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Die Einführung einer Legal Front Door – und der Betriebsrat

Beteiligungsrechte des Betriebsrats im Rahmen der Einführung einer Legal Front Door mit und ohne KI?

Die zentralisierte Erfassung von Anfragen an die interne Rechtsabteilung mittels einer Portalseite als „Legal Front Door“ verspricht viele Vorteile sowohl für die Ratsuchenden als auch für die in der Rechtsabteilung beschäftigten Juristen/Juristinnen, wie in unserer Artikelreihe „Die Legal Front Door: Eine Einführung zum digitalen Legal Matter-Intake“ bereits ausgeführt. Aus arbeitsrechtlicher Sicht ist dabei zu beachten, dass die Einführung einer Legal Front Door fast immer mitbestimmungspflichtig ist. Darüber hinaus hat der Betriebsrat weitere Beteiligungsrechte.

Nutzung zur Leistungskontrolle

Von besonderer Bedeutung, insbesondere für die Rechtsabteilung, ist die Tatsache, dass die Legal Front Door die Erfassung und Auswertung detaillierter Informationen zu den Legal Service Requests im Unternehmen ermöglicht. Die mögliche Erfassung von Key Performance Indicators (KPIs), wie die Anzahl neuer Anfragen pro Berichtszeitraum, die Geschwindigkeit der Erstreaktion durch die Rechtsabteilung, aber auch die Zufriedenheit der (internen) Kunden ist zumindest geeignet, die Leistung der Mitarbeitenden in der Rechtsabteilung zu überwachen. Dies, aber auch die Kontrollmöglichkeiten im Hinblick auf die Auslastung oder den Bearbeitungsstand, sind nach § 87 Abs. 1 Nr. 6 Betriebsverfassungsgesetz (BetrVG) eindeutig mitbestimmungspflichtig und damit Gegenstand von Betriebsvereinbarungen. Dabei kommt es nicht darauf an, ob der Arbeitgeber die Legal Front Door tatsächlich zur Leistungskontrolle, insbesondere der Rechtsabteilung, einsetzen will.

Darüber hinaus führt die Einführung einer Legal Front Door vor allem für die Rechtsabteilung zwangsläufig zu einer Veränderung der Arbeitsabläufe und -prozesse. Daher bestehen bereits in der Planungsphase umfassende Informations- und Beratungsrechte des Betriebsrats nach § 90 BetrVG.

 

Einsatz von KI

Zunehmend kommt Legal Front Door-Plattformen auch unter Einsatz von KI die Funktion zu, Standardanfragen automatisiert zu beantworten. Auch dies wirft Fragen der Mitbestimmung auf, wenngleich die Rechtsabteilung durch den Einsatz von KI nicht zwingend betroffen sein muss.

Der Einsatz künstlicher Intelligenz als solcher ist nunmehr ausdrücklich in § 90 Abs. 1 Nr. 3 BetrVG genannt. Der Arbeitgeber hat den Betriebsrat bereits im Planungsstadium unter Vorlage der erforderlichen Unterlagen rechtzeitig zu unterrichten. Dabei hat der Arbeitgeber die geplanten Maßnahmen und ihre Auswirkungen auf die Mitarbeitenden, insbesondere auf die Art ihrer Arbeit und die sich daraus ergebenden Anforderungen an die Mitarbeitenden, mit dem Betriebsrat so rechtzeitig zu beraten, dass die Vorschläge und Bedenken des Betriebsrats bei der Planung berücksichtigt werden können. Diese Unterrichtungs- und Beratungspflichten des Arbeitgebers gewinnen an Bedeutung, wenn der Einsatz von KI keine Leistungskontrolle der Mitarbeitenden ermöglicht und daher die Mitbestimmung nach § 87 Abs. 1 Nr. 6 BetrVG keine Rolle spielt.

Bei der Einführung oder Anwendung von KI-Anwendungen kann der Betriebsrat dabei nach dem 2021 angepassten Gesetzestext gemäß § 80 Abs. 3 BetrVG unter erleichterten Voraussetzungen einen Sachverständigen hinzuziehen.

Werden bei der Nutzung einer KI-basierten Legal Front Door auch die Daten des Nutzers gespeichert und können diese theoretisch vom Arbeitgeber abgerufen werden, sind auch insoweit Rückschlüsse auf das Verhalten und die Leistung des Nutzers möglich, was für sich genommen den Mitbestimmungstatbestand nach § 87 Abs. 1 Nr. 6 BetrVG erfüllen würde.

 

Fazit

Die Einführung einer Legal Front Door sollte daher gemeinsam mit der Arbeitnehmervertretung angegangen werden. Die Folgen der Einführung können im Einzelfall auch ausschließlich positiv für die Belegschaft sein, insbesondere wenn die Legal Front Door zu einer Entlastung und Effizienzsteigerung führt, was die Akzeptanz in der Belegschaft sicherlich erhöhen wird. Wie intensiv die Legal Front Door zur Leistungskontrolle genutzt wird, hängt nicht zuletzt auch von den Verhandlungsergebnissen mit den zuständigen Betriebsräten ab.

 

Stand: Juli 2023

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