Article

NPL: Einführung von Risikovorsorge-Backstops

EU kurz vor dem Ziel?

Im Frühjahr 2018 hat die EU-Kommission im Rahmen des NPL-Aktionsplans ein Maßnahmenpaket zum Umgang mit notleidenden Krediten (Non-Performing Loans, NPL) veröffentlicht, das u.a. die Einführung eines Risikovorsorge-Backstops für neu vergebene Kredite, die später als notleidend eingestuft werden, vorsieht. Im Zuge der laufenden Trilog-Verhandlungen, also den Verhandlungen zwischen Kommission, Rat und Parlament der EU, wurde am 29. Oktober 2018 vom EU-Rat ein Kompromissvorschlag für eine Verordnung zur Änderung der CRR veröffentlicht (2018/60(COD)). Am 8. November 2018 folgte der Berichtsentwurf des EU-Parlaments. Beide Entwürfe enthalten einige Abweichungen zur vorgeschlagenen Änderungsverordnung der EU-Kommission im Hinblick auf die Definition der Risikoposition und den Abzugsregelungen für notleidende Risikopositionen (Non-Performing Exposure, NPE, synonym für NPL zu verwenden).

Bei der Risikovorsorge zu berücksichtigende Risikoposition

Zum Zwecke der Ermittlung der Abzugspositionen des harten Kernkapitals (nach Art. 36 Abs. 1 Buchstabe m) sind alle Schuldtitel wie Schuldverschreibungen, Darlehen, Kredite und Sichteinlagen sowie alle erteilte Kreditzusagen und erteilte Finanzgarantien zu berücksichtigen. Im Vergleich zum Entwurf der EU-Kommission wird von EU-Rat und -Parlament vorgeschlagen, Einlagen bei Zentralbanken und jederzeit widerrufliche Kreditzusagen aus der Definition der zu berücksichtigen Risikopositionen zu streichen und somit aus den Abzugspositionen des harten Kernkapitals auszunehmen.
 

Abzugsregelung

Der bereits im März 2018 von der EU-Kommission vorgeschlagene neu in die CRR einzuführende Artikel 47c zur Konkretisierung der Berechnung des Abzugsbetrags vom harten Kernkapital durch Gegenüberstellung der Mindestdeckungsanforderungen (unter Auflistung der für unbesicherte und besicherte NPE jeweils anzuwendenden Multiplikationsfaktoren) und der für die Erfüllung der Risikovorsorge zur Verfügung stehenden Komponenten, wurde grundsätzlich in beiden Änderungsvorschlägen beibehalten. Wesentliche Unterschiede liegen in der zeitlichen Erfüllung der Mindestdeckung sowie in der Höhe der Multiplikationsfaktoren.

Nach den von EU-Rat und EU-Parlament vorgeschlagenen Backstops wird Banken etwas mehr Zeit zur Bildung der aufsichtlichen Risikovorsorge eingeräumt im Vergleich zu den Vorschlägen der EU-Kommission. Konkret sieht der EU-Rat vor, dass unbesicherte NPE zwei und besicherte NPE drei Jahre nach Einstufung als NPE erstmalig in die Berechnung der Risikovorsorge-Backstops einzubeziehen sind, während die EU-Kommission, unabhängig von der Besicherung, bereits nach dem ersten Jahr Mindestdeckungsanforderungen vorsieht. Das EU-Parlament schlägt eine Umsetzung der Mindestdeckung, unabhängig von der Besicherung, sogar erst nach drei Jahren vor.

Dieses spätere Einsetzen zur Bildung der aufsichtlichen Mindestdeckung wird jedoch nach den Vorschlägen des EU-Rats und –Parlaments durch höhere Multiplikationsfaktoren kompensiert. Demnach wäre die komplette Zeitspanne bis zur vollständigen Deckung, trotz verzögerter Anwendung, 3 Jahre (unbesicherte NPE) bzw. 7 Jahre (besicherte NPE) und somit weitgehend kongruent mit den von der Kommission vorgeschlagenen Zeitspannen von 2 (unbesicherte NPE) bzw. 8 Jahren (besicherte NPE).

Bei der Bestimmung der Multiplikationsfaktoren differenziert die EU-Kommission zudem in Bezug auf die Dauer der Überfälligkeit des NPE, denn unabhängig vom Zeitraum der Einstufung als notleidend sollen für NPE, die mindestens 90 Tage überfällig sind, höhere Abzugsfaktoren angesetzt werden. Auf diese Unterscheidung verzichten EU-Rat und -Parlament.

Neu ist auch der Vorschlag zur Einführung spezieller Faktoren die nach der Art der Sicherheiten unterscheiden. Während der oben beschriebene Abzugsansatz für bewegliche Sicherheiten anzuwenden ist, profitieren durch Immobilien oder durch garantierte Wohnkredite abgesicherte Risikopositionen von einer auf neun Jahre erweiterten Zeitspanne. Für durch Exportversicherungen besicherte NPE ist die Pflicht zur Bildung von Risikovorsorge-Backstops erstmalig nach sieben Jahren nach der NPE-Einstufung einschlägig, dann jedoch direkt mit einem Multiplikationsfaktoren von 100%. Darüber hinaus wird seitens des EU-Rates bzw. Parlaments vorgeschlagen, dass sich Forbearance-Maßnahmen mildernd auf den Risikovorsorge-Backstop auswirken können, so dass man in dem Jahr, in welchem die Forbearance-Maßnahme durchgeführt wurde, den geltenden Multiplikationsfaktor ein weiteres Jahr anwenden könnte.

Da die Änderungsvorschläge der EU-Kommission für alle nach dem 14. März 2018 neu begebene oder nachträglich risikopositionserhöhend geänderte Kredite gelten sollte, wird nunmehr vorgeschlagen auf das Inkrafttreten der Änderungsverordnung abzustellen. Für die avisierte Aufnahme der Änderungen in die CRR II, ist eine Einigung in Q1/2019 erforderlich. Mit Blick auf eine mögliche kurzfristige Umsetzung in Europäisches Recht sollten Anwender sich frühzeitig mit diesen Entwicklungen auseinandersetzen. Darüber hinaus sind die im März 2018 finalisierten leicht abweichenden Risikovorsorgebackstops der EZB – zumindest für die im Rahmen des SSM beaufsichtigten Institute - in Umsetzungsüberlegungen einzubeziehen.

Ihre Ansprechpartner

Andrea Flunker
aflunker@deloitte.de
Tel: +49 211 8772 3823

Linda Weißbach
lweissbach@deloitte.de
+49 211 8772 3808