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Internes Kontrollsystem: Vom Fluch zum Segen für die Lohnsteuer

Fachinterview mit zwei Deloitte-Experten

Zwei Deloitte-Partner, Marcus Krohn und Andreas Kowallik, die sich seit Jahren mit der Einführung von Internen Kontrollsystemen (IKS) für Steuern und Tax Compliance Management Systemen befassen, beantworten interessante Fragen aus der Praxis.

Wie fängt man ein IKS-Projekt richtig an?

Kowallik: Beim Start des Projektes steht im Vordergrund, die vorhandenen Informationen, Unterlagen sowie Dokumentationen zu Prozessen und IT-Systemen zu sichten und zu katalogisieren. Dabei fällt immer wieder auf, dass Unternehmen bereits umfangreiche Dokumentationen haben, auf die sich aufbauen lässt, jedoch liegen die sehr verstreut vor und sind meist fragmentiert.

Krohn: Gerade im Bereich der Lohnsteuerprozesse wurden schon gute Hausaufgaben gemacht. Zwar noch isoliert, aber doch in einer guten Detailtiefe, werden Prozesse beschrieben und Verantwortlichkeiten vergeben. Hier fehlt es häufig an der Dokumentation. Hierauf lässt sich dann aufbauen, um die wichtigsten Risiken zu identifizieren und für die weiteren Arbeiten zur priorisieren.


Was sind die Fallstricke bei der Implementierung eines Internen Kontrollsystems für Steuern?

Kowallik: Das A und O ist eine klare Festlegung von Rollen und Verantwortlichkeiten sowie die saubere Darstellung der Prozesse, Risiken und Kontrollen. Wird hier nicht sauber gearbeitet, ist der Projekterfolg gefährdet, da die Projektergebnisse nicht dafür geeignet sind, in ein IT-unterstütztes angemessenes und wirksames innerbetriebliches Kontrollumfeld für Steuern umgesetzt zu werden.

Krohn: Aus meiner Erfahrung bei der Umsetzung von Kontrollsystemen im Bereich Lohnsteuer/HR kann ich das nur bestätigen. In diesem Bereich ist es besonders wichtig, alle Prozesse mit einzubeziehen. Da hier viele Informationen auch aus dem ganzen Unternehmen geliefert werden, ist es wichtig, auch die relevanten Vorprozesse und –systeme mit einzubeziehen.


Wer sollte ein solches Projekt leiten und wo liegen die Verantwortlichkeiten?

Kowallik: In der Regel leitet vielfach die Steuerabteilung ein solches Steuer-IKS-Projekt, da sie auch für die Steuern in einem Unternehmen verantwortlich ist. Besonderheiten ergeben sich hier aber oft bei Lohnsteuer und Zöllen.

Krohn: Aufgrund der Verantwortung für die Entgeltabrechnung in den HR-Abteilungen stellt sich das Bild für im Bereich Lohnsteuer anders dar, hier sollte die Leitung zumindest aufgeteilt werden, denn die Analysen und weiteren Umsetzungen haben Einfluss auf die HR- und Steuerabteilungen.


Die Einführung eines Internen Kontrollsystems für Steuern ist ja vielfach recht aufwändig, warum lohnt sich das?

Krohn: Auch wenn es nicht direkt greifbar ist, mit einem gepflegten Internen Kontrollsystem für Steuern lassen sich strafrechtliche Konsequenzen bei Fehlern im Bereich der Lohnsteuer idealerweise verhindern. Eine Aufnahme und Gestaltung der relevanten Prozesse im Unternehmen bietet immer die Möglichkeit, die Prozesse zu überarbeiten und effizienter zu gestalten.

Kowallik: Gute Prozesse, klare Verantwortlichkeiten und die Sicherstellung der Einhaltung der Prozesse sollte die Fehler in den steuerrelevanten Prozessen verringern und damit auch in der Betriebsprüfung zu geringeren Nachforderungen führen. Wenn das Unternehmen das innerbetriebliche Kontrollumfeld noch durch geeignete IT-Lösungen verstärkt, macht das Unternehmen auch hier einen wichtigen Schritt in Richtung Digitalisierung und stellt sich zukunftsorientiert auf.


Wenn ein Internes Kontrollsystem Steuern eingeführt ist, hat man es dann geschafft?

Kowallik: Das ist ein wichtiger Meilenstein. Die Wirksamkeit eines Internen Kontrollsystems Steuern hängt neben dem guten und richtigen Aufsetzen des Systems auch von der kontinuierlichen Verbesserung sowie der Kontrolle der Umsetzung ab. Wenn Fehler in der Betriebsprüfung zum Beispiel erkannt werden, müssen diese umgehend behoben werden. Dieser Schritt muss dann auch wieder dokumentiert werden. Es hört sich alles sehr kompliziert an, in der Praxis wird sich dies aber einspielen und zu einem permanenten Prozess werden.

Krohn: Worauf auch geachtet werden muss, ist dass die Mitarbeiter regelmäßig geschult werden. Neue Mitarbeiter müssen in die Prozesse eingewiesen werden. Dies ist in der Regel auch vor der Einführung eines IKS der Fall. Die Schulungen werden jedoch im Rahmen eines IKS aufgrund der Standardisierung viel leichter.

Zu den Interviewpartnern

Marcus Krohn leitet bei Deloitte den Bereich Global Employer Services. Dieser Bereich bietet Dienstleistungen rund um die Entsendung von Mitarbeitern an. Dabei reichen die Services von der Steuerdeklaration über die Erstellung von Entsenderichtlinien bis hin zu arbeitsrechtlicher Beratung und Immigration-Services.

Andreas Kowallik leitet den Bereich Tax Technology bei Deloitte. In dieser Rolle befasst er sich mit Organisation, Daten sowie Prozessen und eingesetzter Technologie rund um das Thema Steuern in Unternehmen. Hierzu zählt auch die Einführung von Tax Compliance Management Systemen.