Das BFG hat sich in seiner Entscheidung vom 1.2.2023, RV/6100061/2022 mit der Frage beschäftigt, ob für die Bemessung der Stabilitätsabgabe im Falle einer Umgründung eine Rückwirkungsfiktion gilt oder ob der Zeitpunkt der Eintragung der Umgründung für die Zurechnung des verschmelzungsbedingt übertragenen Bankbetriebes maßgeblich ist.
In its decision of 1 February 2023, RV/6100061/2022, the BFG (Austrian Federal Fiscal Court) dealt with the question of whether, in the event of a reorganization, a retroactive effect applies to the assessment of the bank levy or whether the date of registration of the reorganization is decisive for the attribution of the transferred banking operations as a result of the merger.
Die Beschwerdeführerin ist ein österreichisches Kreditinstitut, auf welches rückwirkend zum 31.12. mehrere Bankbetriebe mit Bilanzstichtag 31.12. unter Anwendung des Art I UmgrStG übertragen wurden. Bei der Berechnung der Stabilitätsabgabe berücksichtigte die Beschwerdeführerin (Bf) die Verschmelzungen erst ab dem Tag der Eintragung im Firmenbuch und rechnete ab diesem Zeitpunkt die entsprechenden Bilanzsummen aus den auf sie verschmolzenen Bankbetrieben zur eigenen Bilanzsumme iZd Quartalsbemessungsgrundlagen hinzu. Das Finanzamt für Großbetriebe (FAG) stützte sich hingegen auf § 2 (5) StabAbgG, wonach übertragene Vermögenswerte beim Rechtsnachfolger zu erfassen wären, wenn diese „im Zeitraum zwischen dem […] maßgeblichen Bilanzstichtag und dem Jahr, für das die Stabilitätsabgabe zu entrichten ist“, umgründungsbedingt übergehen. Der Wortlaut der Bestimmung würde unmissverständlich zum Ausdruck bringen, dass bei Umgründungen iSd UmgrStG das übergegangene Vermögen unter Beachtung der umgründungssteuerrechtlichen Rückwirkungsfiktion dem Rechtsnachfolger zuzurechnen und beim Rechtsvorgänger in Abzug zu bringen sei.
Das BFG hatte zu entscheiden, ob die Regelung des § 2 (5) StabAbgG für die Stabilitätsabgabe der im vorliegenden Sachverhalt relevanten Jahre 2016 (inkl Sonderzahlung) und 2017 anwendbar ist (so das FAG) oder aber der Wortlaut der Bestimmung letztlich eine Anwendung generell nur für ausgewählte Stichtage zulässt, nämlich eingeschränkt auf die Jahre 2011 bis 2013 bzw vom Kalenderjahr abweichende Geschäftsjahre (so die Bf).
Dazu ist anzumerken, dass mit Einführung der Stabilitätsabgabe in 2011 für die Bemessung der Abgabe in den Jahren 2011 bis 2013 die durchschnittliche unkonsolidierte Bilanzsumme des im Kalenderjahres 2010 endenden Geschäftsjahres zu Grunde zu legen war („Versteinerung“). Für alle Folgejahre - und sohin auch für die streitgegenständlichen Jahre 2016 und 2017 - ist die Stabilitätsabgabe jeweils von der durchschnittlichen unkonsolidierten Bilanzsumme des Vorjahres zu berechnen. Der Gesetzgeber hat mit § 2 (5) StabAbG eine Bestimmung eingeführt, die dem Umstand Rechnung trägt, dass für die Bemessungsgrundlage auf Werte der Vergangenheit abgestellt wird. Nicht zuletzt vor dem Hintergrund der intendierten Unterbindung von Gestaltungsmöglichkeiten soll die Regelung insoweit für umgründungsbedingte Vermögenstransfers klären, welche Bemessungsgrundlage bei welchem Steuerpflichtigen zu erfassen ist. Dies ist insbesondere im Hinblick auf die Anwendbarkeit von Freibeträgen bzw dem anzuwendenden Steuersatz bei Überschreiten von gesetzlichen Schwellenwerten maßgeblich. Der Wortlaut der Bestimmung stellt jedoch nicht auf Umgründungen generell ab, sondern reflektiert explizit nur auf jene umgründungsbedingten Vermögensübetragungen, die „im Zeitraum zwischen“ dem maßgeblichem Bilanzstichtag und dem Jahr, für das die Abgabe zu entrichten ist, erfolgten.
Das BFG fokussiert in seiner Entscheidung zur Frage der Vermögenszurechnung zunächst auf die zivilrechtliche Übertragung des Vermögens und sohin auf die Eintragung im Firmenbuch. (Erst) ab diesem Zeitpunkt kann das Vermögen in einer maßgeblichen Bilanzsumme des übernehmenden KIs Berücksichtigung finden. Liegt dieser Zeitpunkt vor dem Zeitpunkt der Entstehung des Abgabenanspruchs gem den Regelungen des StabAbgG (also grundsätzlich dem 1.1. des betreffenden Kalenderjahres bzw für Zwecke der Sonderzahlung 2016 bei Einmalzahlung dem 1.10.2016), so – und nur dann – soll nach Ansicht des BFG der Vermögenszugang bereits in der für die Ermittlung der Abgabe des betreffenden Jahres maßgeblichen Bilanz (des vorangehenden Stichtags) Berücksichtigung finden; andernfalls erfolgt die Berücksichtigung erst bei Ermittlung jener Stichtagsbilanz, in der der umgründungsbedingte Vermögenszugang (die Eintragung im Firmenbuch) erfolgte. In jedem Fall wären die Vermögenswerte bei Berechnung einer maßgeblichen Bilanzsumme vom Rechtsvorgänger bzw vom Rechtsnachfolger insgesamt, dh für alle vier Vierteljahre, zu berücksichtigen, womit eine Aliquotierung zu unterbleiben hätte.
