IFRS 3 bezieht sich nach Überarbeitung nun explizit auf das überarbeitete IFRS Rahmenkonzept aus dem Jahr 2018. Allerdings wurde eine Ausnahme von der Anwendung des IFRS Rahmenkonzepts 2018 in die Ansatzvorschriften des IFRS 3 eingefügt. Demnach hat ein Erwerber im Rahmen eines Unternehmenszusammenschlusses bei der Beurteilung des Ansatzes von Rückstellungen und Eventualverbindlichkeiten IAS 37 oder IFRIC 21 anzuwenden - und nicht das IFRS Rahmenkonzept 2018 -, sofern diese auch bei einem separaten Erwerb anzuwenden wären. Darüber hinaus wird der Standardtext von IFRS 3 um ein Ansatzverbot für im Rahmen eines Unternehmenszusammenschlusses erworbene Eventualforderungen ergänzt. Dieses gab es bisher nur in den Basis for Conclusions zu IFRS 3.
Durch den aktualisierten Verweis von IFRS 3 auf das überarbeitete Rahmenwerk aus dem Jahr 2018 ergeben sich für Unternehmen keine materiellen Bilanzierungskonsequenzen. Zudem führt das nun explizit enthaltene Ansatzverbot zu keinen wesentlichen Auswirkungen für Unternehmen, da lediglich eine schon bisher nach herrschender Meinung geltende Rechtslage explizit klargestellt wurde.
Die Änderung betrifft die Erfassung von Erträgen aus der Veräußerung sowie der Herstellungskosten von Gütern, die produziert werden, während eine Sachanlage an den vom Management beabsichtigten Standort bzw. in den beabsichtigten betriebsbereiten Zustand gebracht wird. Bisher war in IAS 16 nicht eindeutig geregelt, ob diese direkt erfolgswirksam zu erfassen oder mit den Anschaffungs- oder Herstellungskosten der entsprechenden Sachanlage zu verrechnen sind. Als Folge der Änderung wird die Verrechnung mit den Anschaffungs- oder Herstellungskosten nun explizit verboten. Stattdessen erfasst ein Unternehmen die Erträge aus derartigen Veräußerungen von Gütern und die Herstellungskosten dieser Güter direkt im Betriebsergebnis. Kosten für Testläufe, mit denen überprüft wird, ob die Sachanlage ordnungsgemäß funktioniert, stellen weiterhin ein Beispiel für direkt zurechenbare Kosten dar.
Bei Unternehmen, die bisher eine Verrechnung mit den Anschaffungs- oder Herstellungskosten der entsprechenden Sachanlage vorgenommen haben, können die Änderungen an IAS 16 unter Umständen zu nicht unerheblichen Auswirkungen führen. Dies gilt insbesondere vor dem Hintergrund, dass die Änderungen auch rückwirkend für solche Sachanlagen anzuwenden sind, die am 01.01.2022 bereits ihren endgültigen Nutzungszustand erreicht haben, sofern dies innerhalb der Vergleichsperioden erfolgt ist. Die fortgeführten Anschaffungs- oder Herstellungskosten der entsprechenden Sachanlagen können sich als Folge der Änderungen an IAS 16 um die Nettoerträge erhöhen.
Durch die Änderungen an IAS 37 wird die Definition jener Kosten, die zur Erfüllung eines Vertrages erforderlich sind, konkretisiert. Die Definition der Kosten der Vertragserfüllung ist bedeutsam für die Identifikation eines belastenden Vertrages. Mit der Änderung an IAS 37 wird klargestellt, dass sich die Kosten der Vertragserfüllung aus den Kosten zusammensetzen, die sich direkt auf den Vertrag beziehen: inkrementelle Kosten der Vertragserfüllung (z.B. Lohneinzelkosten, Materialeinzelkosten) sowie eine Verrechnung anderer, der Erfüllung des Vertrags direkt zurechenbaren Kosten (z.B. die Zuweisung der anteiligen Abschreibungen für einen Posten des Sachanlagevermögens, der bei der Erfüllung mehrerer Verträge verwendet wird). Dagegen sind Kosten, die nicht direkt mit der Vertragserfüllung zusammenhängen, nicht bei der Identifikation eines belastenden Vertrages zu berücksichtigen.
Es werden sich überwiegend bei Unternehmen, die bisher die Grenzkostenmethode angewendet haben, Auswirkungen aus den Änderungen in IAS 37 ergeben. Dies liegt daran, da diese Unternehmen einen hohen Umfang an direkt zurechenbaren Kosten aufweisen, die bislang nicht in die Kosten der Vertragserfüllung einbezogen wurden.
Neben diesen Änderungen wurden im Rahmen der Annual Improvements 2018-2020 noch Verbesserungen an IFRS 1, IFRS 9, IFRS 16 und IAS 41 vorgenommen, die ebenfalls ab dem 1.1.2022 anwendbar sind.
