigen sich vor allem mit der vergangenen Wintersaison und der allgemeinen wirtschaftlichen Lage in Tirol zufrieden. Das Schlusslicht bilden in diesem Jahr die Burgenländischen Tourismusunternehmen – wobei auch hier der Stimmungstrend zumindest leicht nach oben zeigt.

Erprobt im Umgang mit Arbeitsmarktsituation

Die Lage am Arbeitsmarkt hat sich leider nicht entspannt: Für 87 % der befragten Tourismusunternehmen gestaltet sich die Suche nach Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern aktuell gleich schwierig oder sogar noch schwieriger als bisher. Damit ist das Thema Arbeitskräftemangel weiterhin allgegenwärtig. Aber: Die Betriebe scheinen sich mittlerweile mit der mangelnden Personalverfügbarkeit gewissermaßen arrangiert zu haben. Während sich 2021 noch 80 % wirtschaftlich negativ von der Arbeitsmarktsituation beeinträchtigt fühlten, sind es heuer nur mehr 58 %. Damit stellen die heimischen Touristikerinnen und Touristiker einmal mehr ihren Pragmatismus und ihre Resilienz unter Beweis.

Den Unternehmen ist der hohe Stellenwert einer proaktiven Positionierung als attraktiver Arbeitgeber bewusst und sie arbeiten an entsprechenden Strategien. So zählt etwa ein breites Angebot an freiwilligen Extras vielerorts bereits zum Basisrepertoire – ebenso wie flexible, auf individuelle Bedürfnisse abgestimmte Arbeitszeiten.

Finanzierungslage wird komplexer

Während die Betriebe die Personalsituation also weitegehend im Griff zu haben scheinen, bereitet die aktuelle Finanzierungslage einiges an Kopfzerbrechen. Laut eigenen Angaben ist es für 58 % der Befragten schwerer geworden, Kreditfinanzierungen zu erhalten – und ursprünglich für 2023 geplante Investitionen werden immerhin von 36 % reduziert. Für eine anlageintensive Branche wie den Tourismus ist das eine besorgniserregende Entwicklung.

Hinzu kommt, dass sich in absehbarer Zukunft voraussichtlich auch die Kreditvergabekriterien verändern werden: Die EU setzt schrittweise den sogenannten „Green Deal“ um, womit die meisten Banken in den nächsten fünf Jahren verpflichtet sein werden, über ihren Beitrag zu den EU-Klima- und Nachhaltigkeitszielen öffentlich zu berichten. Für die Tourismusbetriebe könnte das zur Folge haben, dass sämtliche als nicht nachhaltig eingestufte Investitionsvorhaben nur mehr schwer umsetzbar wären.

Die gute Nachricht: Ganze 96 % der österreichischen Tourismusbetriebe setzen bereits eine Reihe an Maßnahmen im Bereich Nachhaltigkeit. Doch auch bei den Themen soziales Engagement und Unternehmensführung braucht es gezielte Initiativen – und vor allem eine detaillierte Aufzeichnung ebendieser. Die Unternehmerinnen und Unternehmer sind gut beraten, bereits jetzt mit strukturierten Maßnahmen und einer entsprechenden Dokumentation zu starten. Die Thematik darf nicht auf die leichte Schulter genommen werden. Denn von der EU-Richtlinie wird früher oder später auch die kleinste Frühstückspension betroffen sein.

Weitere Entlastung gefordert

Eines ist klar: Dem österreichischen Tourismus werden auch in den nächsten Jahren die Herausforderungen nicht ausgehen. Als Teil einer krisenerprobten Branche haben die Beherbergungsbetriebe auf eigene Faust wirksame Strategien entwickelt, um diesen vielfältigen Herausforderungen resilient und pragmatisch entgegenzutreten. Doch die Politik darf sich ihrerseits nicht zurücklehnen. Vielmehr braucht es weitere Entlastungen und mutige Schritte – nur so kann die positive Entwicklung des für Österreich so wichtigen Wirtschaftszweiges langfristig gesichert werden.

War der Artikel hilfreich?