Das BFG entschied hinsichtlich der Stabilitätsabgaben für 2016 und 2017, dass eine Erfassung der Bilanzsummen einer übertragenden Gesellschaft bei der übernehmenden Gesellschaft nur dann zu erfolgen hat, wenn die Eintragung im Firmenbuch zwischen Bilanzstichtag und Entstehung des Abgabenspruchs erfolgt. Anders ausgedrückt: Das BFG verneint im Ergebnis für die Bemessung der Stabilitätsabgabe für die gegenständlichen Kalenderjahre 2016 und 2017 ein (rückwirkendes) Abstellen auf den Umgründungsstichtag, wie seitens der Finanzverwaltung vertreten. Das BFG begründet dies im Wesentlichen damit, dass die Abgabenschuld für die Stabilitätsabgabe bei der Gesellschaft anfällt, bei der sich der Betrieb zivil- bzw unternehmensrechtlich am 1.1. befindet. Zudem hielt das BFG auch fest, dass für Zwecke der Durchschnittsberechnung die gesamten Vorjahreswerte der übertragenden Gesellschaft für die Bemessungsgrundlage der Stabilitätsabgabe eines Kalenderjahres heranzuziehen waren und nicht bloß einzelne Quartale. Eine Aliquotierung ist nur bei unterjährigen Neugründungen bzw Begründung oder Beendigung der Abgabepflicht vorgesehen - für den Fall einer Umgründung allerdings nicht. Das BFG begründet dies im konkreten Fall weiters damit, dass der Gesetzgeber die Bemessungsgrundlagen einer lückenlosen Besteuerung unterziehen wollte. Dies bedeute aber nicht, dass er dabei die Rückwirkungsfiktion auf den Umgründungsstichtag übernehmen wollte.
Die einmalige Sonderzahlung 2016 war gem § 5 StabAbgG auf Basis der Bilanzsumme für das im Jahr 2015 endende Geschäftsjahr zu bemessen, wobei die Steuerschuld wahlweise mit 1.10.2016 oder jeweils zu einem Viertel am 1.1. der Jahre 2017 bis 2020 entstand. Der Verweis auf § 2 (5) StabAbgG soll nach Ansicht des BFG wiederum dem Umstand Rechnung tragen, dass auch die Bemessungsgrundlagen der übertragenden Gesellschaften immer (nur) dann beim übernehmenden Kreditinstitut zugerechnet werden sollen, wenn der Abgabenanspruch bei der übertragenden Gesellschaft erst nach dem Zeitpunkt ihres Untergangs entstehen würde. Solange der Abgabenanspruch vor Eintragung im Firmenbuch entstand, ist es iSe verfassungskonformen Auslegung geboten, die Stabilitätsabgabe unter Berücksichtigung der Freibeträge, die für die untergehende Gesellschaft anwendbar ist, zu bemessen. Anzumerken ist, dass eine Zurechnung der Bemessungsgrundlage zur aufnehmenden Gesellschaft in dem entscheidungsgegenständlichen Fall zu einer Vorschreibung geführt hätte, da das aufnehmende Kreditinstitut bereits die entsprechenden Freibetragsgrenzen überschritten hatte, was bei den untergehenden Einheiten offenbar nicht der Fall war.
Das BFG ist in seiner Entscheidung der in der Literatur vertretenen Rechtsansicht gefolgt. Die Sonderregelung für Umgründungen nach § 2 (5) StabAbgG komme dieser Rechtsansicht folgend im Regelfall für den umgründungsbedingten Vermögensübergang durch ein Kreditinstitut im Zeitraum zwischen 1.1.2011 und 31.12.2012 zur Anwendung. Für diese Jahre war die Stabilitätsabgabe von der Bilanzsumme des im Jahr 2010 endenden Geschäftsjahres zu berechnen. Für Kalenderjahre ab 2014, für die die jeweiligen Verhältnisse des Vorjahres für die Berechnung der Stabilitätsabgabe maßgeblich sind, wirken sich Umgründungen bei einem Bilanzstichtag 31.12. entsprechend den unternehmensbilanziellen Auswirkungen frühestens bei Ermittlung der durchschnittlichen Bilanz jenes Jahres aus, in dem die Eintragung des Vermögensüberganges im Firmenbuch erfolgt. Die Abgabenschuld entsteht grundsätzlich am Jahresersten für das gesamte Kalenderjahr in voller Höhe und ist dann in vier Teilbeträgen zu entrichten; eine quartalsweise Berücksichtigung des Vermögenszu- bzw -abgangs wäre im Bereich von Umgründungen ebenso wenig geboten, wie ein Abstellen auf den Umgründungsstichtag. Diese Rechtsauffassung – dh das Abstellen auf den Zeitpunkt der Eintragung des Vermögensübergangs im Firmenbuch – war nach Ansicht des BFG auch für die Sonderzahlung 2016 maßgeblich. Da eine Amtsrevision zulässig ist, bleibt abzuwarten, ob der VwGH dieser Rechtsansicht folgen wird.