Nach IFRS 1.D16(a) wird es einem Tochterunternehmen zum Zeitpunkt seiner IFRS-Erstanwendung gestattet, im Rahmen der Bewertung der Vermögenswerte und Schulden jeweils die vom Mutterunternehmen verwendeten Beträge unverändert zu übernehmen. Diese Erleichterung galt bisher ausschließlich für Vermögenswerte und Schulden, nicht aber für das Eigenkapital und folglich auch nicht für kumulative Fremdwährungsumrechnungsdifferenzen, die eine Komponente des Eigenkapitals darstellen. Durch die Änderungen an IFRS 1 wird für das Tochterunternehmen die Möglichkeit geschaffen, die kumulativen Fremdwährungsumrechnungsdifferenzen so zu bewerten, wie sie im Konzernabschluss des Mutterunternehmens auf Grundlage von dessen Erstanwendungsdatum und dessen Fortschreibungen bis zur IFRS-Erstanwendung des Tochterunternehmens bewertet werden.
Für Unternehmen, die bereits nach IFRS bilanzieren, ergeben sich durch die Änderungen an IFRS 1 keine Auswirkungen. Allerdings können die Änderungen für Tochterunternehmen (bzw. assoziierte Unternehmen oder Gemeinschaftsunternehmen), die zu einem späteren Zeitpunkt als ihr Mutterunternehmen erstmalig einen (Teil-)Konzernabschluss nach IFRS aufstellen, zu deutlichen Erleichterungen führen.
Eine Umschuldung oder eine Modifizierung der Vertragskonditionen eines Schuldinstruments (z.B. eines Kredits) kann gem. IFRS 9.3.3.2 zur Ausbuchung der bilanzierten finanziellen Verbindlichkeit und zum Erstansatz einer neuen finanziellen Verbindlichkeit führen. Dies ist zutreffend, wenn die neuen oder geänderten Vertragsbedingungen substanziell von den bisherigen Vertragsbedingungen abweichen. Eine solche substanzielle Abweichung wird angenommen, wenn der Barwert der Cashflows nach den neuen Vertragsbedingungen bei Anwendung des ursprünglichen Effektivzinssatzes um mindestens 10 % gegenüber dem Barwert der restlichen Cashflows der ursprünglichen finanziellen Verbindlichkeit abweicht. Die Anpassung des IFRS 9 stellt an dieser Stelle noch einmal klar, welche Gebühren in den 10%-Test einzubeziehen sind. Demnach sind nur solche Gebühren zu berücksichtigen, die direkt zwischen den beiden Vertragsparteien (z.B. Kreditnehmer und Kreditgeber) gezahlt bzw. vereinnahmt werden. Hingegen sind Gebühren dritter Parteien (z.B. Vermittlungsgebühren, die an einen Agenten gezahlt werden) nicht zu berücksichtigen.
Die Änderungen des IFRS 9 werden für die meisten Unternehmen vermutlich geringe Auswirkungen nach sich ziehen. Gebühren an dritte Parteien beeinflussen das Ergebnis des 10%-Tests i.d.R. kaum. Es ist jedoch ab sofort konsequent zu beachten, dass diese Gebühren nicht in den 10% Test einbezogen werden dürfen.
Aus dem erläuternden Beispiel Nummer 13 zu IFRS 16 wurden Zahlungen des Leasinggebers an den Leasingnehmer i.Z.m. Mietereinbauten entfernt, um mögliche Irritationen zu verhindern, da diese Zahlungen nicht die Definition von Leasinganreizen erfüllen. Erläuternde Beispiele sind indes kein integraler Standardbestandteil, wodurch die Kürzung des Beispiels streng genommen keine Änderung von IFRS 16 selbst darstellt.
Nach IAS 41.12 sind biologische Vermögenswerte grundsätzlich mit ihrem Fair Value abzüglich der Veräußerungskosten zu bewerten. Bisher bestand eine Diskrepanz, da steuerliche Zahlungsströme bei der Ermittlung des Fair Value eines biologischen Vermögenswertes bei Verwendung der Barwertmethode nicht berücksichtigt werden durften, aber bei der Diskontierung wahlweise ein Vor- oder Nachsteuerzinssatz verwendet werden konnte. Durch die Änderungen an IAS 41 sind Steuereffekte künftig im Rahmen der Fair Value Ermittlung wahlweise sowohl im Diskontierungssatz als auch in den Zahlungsströmen zu berücksichtigen oder nicht zu berücksichtigen.
Die Änderungen an IAS 41 können bei Unternehmen, die Nachsteuerzinssätze im Rahmen der Fair Value Bewertung von biologischen Vermögenswerten verwenden, aufgrund der niedrigeren Nachsteuerzahlungsströme zu einer niedrigeren Bewertung der biologischen Vermögenswerte führen.
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