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Entwurf einer neuen Verbraucher­kredit­richtlinie

Ausweitung der Regulierung mit erheblichem Anpassungs­bedarf für die Anbieter von Konsumenten­finanzierungen

Am 30.6.2021 hat die EU Kommission eine neue Verbraucherkreditrichtlinie vorgeschlagen (COM(2021) 347 final). Danach sollen die Vorgaben für Verbraucherdarlehen noch umfangreicher werden und auch für bisher ausgenommene Formen des Konsumentenkredits gelten. Für die Anbieter ergibt sich daraus hoher Handlungsbedarf; die EU-Kommission schätzt die Anpassungskosten der Kreditwirtschaft auf 1,5 Mrd. Euro!

Detaillierte Erläuterungen zum Entwurf der neuen Verbraucherkreditrichtlinie finden Sie unter nebenstehenderm Link in diesem Zeitschriftenaufsatz: Wittig/Wittig, Weitere Regulierung des Konsumentenkredits, WM 2021, Heft 49

WM 2021

Wittig/Wittig, Weitere Regulierung des Konsumentenkredits, WM 2021, Heft 49 (kostenpflichtig)

Link

1. Regulierung von Kleinkrediten, Leasing und Crowdfunding-Plattformen

Nach dem Richtlinienentwurf müssen verschiedene Formen der Konsumentenfinanzierung, die bisher von der Regulierung ausgenommen waren, künftig die strengen Anforderungen der Verbraucherkreditrichtlinie (in der Fassung der nationalen Umsetzungsgesetze) erfüllen.

Dies trifft zum einen Kredite, die bisher wegen ihres geringen Betrages, ihrer geringen Kosten oder der kurzen Laufzeit ausgenommen waren, einschließlich der auf Internetplattformen angebotenen Kaufpreisfinanzierungen („Bye Now Pay Later“). Nach dem Richtlinienentwurf gelten die Regeln für Verbraucherdarlehen für die bisher ausgenommenen Kredite von weniger als 200 € wie auch für zins- und gebührenfreie Kredite einschließlich der kurzfristigen Finanzierung über Kreditkarten (Charge Cards/Delayed Debit Cards). Als Verbraucherdarlehen werden zum anderen auch alle Formen des Leasing reguliert, auch wenn es mietähnlich ausgestaltet ist (Operating Leasing) und deshalb bisher ausgenommen war.

Die Anbieter müssen ihre Vertragsinhalte und die Prozessabläufe, von den vorvertraglichen Informationspflichten über die Kreditentscheidungsprozesse bis zur Reaktion auf Widerrufe, die für die neu einbezogenen Kreditformen möglich werden, anpassen.

Außerdem werden die Betreiber von Crowdfunding-Plattformen die Pflichten der Kreditvermittler und in Teilaspekten (Kreditwürdigkeitsprüfung) sogar wie ein Kreditgeber zu erfüllen haben, selbst wenn die Plattformen Kredite von Privat an Privat anbieten.

 

2. Vertiefung der bisherigen Regulierung

Zusätzliche Vorgaben sind auch für Konsumentenkredite vorgesehen, die schon jetzt als Allgemein-Verbraucherdarlehen reguliert sind. So werden die vorvertraglichen Informationspflichten ausgeweitet; zukünftig muss der Kreditgeber allgemeine Informationen über Verbraucherkredite bereitstellen und dem Verbraucher vor Vertragsschluss zusätzlich eine einseitige Standardübersicht der wesentlichen Vertragsinhalte zur Verfügung stellen. Außerdem muss grundsätzlich eine eintägige Bedenkzeit zwischen der Information des Verbrauchers und dem Vertragsschluss liegen.

Die Regeln für die Kreditwürdigkeitsprüfung werden detailliert und verschärft, mit Vorgabe der bei der Entscheidung zu berücksichtigenden Informationen. Auch darf ein Verbraucherdarlehen nur gewährt werden, wenn positiv festgestellt ist, dass der Verbraucher wahrscheinlich seine Verpflichtungen erfüllen kann.

Den Kreditgebern werden Wohlverhaltenspflichten auferlegt. Sie müssen ehrlich, redlich, transparent und professionell handeln, und zwar unter Berücksichtigung der Rechte und Interessen der Verbraucher. Dies kann eine Anpassung der Vergütungsstrukturen erfordern, damit diese dem Wohlverhalten nicht entgegenstehen. Insbesondere darf die Vergütung der Kreditentscheider nicht vom zugesagten Kreditvolumen abhängen.

 

3. Obergrenze für die Kreditkosten

Der Richtlinienvorschlag sieht zum Schutz des Verbrauchers Obergrenzen für die Kreditkosten vor. Die Mitgliedsstaaten müssen verbindliche Obergrenzen für den Nominalzinssatz, den effektiven Jahreszins und/oder die Gesamtkosten von Verbraucherdarlehen festsetzen. Je nach Höhe der Caps werden Kreditgeber überlegen müssen, welche Kredite weiter angeboten werden können. Dass Finanzierungsangebote entfallen, nimmt die EU-Kommission im Interesse des Verbraucherschutzes in Kauf.

 

4. Inkrafttreten der neuen Regeln

Nach Inkrafttreten der neuen Verbraucherkreditrichtlinie hätten nach gegenwärtigem Stand die Mitgliedstaaten zwei Jahre Zeit für die Umsetzung in nationales Recht, das dann spätestens nach sechs weiteren Monaten Anwendung finden muss. Deshalb ist zu vermuten, dass die neuen Regelungen nicht vor Ende 2024 gelten werden. Angesichts des Anpassungsbedarfs sind aber Anbieter von Konsumentenfinanzierungen gut beraten, spätestens nach Verabschiedung der Richtlinie ihre Verfahren, Abläufe und Vertragsdokumentation auf die neue Rechtslage vorzubereiten. Dies gilt insbesondere für Finanzierungsformen, die erstmalig von der Regulierung erfasst werden, weil der Aufwand für die Anpassung der Vertragstexte und der Prozessabläufe (vortragliche Information, Widerrufsrecht, Kreditwürdigkeitsprüfung) erheblich und zeitaufwendig sein wird.

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